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Winter der Zärtlichkeit

Winter der Zärtlichkeit

Titel: Winter der Zärtlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Miller
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„Dann muss es Liam gewesen sein“, mutmaßte er.
    „Er schläft“, gab Sierra zurück. Da der Kaffee, den sie vorhin gekocht hatte, noch immer heiß war, schenkte sie zwei Becher ein und warf einen nervösen Blick auf den Geschirrschrank. Sie hätte es gesehen, wenn Liam die Treppe hinuntergekommen wäre. Doch selbst wenn nicht, war er zu klein, um an die Kanne zu kommen. Dafür hätte er sich einen Stuhl heranziehen müssen, und sie hätte die Schiebegeräusche gehört. Außerdem hätte Liam den Stuhl anschließend nicht mehr zurückgestellt, wie es nun mal seine Art war.
    Mit einem Kopfnicken nahm Travis die Tasse, die Sierra ihm reichte, entgegen und trank einen Schluck. „Dann haben Sie sie eben selbst weggestellt“, beruhigte er sie. „Und es einfach vergessen.“
    Sierra setzte sich auf den Stuhl direkt neben den Küchenofen, in dem ein tröstliches Feuer brannte. Travis machte es sich in ihrer Nähe auf der Bank gemütlich.
    „Ich weiß, dass ich es nicht war.“ Nervös knabberte sie an ihrer Unterlippe.
    Einige Sekunden lang konzentrierte Travis sich auf seinen Kaffee, dann sah er ihr wieder ins Gesicht. „Es ist ein merkwürdiges Haus“, sagte er.
    Cooles Haus, hatte Liam gleich nach ihrer Ankunft gesagt, aber es spukt. „Was meinen Sie damit?“, fragte sie.
    „Meg wird mich umbringen, wenn ich es Ihnen sage“, erwiderte Travis.
    „Wie bitte?“
    „Sie will Ihnen keine Angst machen.“
    Mit gerunzelter Stirn wartete Sierra ab.
    „Das hier ist ein guter Ort“, erklärte Travis und ließ den Blick liebevoll durch die heimelige Küche wandern. Offenbar hatte er schon viel Zeit hier verbracht. „Obwohl manches Mal seltsame Dinge geschehen.“
    Sierra hörte wieder Liams Stimme. Ich habe ein Kind oben in meinem Zimmer gesehen.
    Sie schüttelte den Gedanken ab. „Unmöglich“, murmelte sie.
    „Wenn Sie es sagen“, erwiderte Travis leutselig.
    „Was für .komische Dinge“ geschehen in diesem Haus?“
    Als Travis lächelte, überkam Sierra auf einmal das Gefühl, dass er sich um sie kümmerte, sie auf geschickte Weise lenkte wie zuvor das Pferd. „Von Zeit zu Zeit kann man hören, wie das Klavier von selbst spielt. Oder man betritt ein Zimmer und hat das Gefühl, an jemandem vorbeizugehen, obwohl man allein ist.“
    Wieder erschauerte Sierra, aber dieses Mal nicht wegen der eisigen Januartemperaturen. In der Küche war es wohlig warm. „Ich wüsste es sehr zu schätzen, wenn Sie vor Liam nicht so einen Quatsch erzählen würden. Er ist ... leicht zu beeindrucken.“
    Travis hob eine Augenbraue.
    Seltsamerweise verspürte Sierra auf einmal das Bedürfnis, ihm zu erzählen, dass Liam einen Jungen in seinem Zimmer gesehen hatte. Aber sie brachte es nicht übers Herz. Sie wollte nicht, dass Travis Reid oder irgendwer sonst dachte, dass Liam ... anders war. Das hörte er oft genug von anderen Kindern, weil er überdurchschnittlich intelligent war, und sein Asthma machte die Sache auch nicht einfacher.
    „Ich habe die Teekanne vermutlich selbst zurückgestellt“, sagte Sierra schließlich. „Und es dann vergessen. Genau wie Sie sagten.“
    Doch Travis wirkte nicht überzeugt. „Sicher“, sagte er.
     

1919
     
    Tobias trug den Brief zum Tisch. Doss hatte es sich in dem Sessel gemütlich gemacht, den jeder als Holts Sessel betrachtete.
    „Sie haben dreihundert Stück Vieh gekauft“, erklärte der Junge seinem Onkel stolz und reichte ihm das Papier. „Und haben es den ganzen Weg von Mexiko nach San Antonio transportiert.“
    Sein Onkel lächelte. „Wirklich?“ Im Licht der Petroleumlampe wirkten seine eisblauen Augen viel wärmer. Das Haus hatte inzwischen zwar Strom, aber Hannah versuchte, damit so sparsam wie möglich umzugehen. Die letzte Rechnung hatte über einen Dollar für gerade mal zwei Monate betragen. Diese hohe Summe hatte sie entsetzt.
    Energisch drehte sie sich wieder zum Herd, hob das Kinn ein wenig und stieß mit dem Holzlöffel fest in den Kuchenteig. Offensichtlich kam es Tobias nicht in den Sinn, dass sie den Brief vielleicht auch gern gelesen hätte. Immerhin war auch sie eine McKettrick, wenn auch nur eine angeheiratete.
    „Wie es scheint, hat Mutter und Vater der Büffel sehr gefallen, den du für sie geschnitzt hast“, bemerkte Doss, nachdem er den Brief zur Seite gelegt hatte. „Hier steht, es sei das schönste Weihnachtsgeschenk, das sie je bekommen haben.“
    Tobias strahlte vor Stolz. Er hatte den ganzen Herbst an dem Büffel gearbeitet. Selbst im

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