Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman
Frau, Woody und Joanne sowie Chuck und Eddie.
Woody musterte Eddie aus dem Augenwinkel. Chucks Geliebter, dachte er. Ganz schön bizarr.
Eddie bemerkte, wie Woody zu ihm hinüberschaute, und lächelte liebenswürdig.
Woody riss den Blick von ihm los. Gott sei Dank haben unsere Eltern nichts bemerkt, dachte er. Es sei denn, Mama hat Eddie genau deswegen zu dem Familienessen eingeladen. Weiß sie es? Billigt sie es sogar? Nein, sagte er sich dann, das ist eher unwahrscheinlich.
»Wie auch immer, Cobb hat keine andere Wahl«, sagte Gus soeben. »Außerdem vertritt er ansonsten liberale Standpunkte. Er ist Demokrat durch und durch.«
»Das hat mit Demokratie nichts zu tun«, erwiderte Joanne hitzig. »Cobb vertritt nicht alle Menschen in den Südstaaten. Nur Weiße dürfen dort wählen.«
»Niemand ist vollkommen«, entgegnete Gus. »Cobb hat Roosevelts New Deal unterstützt.«
»Das heißt noch lange nicht, dass ich ihn zu meiner Hochzeit einladen muss.«
»Ich möchte ihn auch nicht dabeihaben, Pa«, warf Woody ein. »An seinen Händen klebt Blut.«
»Das ist unfair, Woody.«
»So empfinden wir es aber.«
»Nun, diese Entscheidung liegt nicht allein bei euch. JoannesMutter ist die Gastgeberin, und wenn sie es erlaubt, beteilige ich mich an den Kosten. Das gibt uns dann wenigstens ein Mitspracherecht bei der Frage, wer auf der Gästeliste steht.«
Woody lehnte sich zurück. »Verdammt, das ist unsere Hochzeit!«
Joanne schaute ihn an. »Vielleicht sollten wir uns nur standesamtlich trauen lassen, in aller Stille, nur mit ein paar Freunden.«
Woody zuckte mit den Schultern. »Ich wäre einverstanden.«
»Damit würdet ihr viele Leute vor den Kopf stoßen«, wandte Gus ein.
»Aber nicht uns«, erwiderte Woody. »Auf einer Hochzeit kommt die Braut an erster Stelle. Ich möchte ihr nur geben, was sie möchte.«
Rosa ergriff das Wort. »Hört mal alle gut zu«, sagte sie. »Übertreiben wir es nicht. Gus, Liebling, vielleicht solltest du Peter Cobb mal zur Seite nehmen und ihm schonend beibringen, dass du einen idealistischen Sohn hast, der ein gleichermaßen idealistisches Mädchen heiratet, und dass die beiden hartnäckig deine leidenschaftlich vorgetragene Bitte zurückweisen, Peter zur Hochzeit einzuladen. Es tue dir leid, aber du könntest deinen Wünschen in diesem Fall genauso wenig nachgeben wie Peter bei der Frage über das Lynchverbot. Er wird lächeln und sagen, dass er Verständnis dafür hat. Er hat dich immer gemocht, weil du ein grundanständiger Kerl bist.«
Gus zögerte einen Moment; dann entschied er sich, mit Würde nachzugeben. »Da hast du wohl recht, meine Liebe«, sagte er. Er lächelte Joanne an. »Außerdem wäre ich dumm, wenn ich mich ausgerechnet wegen Peter Cobb mit meiner entzückenden Schwiegertochter überwerfe.«
Joanne sagte: »Herzlichen Dank. Soll ich dich ab jetzt Papa nennen?«
»Das würde mir sehr gefallen«, sagte Gus.
Woody glaubte, in den Augen seines Vaters Tränen schimmern zu sehen.
»Dann danke ich dir, Papa«, sagte Joanne.
Was sagt man dazu, dachte Woody. Sie hat ihm die Stirn geboten – und gewonnen.
Was für eine Frau!
Eddie wollte Chuck am Sonntagmorgen auf der Fahrt zum Hotel begleiten, wo er seine Familie abholen musste.
»Ich weiß nicht recht«, sagte Chuck. »Wir beide sollen befreundet sein, aber nicht unzertrennlich.«
Es dämmerte, und sie lagen im Bett eines Motels. Vor Sonnenaufgang mussten sie sich zurück in die Kaserne schleichen.
»Du schämst dich für mich«, sagte Eddie.
»Wie kannst du so was sagen? Ich habe dich zum Abendessen mit meiner Familie mitgenommen.«
»Das war die Idee deiner Mutter, nicht deine. Aber dein Vater mochte mich, oder?«
»Sie lagen dir alle zu Füßen. Wer läge dir nicht zu Füßen? Aber sie wissen ja auch nicht, dass du ein dreckiger Homo bist.«
»Ich bin kein dreckiger Homo. Ich bin ein sehr reinlicher Homo.«
»Stimmt.«
»Bitte nimm mich mit. Ich möchte sie näher kennenlernen. Es ist mir wirklich wichtig.«
Chuck seufzte. »Okay.«
»Danke.« Eddie küsste ihn. »Haben wir noch Zeit …«
Chuck grinste. »Wenn wir uns beeilen.«
Zwei Stunden später saßen sie zusammen im Packard vor dem Hotel. Ihre vier Fahrgäste erschienen um halb acht. Rosa und Joanne trugen Hut und Handschuhe, Gus und Woody weiße Leinenanzüge. Woody hatte seine Kamera dabei.
Das junge Paar hielt sich bei der Hand. »Guck mal, die beiden«, murmelte Chuck seinem Freund zu. »Mein Bruder ist verdammt
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