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Winter - Erbe der Finsternis (German Edition)

Winter - Erbe der Finsternis (German Edition)

Titel: Winter - Erbe der Finsternis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Asia Greenhorn
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verabschiedet und war schlafen gegangen, Eleri dagegen hatte, das Handy zwischen Ohr und Schulter eingeklemmt, offenbar noch Public Relations zu erledigen.
    Also kein Familienfilm an diesem Abend. Das zumindest konnte als Verbesserung durchgehen.
    Da nun Ruhe herrschte, blieb ihr nicht viel anderes übrig, als das leere Wohnzimmer in Augenschein zu nehmen.
    Das Haus der Chiplins machte sie neugierig, doch im verzweifelten Versuch, den einzelnen Familienmitgliedern aus dem Weg zu gehen, hatte Winter bisher nicht viele Gelegenheiten gehabt, sich umzusehen.
    Der Kamin faszinierte sie. Als sie klein war und mit ihrer Großmutter in Edinburgh lebte, hatten sie ebenfalls einen Kamin gehabt. Winter erinnerte sich, dass sie abendelang davorgesessen und dem Knistern des Feuers zugeschaut hatten.
    Der Kamin der Chiplins wirkte uralt, und der steinerne Kaminsims war an einigen Stellen rauchgeschwärzt.
    Am Rauchfang hatten ihre Gasteltern gut sichtbar eine Armbrust aus Holz und Metall aufgehängt, die schätzungsweise etwa gleich alt war wie der Kamin.
    Winter betrachtete sie eingehend, vor allem das auf dem Griff eingravierte Wappen. Sie hatte den walisischen roten Drachen erwartet, doch das Bild auf dem Wappen hatte sie noch nie gesehen: eine Sonne auf einem Schild.
    Es war eine winzige, unlackierte Silberplatte, doch die meisterhaft ausgeführte Gravierung war perfekt erkennbar.
    »Magst du Waffen?«
    Von Gareth überrascht, schreckte sie auf.
    Er musste näher gekommen sein, während sie in die Betrachtung der Armbrust versunken gewesen war, und jetzt stand er nur einen Schritt von ihr entfernt.
    Die Intensität, mit der er sie ansah, vermittelte ihr den Eindruck, etwas Falsches getan zu haben.
    »Ich habe noch nie eine Armbrust aus der Nähe gesehen.«
    Er nickte und wandte endlich den Blick von ihrem Gesicht ab.
    »Sie ist sehr alt«, sagte er ernst. »Sie gehört seit Generationen unserer Familie.«
    Er schien mehr mit sich selbst zu sprechen als mit ihr, und Winter sah ihn neugierig an.
    »Gibt es eine Geschichte dazu?«
    »Wie bei allen Dingen, nehme ich an …«, antwortete Gareth zerstreut.
    Er drehte sich vom Kamin weg und setzte sich auf die Armlehne des Sofas.
    »Ich bin bloß gekommen, um zu sehen, wie es dir geht«, sagte er beiläufig und wechselte das Thema.
    Prächtig
, war sie versucht zu antworten,
wie soll es mir schon gehen?
    »Alles in Ordnung«, erwiderte sie stattdessen gleichgültig. »Im Grunde ist das Leben hier gar nicht so übel …«
    Sie warfen sich einen Blick zu. Gareth hatte den üblichen Gesichtsausdruck, selbstsicher und ein bisschen spöttisch.
    »Ich habe überlegt, einen Spaziergang zu machen«, verriet Winter ihm.
    Gareth zog verblüfft die Augenbrauen hoch.
    »Ich meine, es regnet gerade mal nicht … Das muss man ausnutzen.«
    »Vergiss es, Win. Nicht heute Abend. Zu Beginn eines neuen Schuljahres wollen meine Eltern nicht, dass wir zu häufig ausgehen.«
    Winter hörte ihm nur halb zu.
    Er hatte sie Win genannt, nicht Winnie wie ihre Großmutter oder Susan, sondern so wie Madison und die Sin-derella.
    Ob sie wohl langsam Freunde wurden?
    S
ie stand wieder im dunklen Treppenhaus, aber diesmal wollte sie unbedingt zu ihrer Großmutter zurückkehren.
    Ihr schien, als würde ihre Oma sie rufen. Sie lag in ihrem Bett und wartete auf sie, doch Winter konnte nicht zu ihr.
    Die Stufen führten aufwärts, dann abwärts, endlos immer weiter. Ihre Schritte hallten im Treppenhaus wider, ihr Herz pochte wummernd.
    Dann merkte sie, dass sie nicht allein war.
    Bei jeder Kurve kam es ihr vor, als würde jemand sie beobachten. Ein Hauch, der ihr folgte.
    Dais Worte kamen ihr in den Sinn: »Es wird dir gefallen hier …«
    Warum wollte sie dann weg?
    Dann nur noch ein ungeordneter Wirbel aus verschiedenen Orten, die rasch vor ihrem geistigen Auge vorbeizogen: das Rainbow, Camden Town, die Bibliothek von Cae Mefus, die Schule.
    Zuhause.
    Doch Winter konnte nirgendwohin gehen.
    Sie sah die Orte vor einem Autofenster vorbeiziehen, während Eleri draußen etwas sagte, das sie nicht hören konnte.
    Sie wachte auf, müder als am Abend zuvor und völlig schweißgebadet. Sie fühlte sich wehrlos, verletzlich, so als hätten die Schatten des Traums sie bis in ihre Mansarde hinauf verfolgt. Sie führte die Hand an den Hals, um ihre Silberkette zu berühren.
    Das tat sie immer, wenn sie aufgeregt war. Es war seit ihrer Kindheit eine automatische Geste, die ihr Trost gab.
    Als ihre Hand nichts fand, geriet

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