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Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Titel: Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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schüttelte Eddie die Hand und ging an Bord. Kurz darauf hatte er Vandermeier vergessen, denn endlich wurde ihm sein Herzenswunsch erfüllt: Er war auf See – und auf einem der größten Schiffe, die je gebaut worden waren.
    Die Yorktown war das Typschiff der nach ihr benannten Flugzeugträgerklasse. Sie war mehr als zwei Fußballfelder lang, hatte über zweitausend Mann Besatzung und trug neunzig Flugzeuge: veraltete Douglas-Devastator-Torpedobomber mit Klappflügeln, neuere Sturzkampfbomber vom Typ Douglas Dauntless sowie Jagdflugzeuge des Modells Grumman Wildcat zum Schutz der Bomber.
    Fast alles befand sich im gepanzerten Rumpf, bis auf die Aufbauten der »Insel«, die das Flugdeck um dreißig Fuß überragte. Sie enthielt die Kommando- und Funkeinrichtungen des Schiffes mit der Brücke, dem Funkraum gleich darunter, dem Kartenhaus und dem Bereitschaftsraum für die Piloten. Dahinter befand sich ein riesiger Schornstein mit drei hintereinander angeordneten Öffnungen.
    Mehrere Instandsetzungsleute waren noch an Bord und schlossen ihre Arbeit ab, als die Yorktown das Trockendock verließ und aus Pearl Harbor hinausfuhr. Chuck war begeistert vom Wummern ihrer gigantischen Maschinen. Als sie in tiefes Wasser gelangte und mit der Dünung des Pazifischen Ozeans stieg und sank, kam es ihm vor, als würde er tanzen.
    Chuck wurde dem Funkraum zugeteilt – eine sinnvolle Verwendung, denn damit nutzte man seine Erfahrung im Umgang mit Signalen.
    Der Flugzeugträger stampfte zu einem Sammelpunkt nordöstlich von Midway. Die aufgeschweißten Platten knarrten wie neue Schuhe. Das Schiff hatte eine Milchbar, Gedunk genannt, in der es frisch hergestellte Eiscreme gab. An seinem ersten Nachmittag traf Chuck dort Trixie Paxman, den er zuletzt im Band Round The Hat gesehen hatte. Er war froh, einen Freund an Bord zu haben.
    Am Mittwoch, dem 3. Juni, dem Tag vor dem vorhergesagten Angriff, entdeckte ein Flugboot der US Navy bei einem Aufklärungseinsatz westlich von Midway einen Konvoi aus japanischen Transportschiffen. Vermutlich beförderten sie die Besatzungstruppen, die nach der Seeschlacht das Atoll einnehmen sollten. Die Nachricht wurde an alle amerikanischen Schiffe gefunkt. Chuck, der im Funkraum der Yorktown als Signalgast diente, gehörte zu den ersten Besatzungsmitgliedern, die davon erfuhren. Die Meldungen bestätigten ohne jeden Zweifel, dass seine Kameraden im Keller recht gehabt hatten. Chuck war erleichtert, dass ihre Prognose sich bewahrheitet hatte. In gewisser Weise war es ironisch: Er hätte in keiner so großen Gefahr geschwebt wie jetzt, hätte Station HYPO sich geirrt, und die Japaner wären woanders gewesen.
    Seit anderthalb Jahren gehörte Chuck der Navy an, aber noch nie war er im Gefecht gewesen. Die hastig reparierte Yorktown war mit Sicherheit das Hauptziel der japanischen Bomber und Torpedoflugzeuge. Es war ein merkwürdiges Gefühl für Chuck.Die meiste Zeit war er seltsam ruhig, doch hin und wieder wäre er am liebsten über die Reling gesprungen und so schnell wie möglich nach Hawaii zurückgeschwommen.
    Am Abend schrieb er seinen Eltern. Wenn er am nächsten Tag fiel, würden er und sein Brief vermutlich mit dem Schiff untergehen, aber das hinderte ihn nicht. Er verriet seinen Eltern nicht, weshalb er versetzt worden war. Kurz dachte er daran, ihnen seine Homosexualität zu gestehen, doch er verwarf den Gedanken rasch wieder. Er schrieb ihnen, dass er sie liebe und dankbar für alles sei, was sie für ihn getan hätten. Wenn ich im Kampf eines demokratischen Landes gegen eine grausame Militärdiktatur sterbe, war mein Leben nicht vergeudet, schrieb er. Als er den Satz noch einmal überflog, kam er ihm ein bisschen schwülstig vor, aber er ließ ihn, wie er war.
    Die Nacht war kurz. Um ein Uhr dreißig wurden die Flugzeugbesatzungen zum Frühstück gepfiffen. Chuck traf Trixie Paxman und wünschte ihm Hals- und Beinbruch. Als Ausgleich für den frühen Start bekamen die Flieger Steak mit Ei serviert.
    Die Flugzeuge wurden unter Deck betankt und aufmunitioniert. Dann wurden sie, die Tragflächen eingeklappt, mit den riesigen Aufzügen des Schiffes aus den Hangars unter Deck nach oben transportiert. Von Hand schob die Flugdeckcrew sie zu ihren riesigen Stellplätzen. Einige Piloten starteten und nahmen die Suche nach dem Feind auf. Der Rest saß in Schwimmwesten und Fliegerstiefeln im Bereitschaftsraum und wartete auf Neuigkeiten.
    Chuck trat seinen Dienst im Funkraum an. Kurz vor sechs Uhr

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