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Windkämpfer

Windkämpfer

Titel: Windkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Redick
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diese jungen Kerle. Hercól wollte einfach nicht töten. Wir Tholjassaner verehren das Leben, hatte er Ott vor Jahren erklärt, bei ihrem vielleicht letzten Gespräch. Das tun wir auch, hatte Ott erwidert. Aber manchmal lässt sich das nur mit einem Messerstich im Dunkeln beweisen.
    Nun schlenderte er Seite an Seite mit Zirfet nach achtern. Er war jetzt völlig ruhig; ein Unglück zu seinem Vorteil zu wenden war ihm so vertraut wie das Anziehen seiner Schuhe. »Sag mir, was du unternommen hast, Zirfet«, befahl er.
    »Ich habe Jasani an eine Sprechröhre gestellt. Diese in Leder gehüllten Rohrleitungen sind bemerkenswert, Meister: Man kann zum Beispiel fast alles hören, was der Botschafter sagt, wenn er in seinem Lesesessel sitzt. Vergangene Nacht hörte Jasani, wie Hercól sagte, ein Mann, der sein Schwert kaum jemals in die Scheide steckte, würde eines Tages stolpern und in die Klinge stürzen. Isiq erwiderte darauf nichts, aber ein anderer ergriff das Wort – ein älterer Mann, der Stimme nach ein Ausländer. ›Ganz recht, mein Freund‹, sagte er. ›Es gibt viele Reiche, die durch ihre eigenen Ängste und durch den Wahnsinn, den diese Ängste erzeugen, zu Staub zerfielen, obwohl sie keine Macht der Erde hätte zerbrechen können. Arqual möge sich vor Arqual hüten.‹«
    »Wer ist der Fremde, der so spricht?«, wollte Ott wissen.
    »Die anderen nannten ihn Ramachni. Wir ziehen noch Erkundigungen über ihn ein.«
    »Das ist auch nötig. In welcher Eigenschaft ist Hercól hier an Bord?«
    »Als Botschafter Isiqs persönlicher Diener, Meister. Sein Kammerdiener sozusagen. Und als … Tanzlehrer des Mädchens.«
    »Als Tascha Isiqs Tanzlehrer? Das Mädchen kann sich glücklich preisen: Er hat ihr sicherlich sehr viel mehr als nur das Tanzen beigebracht. Aber Hercól darf mich nicht zu Gesicht bekommen.«
    »Nein, Herr.«
    »Dennoch können wir ihn nicht töten – noch nicht. Sollte er sterben, während ich auf Wache bin, würde sich das ganze Schiff das Maul über meine angebliche Unfähigkeit zerreißen, Isiqs Gefolge zu schützen. Womöglich würde man mich sogar ersetzen wollen.«
    Er verstummte. In seinem Geist begannen sich die Räder zu drehen, die altbewährten Täuschungsmechanismen sprangen an.
    »Ein Fieber«, sagte er endlich. »Ich werde heute Abend ein leichtes Fieber bekommen und aus Rücksicht auf die anderen meine Kabine hüten, bis wir in Ulsprit anlegen. Dort werde ich aussteigen und allein nach Westen weiterreisen. In Tressek Tarn stoße ich wieder zu euch. Bis dahin musst du uns Hercól eigenhändig vom Hals geschafft haben. Das ist eine Aufgabe von größter Wichtigkeit. Kann ich sie dir anvertrauen?«
    »Natürlich«, beteuerte Zirfet.
    Das kam zu schnell, dachte Ott; der Bursche spielte den Draufgänger, um seine Angst zu bemänteln. Er hob warnend den Zeigefinger.
    »Keine Blutspuren. Gebrauche deinen Verstand, bevor du das Messer benützt, das ich dir gegeben habe. Bedenke: Hercól ist nicht als Diener verzeichnet. Isiq muss ihn erst ziemlich spät angeworben haben. Aber auf Befehl des Kaisers muss ich zu jedem Matrosen, jedem Diener und jedem Seesoldaten meine Zustimmung geben. Streng genommen hält er sich widerrechtlich auf diesem Schiff auf – als blinder Passagier.«
    »Gewiss doch, Sir«, flüsterte Zirfet. »Ich werde dafür sorgen, dass er an Land gesetzt wird.«
    »Dummkopf«, schalt Ott. »Du wirst dafür sorgen, dass er ertrinkt.«
     
    *     *     *
     
    Bei Einbruch der Dunkelheit ließ der Kapitän dem Segelmeister Elkstem den Befehl übermitteln, das Schiff nach Süden zu drehen, um auf die Nelu Peren hinauszufahren. Der Ostwind, der sie so rasch nach Etherhorde getragen hatte, zwang sie nun zu einer scharfen Wende weg von der großen Stadt, denn es bestand die Gefahr, dass sie seitwärts gegen die Küste getrieben wurden. Die Lichter eines Fischerdorfes verblassten und verschwanden schließlich vollends. Minuten später ging die Küste über in eine grauschwarze Linie, die anzeigte, wo Himmel und Wasser aufeinandertrafen.
    Das Abendessen war an diesem Tag ein besonders feierlicher Anlass. Der Kapitän und der Botschafter gesellten sich zu den reichen Passagieren im Speisesaal der Ersten Klasse, wo der größte Tisch an Bord stand. Es gab Lamm und gebratene Rebhühner, Pfefferwodka und Pfefferminzkonfekt. Lady Lapadolmas Nichte trank einiges mehr, als man es ihr zu Hause gestattet hätte, und stand schließlich auf, um eines der Gedichte ihrer Mutter in den

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