Winter - Erbe der Finsternis (German Edition)
Narbe.
»Wissen Sie eigentlich … Erinnern Sie sich an den ersten Pakt? Wollen Sie wirklich, dass sich das alles wiederholt?«
Sie starrten sich lange an, dann wandte Susan ihren Blick ab.
»Dies kann aber nicht die Lösung sein«, beharrte sie.
Die Lippen des Exekutors formten sich zu einem lakonischen Lächeln.
»Sie brauchen sich jedenfalls keine Sorgen zu machen. Man wird das Mädchen ab jetzt keiner Gefahr mehr aussetzen. Und wenn ich das Vertrauen des Paters nicht ganz verlieren will, muss auch ich in Zukunft achtgeben …«
Susan fuhr sich mit der Hand durch das Haar. Sie hätte es vorgezogen, ihn für wahnsinnig zu halten, für einen brutalen Mörder ohne Moral.
»Manchmal wünschte ich mir, Sie einfach anzeigen zu können, Rhoser. Ihr verdammtes Spiel aufzudecken und danach so zu tun, als wäre nichts geschehen.«
»Tun Sie das, Bray«, murmelte der Exekutor mit müder Stimme, »wenn Sie das für die beste Lösung halten.«
Sie seufzte bitter.
»Sie wissen genau, dass ich es nicht tun werde. Und nicht nur, weil Sie mich mit hineinziehen würden, sondern weil ich Ihnen inzwischen glaube, Rhoser. Leider glaube ich Ihnen.«
Der Mann nickte langsam.
»Dann finden Sie Beweise, Susan«, sagte er und ging zur Tür. »Jetzt. Wir werden keine bessere Gelegenheit mehr haben.«
Susan Bray fühlte sich plötzlich um hundert Jahre gealtert. Mit raschen, energischen Schritten kehrte sie in Fennahs Büro zurück und begann, in den Schubladen zu wühlen.
Sie konnte sich noch nicht erlauben zusammenzubrechen.
»Chiplin!«
Es fehlten nur noch wenige Minuten bis zum Beginn des Unterrichts, als Gareth auf dem Korridor hörte, dass jemand seinen Namen rief.
Es war Cameron Farland, und Trevor drehte sich um und starrte ihn an, als sei er ein Gespenst.
Es war offensichtlich, dass er sich fragte, was ein Nox wohl von seinem Freund wollte.
»Geh schon mal vor, ich komme gleich, Trevor!«, sagte Gareth, ließ ihn stehen und rannte zu Cameron.
Sie stellten sich vor ein großes Fenster und Gareth musterte den Nox aufmerksam, mit dem üblichen Argwohn.
Cameron Farland wirkte sogar noch nervöser als Gareth. Sein Kiefer war angespannt, die Stirn gerunzelt.
»Vaughan ist nach London gefahren«, verkündete er, ohne Zeit zu verlieren. »Rhys und Winter sind von den Wächtern des Ordens aufgegriffen worden …«
Gareth zog die Augenbrauen hoch, dann schien sein ganzer Körper einzufrieren.
»Was haben sie ihr getan?«, fragte er und sein Mund wurde trocken.
»Man hat sie in den Kerker gebracht.«
W inter war völlig erschöpft und taumelte, doch jemand stützte sie freundlich und half ihr, sich zu setzen.
Gräuliche Blüten tanzten vor ihren Augen und ihr Kreislauf pumpte wutentbrannt Blut ins Gehirn.
Darran Vaughan hielt ihr ein Glas Wasser an die Lippen und betrachtete sie gedankenverloren.
Winter trank. Die Kühle tat ihr gut. Ihre Augen brannten, ihr ganzer Körper glühte, stärker als bei jeder Fieberhitze.
Sie war noch nie so verstört und erschrocken gewesen, doch irgendwie auch fast erleichtert. Wenn erst dieser Nebel verschwand, würde die Erinnerung zurückkommen an das, was passiert war.
Die MACHT hatte sie vollständig blind gemacht, war in einem Gewaltausbruch aus ihr herausgeschossen …
Sie drückte die Augen zu, um die quälenden Bilder zu verjagen, und als sie sie wieder aufschlug, war der graue Schleier über dem Raum verschwunden.
»Rhys …«, murmelte sie. Es war der einzige klare Gedanke in dem irrsinnigen Strudel.
Ihre Stimme war ganz schwach. Sie konnte sie selbst kaum hören.
Der Lehrer setzte sich neben sie, und ein unbekannter Vampir lächelte ihr sanft zu. Seine Erscheinung deutete auf eine hohe Stellung.
»Er wird in ein paar Tagen nach Cae Mefus zurückkehren.«
Der Vampir kauerte nieder, um in Augenhöhe mit ihr zu sprechen.
»Ich bin Alaric Lochinvar«, stellte er sich ganz schlicht vor. Der Großmeister, als sei das eine Selbstverständlichkeit.
»Du hast denselben Blick wie dein Vater, Winter.«
In seinem Tonfall war eine liebevolle Nuance. Winter schaute ihn an, fast gar nicht erstaunt. Seine Worte drangen jedoch immer noch nicht ganz zu ihr durch, der lauernde Schmerz war zu groß.
»Kannten Sie ihn?«
Der Vampir ließ ein wohlklingendes Lachen ertönen, und sie musterte ihn aufmerksam, als er mit einem rätselhaften Gesichtsausdruck nickte.
»Ja. Er war mein bester Schüler. Nichts für ungut, Darran. Er sollte mein Nachfolger werden … Doch dann hat er
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