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Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Titel: Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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gestürzt.«
    »Meinst du diese Geschichte im Ritz-Carlton? Was hat das mit mir zu tun?«
    »Jeder hier mag Dave Rouzrokh, auch wenn er ein Perser ist oder so was. Und sie glauben nicht, dass er jemanden vergewaltigen würde.«
    »Das habe ich auch nie behauptet.«
    »Ich weiß.« Charlie wusste weder ein noch aus.
    Die Leute starrten Daisy nun offen an, allen voran Victor Dixon, Dot Renshaw und Chuck Dewar.
    »Aber mir geben sie die Schuld, nicht wahr?«, fragte Daisy.
    »Dein Vater hat etwas Schreckliches getan«, erwiderte Charlie.
    Daisy zitterte vor Angst. Ihr Triumph konnte ihr doch nicht in letzter Sekunde aus den Fingern gleiten? »Was willst du mir sagen, Charlie? Sprich es aus, um Himmels willen.«
    Eva legte Daisy begütigend einen Arm um die Taille.
    »Mutter sagt, es ist unverzeihlich.«
    »Was soll das heißen, unverzeihlich?«
    Charlie musterte sie mit kummervoller Miene. Er brachte es nicht über die Lippen.
    Aber das brauchte er auch nicht. Daisy wusste, was er sagen würde. »Es ist aus, nicht wahr?«, fragte sie. »Du gibst mir den Laufpass.«
    Er nickte.
    »Daisy, wir müssen gehen.« Ihrer Mutter standen Tränen in den Augen.
    Daisy sah sich um. Mit erhobenem Kinn starrte sie ihre Feinde an: Dot Renshaw, der ihre boshafte Freude anzumerken war; Victor Dixon, aus dessen Gesicht Bewunderung sprach; Chuck Dewar, dessen Mund in beinahe kindlichem Schock offen stand, und seinen Bruder Woody, auf dessen Miene sich Mitgefühl zeigte.
    »Zum Teufel mit euch allen«, verkündete Daisy. »Ich fahre nach London und tanze mit dem König.«

K A P I T E L  3
    1936
    Es war ein sonniger Samstagnachmittag im Mai 1936, und für Lloyd Williams ging das zweite Jahr in Cambridge zu Ende, als zwischen den weißen Säulengängen der alten Universität der Faschismus sein hässliches Haupt erhob.
    Lloyd gehörte dem als »Emma« bekannten Emmanuel College an und studierte Deutsch und Französisch, aber Deutsch bevorzugte er. Wenn er sich in die großartige deutsche Kultur vertiefte und an seinem Tisch in der stillen Bibliothek Goethe, Schiller, Heine und Thomas Mann las, schmerzte es ihn umso mehr, dass das Deutsche Reich in Barbarei versank.
    Dann gab die Ortsgruppe der British Union of Fascists bekannt, dass ihr Führer, Sir Oswald Mosley, in Cambridge vor einer Versammlung sprechen werde. Die Neuigkeit versetzte Lloyd um drei Jahre zurück nach Berlin. Er sah wieder vor sich, wie die Braunhemden die Redaktion verwüsteten, in der Maud von Ulrich arbeitete. Wieder hörte er Hitlers raue, hasserfüllte Stimme, als er vor dem Reichstag sprach und die Demokratie mit Hohn übergoss. Wieder erschauerte er bei der Erinnerung, wie die Hunde sich mit blutigen Schnauzen in Jörg Schleicher verbissen, der einen Eimer über dem Kopf trug.
    Lloyd stand am Bahnhof von Cambridge auf dem Bahnsteig und wartete auf seine Mutter, die mit dem Zug von London kam. Ruby Carter, ebenfalls Aktivistin in der Labour Party, begleitete ihn. Sie hatte ihm geholfen, die heutige Sitzung zum Thema Die Wahrheit über den Faschismus zu organisieren. Lloyds Mutter, Eth Leckwith, deren Buch über Deutschland ein großer Erfolg gewesen war, sollte als Rednerin auftreten. Bei der Parlamentswahl von 1935 hatte sie wieder kandidiert und war erneut zur Abgeordneten für Aldgate gewählt worden.
    Lloyd sah der Sitzung mit Sorge entgegen. Mosleys neuer Partei waren Tausende Mitglieder zugelaufen, was sie der begeisterten Unterstützung durch die Daily Mail mit der infamen Schlagzeile »Ein Hoch auf die Schwarzhemden!« verdankte. Mosley war ein charismatischer Redner und würde heute ohne Zweifel neue Mitglieder werben. Deshalb war es von entscheidender Wichtigkeit, dass seinen verführerischen Lügen das strahlende Licht der Vernunft entgegengehalten wurde.
    Ruby war in Plauderlaune und beschwerte sich über das gesellschaftliche Leben in Cambridge. »Die jungen Männer hier langweilen mich zu Tode«, erklärte sie. »Sie wollen nichts anderes als abends in den Pub gehen und sich betrinken.«
    Lloyd war überrascht. Er hatte immer geglaubt, Ruby hätte ein ausgefülltes Privatleben. Sie trug preiswerte Kleidung, die immer ein wenig eng saß und ihre üppigen Rundungen betonte. Die meisten Männer müssten sie doch attraktiv finden, dachte er.
    »Was unternimmst du denn gerne?«, fragte er. »Außer Parteiversammlungen zu organisieren.«
    »Ich liebe Tanzen.«
    »An Partnern kann es dir doch nicht mangeln. An der Universität kommen zwölf Männer auf

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