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Winslow, Don

Winslow, Don

Titel: Winslow, Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tage der Toten
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weg. Er versucht, den
bitteren Nachgeschmack loszuwerden. Und Nora hilft ihm dabei.
    »Du musst sie verstehen«, sagt sie. »Sie braucht eine normale Umgebung für
ihre Tochter, auch wenn es
hart für dich ist.«
    Seltsam, denkt Adán. Die Geliebte übernimmt die Rolle der Ehefrau, aber er achtet das sehr an
ihr. Sie hat ihm tausendmal gesagt, dass er sein Familienleben wiederherstellen
soll, wenn es denn geht, und dass sie sich sofort zurückziehen wird.
    Aber Nora ist
seine Trösterin.
    Wenn er ehrlich ist, muss er zugeben, dass ihm die Entfremdung von seiner
Frau die Freiheit verliehen hat, mit Nora zu leben.
    Nein, trotz allem: Der Herr der Himmel genießt seinen Höhenflug. Bis -
     
    Der Kokainnachschub stockt.
    Nicht plötzlich, sondern allmählich. Wie eine schleichende Dürre.
    Schuld ist die
verfluchte DEA.
    Erst haben sie das Medellin-Kartell geknackt. (Fidel »Rambo« Cardona hat seinen
alten Freund Pablo Escobar verraten und die Amerikaner auf seine Spur gehetzt, die ihn dann
erledigten.) Danach nahmen sie sich Cali vor. Sie zogen die Orejuela-Brüder aus dem Verkehr,
als sie von einem Treffen mit Adán in Cancún zurückkehrten. Beide Kartelle zerbrachen in kleine
Stücke - in »Baby Beils«, wie Adán sie taufte.
    Was auch ganz klar ist, denkt Adán, unter dem ständigen amerikanischen Beschuss
überleben nur die Kleinen und Unauffälligen, die das Radar unterlaufen. Es ist
eine folgerichtige Entwicklung, aber eine, die Adán das Leben
schwermacht - statt sich mit wenigen großen Partnern ins Benehmen zu setzen,
muss er sich nun mit unabsehbar vielen kleinen Lieferanten herumärgern,
manchmal sogar mit den Produzenten selbst. Und nach dem Verschwinden der großen
Kartelle kann er sich nicht mehr auf die reibungslose, pünktliche Lieferung von
Qualitätsware verlassen. Man kann sagen, was man will, denkt Adán, aber so ein Monopol
ist wenigstens effizient und verlässlich, während eine prompte und
qualitätsgerechte Lieferung durch die Baby Beils eher die Ausnahme als die
Regel ist.
    Adáns Geschäftsmodell
beginnt zu wackeln, erst an der Beschaffungsfront, aber die Probleme setzen
sich fort über die Großdealer, die für Transport und Bewachung sorgen, bis hin
zu den neuen Vertriebsmärkten in Los Angeles, Chicago und New York, die Adán nach der
Festnahme der Orejuela-Brüder übernommen hat. Immer öfter stehen seine teuren
und wartungsintensiven Boeings auf den Landepisten in Kolumbien und warten auf
die Fracht, die oft zu spät oder gar nicht kommt, und wenn doch, dann nicht in
der versprochenen Menge und Qualität. Bald beschweren sich die Straßenkunden
bei den Dealern, die Dealer bei den Großdealern, die sich (sehr höflich) bei
den Barreras beschweren.
    Bis die Lieferungen gänzlich ausbleiben.
    Aus dem Strom wird ein Bach, aus dem Bach ein Rinnsal.
    Den Grund findet Adán schnell heraus.
    Las Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia.
    Besser bekannt unter dem Kürzel FARC.
    Die älteste und langlebigste marxistische Rebellenbewegung Lateinamerikas.
    Die FARC kontrolliert die südwestlichen Regionen an den Grenzen zu Peru
und Ecuador, wo ebenfalls Kokain produziert wird. Von ihren Stellungen in den
nordwestlichen Ausläufern des Amazonas-Regenwalds führt die FARC seit dreißig
Jahren Krieg gegen die kolumbianische Regierung, die reichen Landbesitzer und
die Ölfirmen, die sich in den erdölreichen Küstenregionen etabliert haben.
    Und die Macht der FARC ist im Wachsen'begriffen. Erst vor einem Monat
haben die Guerillas einen waghalsigen Angriff auf einen Armeestützpunkt in Las Delicias unternommen.
Haben ihn mit Mörsergranaten und Sprengsätzen gestürmt, sechzig Soldaten
getötet, die restlichen gefangen genommen. Und die lebenswichtige
Verbindungsstraße zwischen dem Südwesten und dem Kernland blockiert.
    Seither kontrolliert die FARC nicht nur die Schmuggelrouten aus Peru und
Ecuador, sondern auch den Putumajo-Distrikt selbst - dichter Amazonas-Urwald
und ein bedeutendes Anbaugebiet für die Coca-Pflanze. Die großen Kartelle
hatten lange von solchen Anbaugebieten geträumt und Millionen in die Infrastruktur
investiert. Aber just als ihre Anstrengungen Früchte zu tragen begannen, wurden
sie vertrieben. Was geblieben ist, sind die chaotischen Baby Beils und über
dreihunderttausend Hektar Anbaufläche, die täglich wächst.
    Was der Mohn für Sinaloa war, ist das Coca-Blatt für Putumayo - die Quelle
allen Reichtums, auf der die Drogenindustrie aufbaut.
    Die FARC hat diese Quelle

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