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Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Titel: Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Gus sich immer wieder konfrontiert sah. »Nun, wir haben unser Möglichstes getan, eine Übereinkunft mit Japan zu finden«, antwortete er. »Außenminister Hull hat den ganzen Sommer über Gespräche mit Botschafter Nomura geführt. Aber wir scheinen zu keiner Einigung zu gelangen.«
    »Woran liegt das?«, fragte Eddie.
    »Amerika braucht eine Freihandelszone im Fernen Osten. Die Japaner sagen, schön, okay, wir lieben freien Handel, also machen wir das – allerdings nicht nur in unserem Hinterhof, sondern weltweit. Aber das könnten die USA nicht einmal dann gewährleisten, wenn sie es wollten. Deshalb stellt Japan sich auf den Standpunkt, dass es so lange eine eigene Wirtschaftszone braucht, wie auch andere Staaten sie haben.«
    »Das ist in meinen Augen aber kein Grund für ihren Einmarsch in China.«
    »Natürlich nicht«, sagte Gus. »Aber aus japanischer Sicht ist das konsequent. Die Japaner möchten Truppen in China, Indochina und Niederländisch-Indien stationieren, um ihre Interessen zu schützen, so wie wir Truppen auf den Philippinen haben, die Briten in Indien und die Franzosen in Algerien.«
    »Wenn man es so sieht, erscheinen die Japaner gar nicht unvernünftig.«
    »Sie sind nicht unvernünftig«, warf Joanne ein, »aber sie gehen den falschen Weg. Ein Imperium zu erobern ist eine Lösung aus dem neunzehnten Jahrhundert. Die Welt ändert sich. Die Zeit der Imperien und der geschlossenen Wirtschaftszonen ist zu Ende. Wenn wir Japan geben würden, was es will, müssten wir einen Schritt zurück machen.«
    Das Essen wurde serviert. »Ach, ehe ich’s vergesse«, sagte Gus in die Runde, »ich habe eben einen Anruf bekommen. Wir frühstücken morgen an Bord der Arizona . Punkt acht Uhr. Chuck ist nicht eingeladen, aber er wurde abkommandiert, uns zu fahren. Erholt uns um sieben Uhr dreißig ab, bringt uns zum Navy Yard und setzt uns in einer Barkasse über.«
    Woody langte beim gebratenen Reis zu. »Schmeckt köstlich«, sagte er. »Wir sollten auf unserer Hochzeit chinesisches Essen servieren.«
    Gus lachte. »Wohl kaum.«
    »Warum nicht? Es ist billig, und es schmeckt gut.«
    »Ein Hochzeitsmahl ist nicht bloß ein Essen, es ist ein Ereignis.« Er blickte zu Joanne hinüber. »Wo wir gerade davon sprechen, Joanne, ich muss deine Mutter anrufen.«
    Joanne runzelte die Stirn. »Wegen der Hochzeit?«
    »Wegen der Gästeliste.«
    Joanne legte die Essstäbchen hin. »Ist etwas nicht in Ordnung?« Als Woody sah, dass ihre Nasenflügel sich blähten, wusste er, dass Ärger bevorstand.
    »So kann man es nicht nennen«, sagte Gus. »Aber wie du weißt, habe ich ziemlich viele Freunde und Verbündete in Washington, die beleidigt wären, wenn sie nicht zur Hochzeit meines Sohnes eingeladen würden. Ich möchte deiner Mutter vorschlagen, dass wir uns die Kosten teilen.«
    Gus’ Vorschlag war rücksichtsvoll: Da Joannes Vater sein Geschäft vor seinem Tod zu einem Spottpreis verkaufen musste, hatte ihre Mutter sicher nicht das Geld für eine prunkvolle Feier übrig. Doch Joanne gefiel es nicht, dass die Eltern die Hochzeit über ihren Kopf hinweg planten.
    »Wer sind denn diese Freunde?«, fragte sie kühl.
    »Vor allem Senatoren und Kongressabgeordnete. Den Präsidenten müssen wir auch einladen, aber er wird nicht kommen.«
    »Welche Senatoren und Kongressabgeordnete?«, wollte Joanne wissen.
    Woody bemerkte, dass seine Mutter ein Grinsen verbarg. Sie amüsierte sich über Joannes Unbeirrtheit. Nicht viele hatten den Mut, Gus an die Wand zu drängen.
    Gus begann mit einer Namensliste.
    Joanne unterbrach ihn. »Congressman Cobb auch?«
    »Ja.«
    »Aber er hat gegen das Verbot der Lynchjustiz gestimmt!«
    »Peter Cobb ist ein tüchtiger Mann, aber er ist ein Politiker ausMississippi. Wir leben in einer Demokratie, Joanne. Wir müssen unsere Wähler vertreten. Die Südstaatler sind gegen das Verbot der Lynchjustiz.« Er blickte Chucks Freund an. »Ich hoffe, ich trete Ihnen nicht auf die Füße, Eddie.«
    »Meinetwegen brauchen Sie nicht um den heißen Brei herumzureden, Sir«, sagte Eddie. »Ich komme aus Texas, aber die Politik der Südstaaten beschämt mich. Ich hasse Vorurteile. Ein Mensch bleibt ein Mensch, egal welche Hautfarbe er hat.«
    Woody blickte zu Chuck. Sein Bruder wirkte so stolz auf Eddie, dass er fast zu platzen schien.
    In diesem Augenblick begriff Woody, dass Eddie für Chuck mehr war als nur ein Kamerad. Welch eine merkwürdige Situation. An diesem Tisch saßen drei Paare: der Senator und seine

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