Winter - Erbe der Finsternis (German Edition)
den Unruhen in eurer Ecke des Paradieses?,
hörte er ihn fragen.
Für den Moment herrscht Ruhe, doch die Erregung nimmt zu.
Das erstaunt mich nicht … Die
MACHT
ist unruhig
.
Die Präsenz entschwand und Vaughan wurde in die Gegenwart zurückgeworfen, bevor er um weitere Erklärungen bitten konnte.
Er war unruhig. Lochinvar hatte Pläne, in die er selbst ihn nicht einweihen wollte. Nachdem er ihm ein Leben lang gedient hatte, bekam er zum ersten Mal den Eindruck, ein Werkzeug in seiner Hand zu sein.
Das gefiel ihm gar nicht.
Mit einem Seufzer dehnte er die Muskeln und ging zum Fenster, öffnete es weit und ließ den Wind ins Zimmer wehen.
Er atmete tief durch. Der Himmel war bleiern, wie üblich. Die Luft roch nach Winter und Schnee.
Der Wind, der vom Mount Snowdon herunterblies, hatte Neuschnee nach Cae Mefus gebracht, eine weiße und weiche Decke, in die Winters Füße auf dem Heimweg einsanken. In London hatte sie nie eine solche Eiseskälte erlebt, bei der die Kehle einfror und die in die Knochen fuhr, dass man das Gefühl hatte, sich nie mehr aufwärmen zu können.
Es war erneut ein unergiebiger Tag gewesen. Die Familien achteten sorgsam darauf, ihr Geheimnis zu wahren. Wie im Fall von Lorna und Emma Jones wurden sämtliche Ereignisse, in die sie involviert waren, sehr geschickt vertuscht.
Angriffe von Tieren, Raubüberfalle mit tragischem Ausgang, banale Unfälle.
Winter war immer noch damit beschäftigt, das Knäuel der Informationen zu entwirren, aber mit wenig Erfolg.
Sie seufzte, und ein Schneeball traf ihre Jacke.
Sie drehte sich verblüfft um und ertappte Gareth, der sich gerade bückte, um Nachschub aufzuheben.
Blitzschnell griff sie ihrerseits nach einer Handvoll Schnee, und ihr Wurf traf ihn unvorbereitet.
Gareth schleuderte einen weiteren Schneeball und Winter bückte sich, um dem Geschoss auszuweichen.
»Na warte, jetzt bist du dran …«, warnte sie ihn lachend.
Der Junge lief die Wiese neben der Straße hinunter und Winter verfolgte ihn.
»Du hast keine Chance!«, hörte sie ihn rufen.
Winter wich erneut einem Schneeball aus und rannte noch schneller. Ihre Schritte gewöhnten sich rasch an die weiße, dichte Schneedecke und sie beschleunigte das Tempo.
In wenigen Sekunden erreichte sie Gareth, und durch den Aufprall fielen beide zu Boden.
»Ich hab dich!«, verkündete Winter und drückte ihn in den Schnee.
Mit einem herausfordernden Lächeln packte Gareth sie um die Taille und zog sie zu sich herunter. Winter konnte gerade noch rechtzeitig seitlich wegrutschen.
Sie griff mit den Handschuhen in den Schnee und schleuderte eine Handvoll nach ihm.
Ihr Lachen ertönte hell und klar, ein schöner Klang. Sie lagen nebeneinander im Schnee, durchnässt und außer Atem, und schauten sich an.
Die nassen Haare des Mädchens klebten an den geröteten, vom Laufen und dem Gerangel erhitzten Wangen. Ausnahmsweise war ihr Blick heiter und Gareth fühlte, dass es ihn beinahe zum Erröten brachte.
Kalte weiße Flocken fielen auf sie nieder, und er betrachtete Winter, die den Mund öffnete und nach ihnen schnappte.
»Winter …«, flüsterte er, mehr an sich selbst als an sie gerichtet.
»Was ist?«, fragte sie belustigt.
Gareth hauchte eine weiße Atemwolke aus.
»Nichts. Außer dass du Winter heißt, wie der Winter …«
Die leichte Röte, die er vor ihr zu verbergen versucht hatte, stieg ihm ins Gesicht, und sie konnte ein erneutes Lachen nicht zurückhalten.
»Es ist doch ein Name wie jeder andere«, erwiderte sie. »Etwas seltener vielleicht …«
Gareth wartete, bis ein paar Schneeflocken sich auf seiner Handfläche niedergelassen hatten.
»Er passt aber gut zu dir«, fügte er hinzu.
»Danke.«
Er stand auf und reichte ihr die Hand, um sie hochzuziehen. Die Geste hatte nichts Herablassendes, sie war nur liebevoll. Und sie nahm seine Hilfe an.
»Win«, sagte er, als sie wieder auf dem Weg waren und sich immer noch bei der Hand hielten, »was die Familien anbelangt … wollte ich dich fragen … nun ja, bist du immer noch der Meinung, dass du der Sache auf den Grund gehen willst?«
Winter seufzte.
»Das müsstest du eigentlich wissen«, antwortete sie herausfordernd. »Ich meine … Habe ich denn wirklich eine Wahl?«
Der Junge lächelte.
»Na dann«, sagte er, »willkommen zu Hause. Probleme wirst du dir sowieso einbrocken, das ist schon mal klar.«
Winter lachte, glücklich darüber, dass es ihr wieder gelang, und lehnte sich an seine Schulter.
»Du kannst
Weitere Kostenlose Bücher