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Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Titel: Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Pammie.
    Gemeinsam tranken sie Kakao und sprachen über den jungen Mann, den sie alle anbeteten. Echte Neuigkeiten gab es über Lloyd kaum. Alle sechs bis acht Monate bekam Ethel einen Brief mit dem Kopf der britischen Botschaft in Madrid, in dem stand, dass es ihm gut gehe, dass er in Sicherheit sei und seinen Teil zur Niederschlagung der Nazi-Diktatur leiste. Er war zum Major befördert worden. An Daisy hatte er nie geschrieben, aus Furcht, Boy könne die Briefe entdecken, doch jetzt gab es dieses Hindernis nicht mehr. Daisy gab Ethel die Adresse ihrer neuen Wohnung und notierte sich Lloyds Anschrift, die nur aus einer Feldpostnummer der britischen Streitkräfte bestand.
    Wann er auf Urlaub nach Hause kommen würde, wusste niemand.
    Daisy erzählte von ihrem Halbbruder Greg und seinem Sohn Georgy. Was solche Dinge anging, waren die Leckwiths die tolerantesten Menschen, die sie kannte, und ihre Freude für Greg kam von Herzen.
    Außerdem berichtete Daisy über Evas Familie in Berlin. Bernie, der selbst Jude war, traten Tränen in die Augen, als er von Rudi Rothmanns zermalmten Händen hörte. »Die aufrechten Deutschen hätten diese Mistkerle auf den Straßen bekämpfen sollen, als sie es noch konnten«, sagte er. »So wie wir es getan haben.«
    »Ich habe noch heute die Narben von damals auf dem Rücken«, sagte Millie, »als die Polizei uns durch das Schaufenster von Gardiner’s gedrückt hat. Ich habe mich dafür geschämt. Abie hat meinen Rücken das erste Mal zu Gesicht bekommen, als wir schon ein halbes Jahr verheiratet waren, aber er sagt, die Narben machen ihn stolz auf mich.«
    »Schön war er nicht, der Kampf auf der Cable Street«, sagte Bernie. »Aber wir haben dem verdammten Treiben der Faschisten einen Riegel vorgeschoben.« Er nahm die Brille ab und wischte sich die Augen mit dem Taschentuch.
    Ethel legte ihm den Arm um die Schultern. »Ich habe den Leuten damals geraten, zu Hause zu bleiben. Ich habe mich geirrt, und du hattest recht.«
    Bernie lächelte wehmütig. »Oft kommt das nicht vor.«
    Ethel blickte Daisy an. »Das Gesetz zur Öffentlichen Ordnung, das nach der Schlacht auf der Cable Street verabschiedet wurde, hat den britischen Faschisten endgültig den Hals gebrochen«, erklärte sie. »Das Parlament untersagte das Tragen politischer Uniformen in der Öffentlichkeit. Das war der Untergang von Mosleys Horde. Als sie nicht mehr in ihren schwarzen Hemden aufmarschieren konnten, waren sie nur noch ein bedeutungsloser Haufen von Dummköpfen. Das haben wir den Konservativen zu verdanken. Ehre, wem Ehre gebührt.«
    Von jeher politisch engagiert, arbeitete Familie Leckwith an der Nachkriegsreform Großbritanniens durch die Labour Party mit. Ihr Vorsitzender, der stille, brillante Clement Attlee, war mittlerweile zum Vizepremierminister unter Churchill aufgerückt,und der Gewerkschaftsheld Ernie Bevin war Arbeitsminister. Ihre Vision weckte in Daisy Begeisterung für die Zukunft.
    Millie verabschiedete sich, und Bernie ging zu Bett. Als sie allein waren, fragte Ethel: »Möchten Sie wirklich meinen Lloyd heiraten?«
    »Mehr als alles auf der Welt«, antwortete Daisy. »Glauben Sie, das wäre richtig?«
    »Aber sicher. Wieso nicht?«
    »Weil wir aus unterschiedlichen Kreisen kommen. Sie sind alle so gute Menschen. Sie leben für den Dienst an der Öffentlichkeit.«
    »Unsere Millie nicht. Sie ist wie Bernies Bruder – sie möchte Geld verdienen.«
    »Aber sogar sie trägt Narben von der Cable Street.«
    »Das stimmt.«
    »Lloyd ist genau wie Sie. Er macht politische Arbeit nicht einfach nebenbei, wie ein Hobby – sie ist der Mittelpunkt seines Lebens. Und ich bin eine selbstsüchtige Millionärin.«
    Ethel blickte sie nachdenklich an. »Ich glaube, es gibt zwei Arten von Ehen. Die eine ist die behagliche Partnerschaft, in der zwei Menschen die gleichen Hoffnungen und Ängste teilen, gemeinsam Kinder aufziehen und einander mit Trost und Hilfe beistehen.« So wie Ethel und Bernie, wurde Daisy klar. »Die andere ist ein wildes Zusammenleben voller Leidenschaft und Unvernunft, Lust und Sex – womöglich mit jemandem, der nicht zu einem passt, den man weder bewundert noch besonders mag.« Diesmal dachte Ethel an ihre Affäre mit Fitz; da war sich Daisy sicher. Sie hielt den Atem an: Sie wusste, dass Ethel ihr gerade die ungeschminkte Wahrheit sagte.
    »Ich hatte Glück«, fuhr Ethel fort, »denn ich bekam beides. Deshalb habe ich einen Rat für Sie: Wenn Sie die Gelegenheit zu ekstatischer,

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