Winter - Erbe der Finsternis (German Edition)
sich in deine Mutter verliebt, die keine Vampirin war.«
Winter wurde erneut von Schwindel ergriffen. Die Albträume, die sie in ihren Nächten gequält hatten, kamen ihr in den Sinn.
Ein großer Raum im Dämmerlicht. Eine hohe, dunkle Zimmerdecke, Damasttapeten.
Ein Mann und eine Frau sprachen miteinander, ihre Stimmen ein trauriges Flüstern.
Ihr Vater und ihre Mutter.
Nein
, sagte sie sich immer wieder,
nein, nein. Nein!
Sie wollte es laut und deutlich hören.
»Morgan Soldier war ein Vampir?«
Der Großmeister seufzte.
»Soldier war sein Titel innerhalb des Ordens, mein Kind. Dein Vater hieß Morgan Blackwood.«
Er hob den Kristallanhänger vom Boden auf und reichte ihn Winter, und ein Hauch Melancholie verschleierte seinen Blick.
»Mit deinem Amulett hat er hervorragende Arbeit geleistet. Ohne den Anhänger hättest du niemals überlebt.«
Noch ein Albtraum: die silberne Kette, die ihr aus den Fingern glitt. Anstelle der Kristallkugel hing ein Schlüssel daran.
Er war immer da gewesen, bei ihr. Als sie in der Kellerwohnung der Sin-derella in Rhys’ Armen lag, war sie der Wahrheit so nah gewesen, fast hätte sie begriffen …
Der Raum war in ein dumpfes Schweigen getaucht, selbst die Mauern schienen von Verzweiflung erfüllt zu sein. Es war schrecklich, unerträglich.
Winter wünschte sich zu fliehen.
Jede Faser ihres Körpers vibrierte vor Angst, Zorn, Traurigkeit. Sie wollte weglaufen, wie sie es ein Leben lang getan hatte, dem Albtraum entfliehen, der grausamen Erinnerung, wie sie Morgan und Elaine zum letzten Mal gesehen hatte. Sich selbst entfliehen.
»Du musst stolz sein auf das, was du bist, mein Kind«, sagte Alaric Lochinvar. »Die vereinte MACHT des Ordens und der Familien, die in deinen Adern fließt, macht dich einzigartig und kostbar. Und auch wenn Morgan und Elaine unser ältestes Tabu gebrochen haben, indem sie dich zur Welt brachten, bist du dennoch gewissermaßen die Quintessenz unseres Pakts.«
Ein einziges lebhaftes Geräusch war in dem Raum zu hören, ein langsames, rhythmisches Knarren von Holz.
Der Rhythmus wurde langsamer.
Morgan Blackwood hatte die Hand auf die Holzwiege gelegt und stieß sie sanft an. Das Hin- und Herschwingen begann von Neuem und Winters Blick trübte sich bei der Betrachtung des langsamen Schaukelns der hohen Zimmerdecke über ihr.
Ihre Mama hatte grüne Augen und lächelte. Sie hatte sich genähert und Winter war in ihrem Blick versunken, auf der Suche nach Trost.
Die Frau hatte Winters Wangen liebkost, mit einer zärtlichen Geste, und etwas Spannung war von ihr abgefallen.
Aeron Fennahs schneidendes Gelächter riss sie aus ihrer Vergangenheit.
»Ganz richtig, Lochinvar«, stimmte er sarkastisch zu. »Sie ist die Quintessenz unseres Pakts und der Grund für die Vernichtungen, die zu ihm geführt haben.«
Der Tod ihrer Eltern …
Vor Winters Augen drehte sich alles, jetzt wusste sie, wie das Ende des Albtraums aussah.
Es waren ihre frühesten Erinnerungen: Sie sah erneut den letzten Kuss, den ihre Eltern sich gegeben hatten.
Mehrere Personen waren in den Raum eingedrungen, und ihre Worte waren für sie damals nichts als ein sinnloses Stimmengewirr gewesen, das ihrer Mutter einen unterdrückten Angstschrei entlockt hatte.
Morgan Blackwood kämpfte. Und sein Gegner war Iago Rhoser, der Exekutor.
Im letzten Moment hatten starke Hände Winter mit arglistiger Freundlichkeit aus der Wiege gehoben und weggebracht, weg von ihren Eltern …
Fennah durchbohrte sie mit einem glühenden Blick.
»Dein Leben gehört uns, Winter Blackwood Starr«, sagte er streng, »vergiss das nie. Der Rat war es, der dir ermöglicht hat, nach dem Tod deiner Eltern weiterzuleben. Obwohl sie einen Konflikt ausgelöst hatten, der Dutzende von Menschen das Leben gekostet hat, und trotz der Gefahr, die du selber darstellst, ohne es zu wissen. Dein zweifaches Erbe und dein Blut, das den Vampiren Macht und Unsterblichkeit schenkt, gehört uns …«
›Nach dem Tod deiner Eltern …‹
Der Rat war es also gewesen, der ihre Eltern umgebracht hatte, in gewissem Sinn. Der sie selbst zu einem Leben im Exil verdammt hatte, fünfzehn Jahre lang. Der jede ihrer Bewegungen kontrolliert hatte, der ihre Großmutter und sie manipuliert hatte wie willenlose Marionetten. Der ihr das Leben gerettet und es dann zerstört hatte.
›Dein Leben gehört uns … Dein Blut, das Macht und Unsterblichkeit schenkt …‹
›Dein zweifaches Erbe …‹
Es kann nicht sein
…
»Die
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