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Windkämpfer

Windkämpfer

Titel: Windkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Redick
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Flucht zweifellos bis hin zur letzten Lüge, zum letzten Messerstich oder zur letzten Erpressung genau geplant. Aber bei all den Seeleuten, Soldaten und Teerjungen konnte man unmöglich darauf vertrauen, dass sie das, was sie auf dieser Reise erfahren würden, für sich behielten.
    Achtzehn Millionen Goldmuscheln. Vier Schreine mit Blutsteinen! Wenn ihn seine eigenen Männer nicht verrieten, dann sicherlich ihre Partner im Westen. Sobald diese Beute greifbar wird, mehr als ein Gerücht, eine Hoffnung in ihren schwarzen Herzen, sind wir Freiwild. Sobald wir sie in ihre Hände geben, werden sie uns tot sehen wollen.
    Er stand vor einem hohen Spiegel und steckte sich die Orden an die Brust, die ihn zu Stel Nagan machten, den Hauptmann der Ehrengarde des Botschafters. Er nahm sich einen Augenblick Zeit, um seine Hände zu betrachten: übel zugerichtet, aber vollkommen ruhig. Dann verließ er die Kajüte und stieg hinauf zum Oberdeck.
    Ein schöner Sommerabend, die rote Sonne schwebte noch in voller Pracht über dem Berg des Kaisers. Auf dem Gipfel war undeutlich die Burg Maag zu erkennen. Sein eigener Turm winkte ihm zum Abschied spöttisch zu.
    Bei gutem Wetter konnten die Passagiere nach Belieben auf dem Oberdeck lustwandeln (nicht jedoch auf dem Achterdeck, das war den Offizieren vorbehalten), und etwa ein Dutzend nützten diese Gelegenheit auch jetzt. Die Raucherstunde war vorüber, also kauten sie Safranwurzel oder Pinienkerne. Kinder sprangen herum und spielten, sie seien Teerjungen. Männer tranken Whisky aus Reiseflaschen.
    Nur eine Dame war an Deck, allerdings war sie die einzige Frau, für die sich Sandor Ott interessierte. Seine Geliebte, seine Schülerin, sein Geschöpf: Syrarys. Die Schöne von den Ullupriden hatte den alten Narren Eberzam Isiq untergefasst. Sandor Ott trat näher, ging aber nicht zu dicht heran; er war nur der Leibwächter, gesellschaftlich nicht gleichgestellt. Doch als Syrarys über die Schulter schaute, war ein Funkeln in ihren Augen, das nur ihm gelten konnte.
    »Hauptmann Nagan?«, fragte eine Stimme hinter ihm.
    Ott fuhr herum. Es war Bolutu, Bruder Bolutu, der Tierheiler. Sie schüttelten sich die Hände, und Ott schenkte dem schwarzen Mann ein höfliches Lächeln.
    »Ihre Freundin ist wirklich hinreißend«, sagte Bolutu.
    Ott antwortete nicht, aber sein Herz schlug schneller.
    »Ich meine natürlich den Vogel. Ihren Mondfalken. Ein außergewöhnliches Tier.«
    In die Neun Höllen mit ihm! , dachte Ott, während er sich fasste. Laut sagte er: »Ach so, Niriviel! Sie ist wirklich eine treue Freundin. Wenn wir nahe genug an den Bergen von Tramland vorüberkommen, fängt sie uns vielleicht sogar ein Moorhuhn.«
    Der Kerl könnte lästig werden, dachte er. Aber keine Gefahr: so viel Macht besaß kein schwarzer Mann in einem Reich, das von den porzellanblassen Magads regiert wurde. Aber Bolutus Stern war im Aufgehen begriffen. Erst in diesem Frühjahr war er von der Königinmutter empfangen worden und hatte ihren weißen Eber von einer schweren Krankheit geheilt: Vielleicht hatte das Schwein Schluckauf gehabt. Außerdem war er ein langjähriger Freund der Reederfamilie. Lady Lapadolma hatte sich persönlich dafür eingesetzt, dass er auf der Chathrand mitfuhr. Sie hatte ein Herz für Tiere, so herzlos sie sonst auch war, und vergoss zweifellos bittere Tränen bei der Vorstellung, Mr. Latzlos Fracht könnte auf der Reise Schaden nehmen, bevor sie im Westen verkauft würde, um zu Pelzen oder Zaubertränken verarbeitet zu werden.
    Auch Ott brauchte einen fähigen Tierheiler an Bord – den besten, den es gab. Aber wieso musste das ausgerechnet dieser bessere Nomade sein, ein Slevraner, der in irgendeinem Elendsviertel in einer Lehmhütte geboren und von Mönchen in einem Tempel irgendwo im Niemandsland großgezogen worden war und der das mächtige Etherhorde erst als Erwachsener zum ersten Mal gesehen hatte? Wieso hatte man keinen reinblütigen Arqualier gefunden, der diese Aufgabe hätte erfüllen können?
    »Begleitet sie Sie auf allen Reisen?«, fragte Bolutu gerade.
    Ott schüttelte den Kopf. »Der Kapitän erweist mir eine große Gefälligkeit, indem er sie an Bord duldet. Sie haben sie also schon gesehen?«
    »Ich komme soeben vom Falkenkäfig. Ihr Vogel leidet unter der Dunkelheit, aber verglichen mit den übrigen ist er geradezu hochherrschaftlich untergebracht. Er kann die Schwingen ausbreiten und umherhüpfen und die Hühner zumindest riechen, wenn schon nicht kosten. Sagen Sie,

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