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Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Titel: Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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wieder fragte er sich, was eigentlich groß dabei war. Doch er hielt sein Versprechen, niemandem etwas zu erzählen, nicht einmal Joanne.
    Dann stach Woodys Vater mit dem Präsidenten in See, und seine Mutter fuhr nach Buffalo zurück, um ein paar Tage bei ihren Eltern zu verbringen. Für diese kurze Zeit hatte Woody die Washingtoner Wohnung mit ihren neun Zimmern für sich allein. Er beschloss, sich irgendeinen Grund einfallen zu lassen, Joanne Rouzrokh hierher einzuladen, damit sie ihn noch einmal richtig küsste.
    Sie aßen zusammen zu Mittag und gingen in eine Ausstellung, die »Negro Art« hieß und von konservativen Kritikern angegriffen worden war, die behaupteten, es gäbe so etwas wie »Negerkunst« nicht – ungeachtet des unverkennbaren Genies von Künstlern wie dem Maler Jacob Lawrence oder der Bildhauerin Elizabeth Catlett.
    Als sie die Ausstellung verlassen hatten, fragte Woody: »Möchtest du einen Cocktail, während wir uns überlegen, wo wir zu Abend essen?«
    »Nein«, lehnte Joanne auf ihre übliche entschiedene Art ab. »Ich hätte lieber eine Tasse Tee.«
    »Tee?« Er war sich nicht sicher, wo man in Washington einen guten Tee bekam. Dann hatte er einen Geistesblitz. »Meine Mutter hat englischen Tee«, sagte er. »Wir könnten zu uns gehen.«
    »Okay.«
    Das Haus stand ein paar Blocks entfernt an der 22nd Street NW , nahe der L Street. Kaum traten sie aus der Sommerhitze indie klimatisierte Lobby, atmeten sie leichter. Ein Portier fuhr sie im Aufzug nach oben.
    Als sie die Wohnung betraten, sagte Joanne: »Deinen Vater sehe ich andauernd in Washington, aber mit deiner Mutter habe ich seit Jahren nicht mehr gesprochen. Ich muss ihr unbedingt zu ihrem Bestseller gratulieren.«
    »Sie ist nicht hier«, sagte Woody. »Komm in die Küche.«
    Er füllte den Kessel am Wasserhahn und setzte ihn auf. Dann legte er die Arme um Joanne. »Endlich allein.«
    »Wo sind deine Eltern?«
    »Verreist. Beide.«
    »Und Chuck ist auf Hawaii.«
    »Ja.«
    Sie löste sich von ihm. »Woody, wie konntest du mir das antun?«
    »Was antun? Ich mache dir Tee!«
    »Du hast mich unter Vorspiegelung falscher Tatsachen hierhergelockt. Ich dachte, deine Eltern wären zu Hause.«
    »Davon war nie die Rede.«
    »Warum hast du mir nicht gesagt, dass sie nicht da sind?«
    »Weil du nicht gefragt hast«, erwiderte er indigniert, auch wenn ihre Beschwerde ein Körnchen Wahrheit enthielt. Er hatte sie nicht belogen, hatte aber gehofft, ihr vorher nicht sagen zu müssen, dass sie allein in der Wohnung sein würden.
    »Du hast mich mit raufgenommen, um es bei mir zu versuchen! Du hältst mich für ein billiges Flittchen!«
    »Aber nein! Es ist nur … Wir sind nie wirklich für uns. Ich habe auf einen Kuss gehofft, das ist alles.«
    »Versuch nicht, mich auf den Arm zu nehmen.«
    Jetzt wurde sie wirklich ungerecht. Sicher, er hoffte, eines Tages mit ihr ins Bett zu gehen, hatte aber nicht darauf spekuliert, dass es heute sein würde. »Wir können ja wieder gehen«, sagte er. »Tee bekommen wir schon irgendwo. Das Ritz-Carlton ist gleich die Straße runter. Alle Briten steigen dort ab, also müssen sie dort Tee haben.«
    »Sei nicht albern. Ich habe keine Angst vor dir, mit dir werde ich schon fertig. Ich bin nur sauer auf dich. Ich will keinen Mann, der mit mir ausgeht, weil er glaubt, ich wäre leicht rumzukriegen.«
    »Leicht rumzukriegen?«, fragte er mit anschwellender Stimme.»Zum Teufel, ich habe sechs Jahre darauf gewartet, dass du dich dazu herablässt, auch nur mit mir auszugehen! Wenn du leicht rumzukriegen bist, möchte ich mich nicht in eine Frau verlieben, die es einem schwer macht!«
    Zu seiner Überraschung fing sie an zu lachen.
    »Was ist denn jetzt schon wieder?«, fragte er gereizt.
    »Du hast recht«, sagte sie. »Wenn du eine Frau wolltest, die leicht zu haben ist, hättest du mich schon vor langer Zeit aufgegeben.«
    »Genau.«
    »Nachdem ich dich damals geküsst hatte, als ich betrunken war, dachte ich, du hättest eine schlechte Meinung von mir. Sogar in den letzten Wochen habe ich mir deswegen Gedanken gemacht. Ich habe dich falsch eingeschätzt. Es tut mir leid.«
    Ihre raschen Stimmungsumschwünge verunsicherten ihn, aber er sagte sich, dass wenigstens dieser letzte Sinneswandel eine Verbesserung darstellte. »Ich war schon lange vor dem Kuss verrückt nach dir«, sagte er. »Wahrscheinlich hast du es nur nicht bemerkt.«
    »Ich habe dich kaum bemerkt.«
    »Ich bin ziemlich groß.«
    »Das ist aber auch dein

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