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Winslow, Don

Winslow, Don

Titel: Winslow, Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tage der Toten
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hinein gelebt
hat. Also lässt er Gúero den Cabrio steuern, und fünf seiner besten Sicarios - oder Wachmänner
- im Auto folgen. Männer, deren Familien in Culiacán wohnen, auf Don
Pedros Anwesen, und sämtlich sterben müssen, wenn Don Pedro irgendwas
passiert.
    Und Gúero, sein Eleve, sein Vertrauter. Ein Waisenkind aus den Straßen von Culiacán, das er zu sich
nahm - als manda für Santo Jesús Malverde, den Schutzheiligen aller Gomeros von Sinaloa. Gúero, den er ins Geschäft einführte, dem er alles beibrachte.
Ein junger Mann inzwischen, der ihm immer zur Seite steht, katzenschlau, mit
der Fähigkeit, gewaltige Zahlen im Kopf zu multiplizieren, aber leider den
Mercedes viel zu schnell über diese schlechte Straße jagt.
    »Langsamer!«, ruft Aviles.
    Gúero - so heißt er
wegen seiner blonden Haare - muss lachen. Der Alte sitzt auf seinen Millionen
und gackert wie eine Henne, wenn er eine Werkstattrechnung bezahlen soll. Er
kann auf diesen Mercedes jederzeit verzichten, ohne dass es ihm wehtut,
trotzdem regt er sich auf wegen der paar Pesos, die es kostet, den Wagen zu
waschen.
    Gúero stört sich
nicht daran, er ist es gewöhnt.
    Und fährt langsamer.
    »Wir sollten Malverde ein manda bringen, wenn wir nach Culiacán kommen«, sagt Don Pedro.
    »In Culiacán können wir nicht bleiben«, sagt Gúero. »Dort sind die Yankees.«
    »Zur Hölle mit den Yankees.«
    »Barrera hat
uns geraten, nach Guadalajara auszuweichen.«
    »Ich hasse
Guadalajara«, sagt Don Pedro. »Ist doch nur vorübergehend.«
    Sie kommen zu einer Kreuzung, und Gúero biegt links ein.
    »Du musst nach rechts«, sagt Don Pedro.
    »Nein, nach links, patron«, sagt Gúero.
    Da muss Don Pedro aber lachen. »Ich schmuggle Opium aus diesen Bergen,
seit dein Großvater deine Großmutter an der Hose gezupft hat. Du fährst nach
rechts!«
    Gúero zuckt die
Schultern, wendet den Mercedes und fährt nach rechts.
    Die Straße wird schmal und schlammig.
    »Langsam«, sagt Don Pedro. »Ganz langsam, aber nicht anhalten.«
    In einer scharfen Rechtskurve, die durch dichtes Gebüsch führt, nimmt Gúero den Fuß vom
Gas.
    »Was denn
jetzt, zum Teufel?«, ruft Don Pedro. Gewehrläufe ragen aus dem Gebüsch. Acht,
neun, zehn und mehr. Dahinter noch zehn weitere.
    Dann sieht Don Pedro jemanden auf der Straße stehen, es ist Barrera in
seinem schwarzen Anzug, und er weiß, dass alles in Ordnung ist. Die »Festnahme«
ist nur eine Show für die Amerikaner. Wenn er überhaupt ins Gefängnis kommt,
ist er morgen wieder draußen.
    Langsam steht er auf und hebt die Hände.
    Befiehlt seinen Männern, das Gleiche zu tun.
    Gúero Méndez rutscht
unauffällig vom Sitz, auf den Boden des Wagens.
     
    Keller kommt aus seinem Versteck.
    Er nimmt Don Pedro in Augenschein, der in seinem Auto steht, die Hände
erhoben und zitternd vor Kälte.
    Er sieht gebrechlich aus, denkt Keller. Ein Windstoß könnte ihn umwerfen.
Weiße Bartstoppeln, tief liegende, übermüdete Augen. Ein schwacher alter Mann
am Ende seines Wegs.
    Es scheint fast grausam, ihn zu verhaften, aber ...
    Tío nickt.
    Seine Leute eröffnen das Feuer.
    Die Kugeln
schütteln Don Pedro wie ein dünnes Bäumchen. »Was soll das?«, brüllt Keller.
»Er will sich doch -« Seine Stimme geht im Lärm der Schüsse unter.
     
    Gúero duckt sich tief
unters Lenkrad und presst die Hände an die Ohren, dieser Lärm ist unglaublich.
Das Blut des Alten tropft wie weicher Regen auf seine Hände, auf den Kopf, in
den Nacken. Aber trotz des Lärms hört er Don Pedros Gezeter.
    Wie ein altes Weib, das einen Hund aus dem Hühnerstall verjagt-
    Dann endlich
Stille.
    Gúero wartet zehn
lange Sekunden, bevor er wagt, den Kopf zu heben.
    Er sieht Polizisten aus dem Dickicht hervorbrechen. Hinter ihm das Auto
mit den fünf toten Sicarios, aus der zerschossenen Tür läuft Blut wie Wasser aus der Regenrinne.
    Und neben ihm
liegt Don Pedro.
    Sein Mund und
ein Auge stehen offen.
    Das andere Auge
fehlt.
    Sein Körper sieht aus wie diese billigen Geduldsspiele, bei denen man
kleine Kugeln in Löcher rollen muss, nur dass es sehr, sehr viel mehr Löcher
sind. Und er ist übersät mit den Splittern der Frontscheibe, so dass er
aussieht wie der überzuckerte Bräutigam auf einer teuren Hochzeitstorte.
    Gúero stellt sich
vor, wie wütend Don Pedro wäre, wenn er seinen Mercedes sähe.
    Der Mercedes
ist ruiniert.
     
    Als Keller die Wagentür öffnet, fällt Don Pedro heraus.
    Mit Staunen sieht er, dass der alte Mann noch atmet. Wenn wir

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