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Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Titel: Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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den Feldern zu verstecken. Der Wagen fuhr schnell; die Scheinwerfer waren abgeblendet. Wahrscheinlich war es ein deutsches Fahrzeug, aber sicher konnte man sich nie sein: Die Alliierten landeten Lastensegler mit Jeeps, Panzerabwehrkanonen und leichten Feldhaubitzen, sodass es sich auch um die eigenen Leute handeln konnte.
    Woody lag unter einer Hecke und beobachtete das Fahrzeug, als es vorbeiraste. Es fuhr zu schnell, als dass er es hätte erkennen können. Hätte er seinem Zug befehlen sollen, das Fahrzeug unter Feuer zu nehmen? Nein, sagte er sich. Es war besser, sie konzentrierten sich auf ihr Einsatzziel.
    Sie durchquerten drei Weiler, die Woody auf seiner Karte identifizierte. Hin und wieder bellte ein Hund, aber niemand ließ sich blicken. Ohne Zweifel hatten die Franzosen während der Besatzung gelernt, sich nur um ihre eigenen Angelegenheiten zu kümmern. Es war gespenstisch, im Dunkeln bis an die Zähne bewaffnet über fremde Straßen zu gehen, vorbei an stillen Häusern, in denen Menschen schliefen, die nicht ahnten, welche tödliche Feuerkraft an ihren Fenstern vorbeizog.
    Endlich erreichten sie den Ortsrand von Église-des-Sœurs. Woody befahl eine kurze Ruhepause. Die Männer drangen in eine kleine Baumgruppe vor und setzten sich auf den Boden. Sie tranken aus den Feldflaschen und aßen Rationen. Rauchen erlaubte Woody ihnen noch immer nicht: Die Glut einer Zigarette war auf erstaunlich große Entfernung zu sehen.
    Die Straße, auf der sie sich befanden, führte direkt zur Brücke. Leider gab es keine genauen Informationen darüber, wie die Brücke geschützt war. Aber das alliierte Oberkommando hatte sie als wichtig eingestuft; deshalb nahm Woody an, dass die Deutschen der gleichen Ansicht waren. Und das wiederum ließ den Schluss zu, dass die Brücke gesichert wurde. Wie schwer, ließ sich allerdings nicht sagen; es konnte sich um einen Mann handeln, aber auch um einen ganzen Zug. Deshalb konnte Woody den Angriff nicht planen, ehe er das Ziel sah.
    Nach zehn Minuten befahl er den Weitermarsch. Er brauchte die Männer nicht aufzufordern, still zu sein; sie spürten die Gefahr. Leise folgten sie der Straße, vorbei an Häusern, Läden und der Kirche. Sie hielten sich am Straßenrand, spähten in das spärliche Licht und zuckten beim kleinsten Geräusch zusammen. Als einmal lautes Husten aus einem offenen Schlafzimmerfenster drang, hätte Woody beinahe seinen Karabiner abgefeuert.
    Église-des-Sœurs war eher ein großes Dorf als eine kleine Stadt, und Woody entdeckte das silbrige Glitzern des Flusses rascher, als er erwartet hatte. Er hob die Hand – der Befehl an alle, stehen zubleiben. Die Hauptstraße führte leicht abschüssig zur Brücke, und er hatte gute Sicht. Der Fluss war ungefähr hundert Fuß breit; die Brücke überspannte ihn in einem einzigen Bogen. Sie schien alt zu sein, denn sie war so schmal, dass zwei Fahrzeuge nicht aneinander vorbeigekommen wären.
    Dummerweise standen an beiden Enden Bunker, Betonklötze mit waagerechten Schießscharten. Zwischen den Bunkern patrouillierten zwei Posten auf der Brücke, einer an jedem Ende. Der Posten, der Woody und seinen Leuten näher war, stand gerade vor dem Bunker und sprach durch die Schießscharte; vermutlich unterhielt er sich mit jemandem im Bunkerinnern. Dann gingen beide Posten langsam zur Mitte der Brücke und blickten über die Brüstung ins schwarze Wasser. Sie schienen nicht sonderlich angespannt zu sein; Woody vermutete, dass sie noch nichts vom Beginn der Invasion gehört hatten. Aber sie wirkten auch nicht nachlässig; sie waren wachsam, ständig in Bewegung und blickten immer wieder um sich.
    Woody konnte nicht sagen, wie viele Männer sich in den Bunkern verschanzt hatten und wie schwer sie bewaffnet waren. Waren hinter den Schießscharten nur Gewehre? Oder hatte man dort MG s in Stellung gebracht? Das war ein gewaltiger Unterschied.
    Woody wünschte sich, er besäße Gefechtserfahrung. Wie sollte er mit dieser Situation umgehen? Wahrscheinlich gab es viele Männer, denen es ähnlich erging wie ihm – frischgebackene Lieutenants, die sich etwas einfallen lassen mussten, ohne auf den Rat erfahrener Kameraden zurückgreifen zu können. Aber das war ein schwacher Trost. Wenn doch nur Sergeant Defoe da wäre!
    Am einfachsten schaltete man einen Bunker aus, indem man sich anschlich und eine Handgranate durch eine Schießscharte warf. Ein entschlossener, mutiger Mann konnte sich wahrscheinlich an den Bunker auf dieser Seite der

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