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Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Titel: Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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zog ein gehässiges Gesicht. »Sagen Sie mir nicht, dass Sie nichts wissen, Boy. Oder sind Sie blind?«
    Daisy zupfte ihn am Ärmel. »Bring mich bitte nach Hause, Boy.«
    Doch Boy beachtete sie nicht. Er starrte Lowther in die Augen. »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Fragen Sie Ihre Frau mal nach Lloyd Williams.«
    »Wer zum Henker ist Lloyd Williams?«
    »Ich fahre allein nach Hause, wenn du mich nicht wegbringst!«, drängte Daisy.
    »Kennst du einen Lloyd Williams?«, fragte Boy.
    Ja, dachte Daisy. Er ist dein Bruder. Am liebsten hätte sie das Geheimnis offengelegt, widerstand aber der Versuchung. »Ja, und du kennst ihn auch«, antwortete sie stattdessen. »Er war mit dir in Cambridge. Vor Jahren hat er uns in eine Revue im Eastend mitgenommen.«
    »Der?« Es fiel Boy schwer, jemanden wie Lloyd als Rivalen zu betrachten. Ungläubig fügte er hinzu: »Ein Mann, der sich nicht mal eigene Abendgarderobe leisten kann?«
    »Vor drei Jahren hat er an meinem nachrichtendienstlichen Kurs auf Tŷ Gwyn teilgenommen, während Daisy dort wohnte«, sagte Lowther. »Sie, Boy, haben zu dieser Zeit über Frankreich Ihr Leben riskiert. Sie haben eine Hawker Hurricane geflogen, wenn ich mich recht entsinne. Ihre Frau hatte in dieser Zeit eine Romanze mit diesem walisischen Wiesel – im Haus Ihrer Familie.«
    Boy wurde rot. »Wenn Sie sich das aus den Fingern saugen, Lowthie … bei Gott, dann verprügle ich Sie nach Strich und Faden.«
    »Fragen Sie doch Ihre Angetraute«, entgegnete Lowther mit zuversichtlichem Grinsen.
    Boy wandte sich Daisy zu.
    Auf Tŷ Gwyn hatte sie nicht mit Lloyd geschlafen, aber während der Bombennächte in seinem eigenen Bett im Haus seiner Mutter. Aber das konnte sie Boy nicht sagen, während Lowtherdabeisaß. Doch der Vorwurf des Ehebruchs war berechtigt, und sie würde ihn nicht abstreiten. Das Geheimnis war kein Geheimnis mehr. Jetzt wollte sie sich wenigstens noch einen Anschein von Würde bewahren.
    »Ich werde dir alles sagen, was du wissen willst, Boy, aber nicht vor diesem sabbernden Ekel.«
    Boy hob erstaunt die Stimme. »Du bestreitest es nicht?«
    Die Gäste am Nachbartisch schauten peinlich berührt herüber und richteten ihre Aufmerksamkeit dann wieder auf ihre Getränke.
    Auch Daisy wurde nun lauter. »Ich verbitte mir, in der Bar des Claridge ins Kreuzverhör genommen zu werden.«
    »Du gibst es also zu?«, brüllte Boy.
    Im ganzen Raum wurde es still.
    Daisy erhob sich. »Ich gebe hier weder etwas zu, noch streite ich etwas ab. Ich erzähle dir alles zu Hause, wo zivilisierte Menschen ihre Privatangelegenheiten besprechen.«
    »Verdammt, du hast es getan!«, rief Boy. »Du hast mit ihm geschlafen!«
    Sogar die Kellner hielten inne und verfolgten die Auseinandersetzung.
    Daisy ging zur Tür.
    »Du Nutte!«, brüllte Boy.
    Daisy drehte sich um. »Ja, damit kennst du dich aus. Ich hatte das Unglück, zwei deiner Nutten zu begegnen, weißt du noch?« Sie ließ den Blick in die Runde schweifen. »Joanie und Pearl«, sagte sie verächtlich. »Wie viele Frauen lassen sich das wohl gefallen?« Sie ging hinaus, ehe er antworten konnte, und stieg in ein wartendes Taxi. Als es losfuhr, kam Boy aus dem Hotel und sprang in den Wagen dahinter.
    Daisy nannte dem Fahrer ihre Adresse.
    In gewisser Weise war sie erleichtert, dass die Wahrheit ans Licht gekommen war. Gleichzeitig empfand sie tiefe Traurigkeit. Ihr stand deutlich vor Augen, dass gerade etwas ein endgültiges Ende gefunden hatte.
    Das Haus war nur eine Viertelmeile entfernt. Als Daisy ausstieg, hielt Boys Taxi hinter ihrem.
    Er folgte ihr in die Eingangshalle.
    Daisy konnte nicht hierbleiben, das wusste sie. Das war vorbei. Sie würde nie wieder mit Boy unter einem Dach schlafen, geschweige denn im gleichen Bett. »Bitte bringen Sie mir einen Koffer«, sagte sie zu dem Butler.
    »Sehr wohl, Mylady.«
    Sie sah sich um. Das Haus stammte aus dem achtzehnten Jahrhundert, war perfekt proportioniert und hatte eine elegant geschwungene Freitreppe, doch Daisy bedauerte kaum, dieses Haus zu verlassen.
    »Wohin gehst du?«, fragte Boy.
    »In ein Hotel, nehme ich an. Wahrscheinlich nicht ins Claridge.«
    »Um deinen Geliebten zu treffen!«
    »Nein, er ist in Übersee. Aber ich liebe ihn wirklich. Es tut mir leid, Boy. Du hast kein Recht, mich zu verurteilen, denn du hast viel Schlimmeres getan. Aber ich verurteile mich selbst.«
    »Das reicht«, sagte er. »Ich lasse mich von dir scheiden.«
    Daisy begriff, dass sie nur auf diese Worte gewartet

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