Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman
japanischen Trägerkampfgruppe nicht die geringsten Schäden zu. DieMunition auf den Flugdecks explodierte nicht, die Betankungsschläuche fingen kein Feuer. Sie blieben unversehrt.
Chuck hörte die Funkgespräche ab und verzweifelte.
Umso lebhafter trat ihm die Genialität des Angriffs auf Pearl Harbor vor sieben Monaten vor Augen. Die amerikanischen Schiffe hatten vor Anker gelegen – ruhende Ziele, dicht an dicht, leicht zu treffen. Die Jagdflugzeuge, die die Schiffe hätten schützen können, wurden auf den Startbahnen vernichtet. Bis die Amerikaner sich gesammelt und ihre Flugabwehrgeschütze feuerbereit hatten, war der Angriff so gut wie vorüber gewesen.
Diese Schlacht jedoch war noch im Gang, und längst nicht alle amerikanischen Flugzeuge hatten das Zielgebiet erreicht. Am Funkgerät hörte Chuck den Ruf eines Flugleitungsoffiziers der Enterprise : »Angriff! Angriff!«, und die lakonische Antwort eines Piloten: »Gern – sobald ich die Hundesöhne gefunden habe.«
Erfreulich war nur die Neuigkeit, dass der japanische Kommandeur noch keine eigenen Maschinen gegen die amerikanischen Flugzeugträger ausgesandt hatte. Er hielt sich an seinen Plan und konzentrierte den Angriff auf Midway. Womöglich hatte er noch nicht begriffen, dass er von trägergestützten Flugzeugen angegriffen wurde – oder er war sich nicht sicher, was die Position der amerikanischen Schiffe anging.
Trotz dieses Vorteils siegten die Amerikaner nicht.
Dann aber änderte die Lage sich schlagartig. Ein Verband aus siebenunddreißig Dauntless-Sturzkampfbombern von der Enterprise sichtete die Japaner. Die Zeros, die die japanischen Flugzeugträger schützten, waren fast auf Meereshöhe hinuntergegangen, um die Torpedobomber abwehren zu können, sodass die amerikanischen Bomber sich in vorteilhafter Höhe über den Jägern befanden; außerdem konnten sie aus der Sonne anfliegen. Minuten später erreichten achtzehn weitere Dauntlesses von der Yorktown das Zielgebiet. Einer der Piloten war Trixie.
Aus dem Funkgerät drangen aufgeregte Stimmen. Chuck schloss die Augen, konzentrierte sich und versuchte, dem verzerrten Durcheinander etwas zu entnehmen. Trixies Stimme erkannte er nicht.
Dann hörte er durch das Stimmengewirr das charakteristische Kreischen von Bombern im Sturzflug. Der Angriff hatte begonnen.
Plötzlich erklangen zum ersten Mal Triumphschreie der US -Piloten.
»Erwischt, du Dreckskerl!«
»Scheiße, ich hab gespürt, wie das Ei hochging!«
»Zur Hölle mit euch Hurensöhnen!«
»Volltreffer! Guckt nur, wie sie brennt!«
Die Männer im Funkraum jubelten, obwohl sie nicht genau wussten, was geschah.
Nach wenigen Minuten war alles vorüber, doch es verging noch viel Zeit, bis ein eindeutiger Gefechtsbericht hereinkam. In ihrem Siegesrausch machten die Piloten unzusammenhängende, sich widersprechende Meldungen. Erst als sie ein wenig abkühlten und auf Heimatkurs zu den Schiffen gingen, kristallisierte sich ein Bild der Geschehnisse heraus.
Und Trixie Paxman gehörte zu den Überlebenden.
Zwar waren die meisten Bomben danebengegangen wie zuvor schon die Torpedos, aber ungefähr zehn Bomben hatten Volltreffer erzielt und verheerende Schäden angerichtet. Auf drei schweren japanischen Flugzeugträgern wütete eine Feuersbrunst: auf der Kaga , der Sōryū und dem Flaggschiff Agaki . Dem Feind blieb nur noch ein Träger, die Hiryū .
»Drei von vier!«, rief Chuck begeistert. »Und sie sind noch nicht mal in die Nähe unserer Schiffe gekommen!«
Das sollte sich bald ändern.
Admiral Fletcher schickte zehn Dauntlesses aus, um nach dem verbliebenen schweren japanischen Flugzeugträger zu suchen. Doch es war der Radar der Yorktown , der einen Flugzeugverband erfasste, der vermutlich von der Hiryū kam. Er war im Moment fünfzig Meilen entfernt und näherte sich. Gegen Mittag sandte Fletcher den Angreifern zwölf Wildcats entgegen. Auch den Rest seiner Maschinen schickte er in die Luft, damit sie nicht verletzbar an Deck standen, wenn der Angriff begann. Mittlerweile waren die Treibstoffschläuche der Yorktown zum Brandschutz mit Kohlendioxid gefüllt worden.
Der japanische Angriffsverband bestand aus vierzehn »Vals«, Sturzkampfbomber des Typs Aichi D3A, sowie Zeros als Jagdschutz.
Jetzt geht’s los, dachte Chuck, mein erstes Gefecht. Am liebsten hätte er sich übergeben. Er schluckte heftig.
Noch ehe die Angreifer sichtbar wurden, eröffneten die Geschütze der Yorktown das Feuer. Das Schiff besaß acht schwere,
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