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Winter People - Wer die Toten weckt: Wer die Toten weckt (German Edition)

Winter People - Wer die Toten weckt: Wer die Toten weckt (German Edition)

Titel: Winter People - Wer die Toten weckt: Wer die Toten weckt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer McMahon
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während er mit den Fingern die Gravierung auf einem schlichten Granitstein nachfuhr. »Hester Jameson. Die war erst neun Jahre alt, als sie gestorben ist. Noch ein Kind. Ganz schön traurig, oder?«
    Seit dem Abend waren sie zusammen. Noch ein Jahr mit Buzz zu verbringen wäre nicht das Schlechteste. Nein, ganz und gar nicht – vor allem in Augenblicken wie diesem, wenn sie nebeneinander in seinem warmen Pick-up saßen, high waren und durch die Dunkelheit rasten, als ob nichts sie aufhalten könnte.
    »Du glaubst doch nicht, dass deine Mom noch wach ist, oder?«, fragte Buzz.
    »Ich will’s nicht hoffen«, gab Ruthie zurück.
    »Mann, die würde echt Hörner kriegen.«
    Ruthie lachte über seine Formulierung, auch wenn ihr klar war, dass er recht hatte.
    Es war nicht bloß ihre Mutter – alle in der Stadt machten sich die ganze Zeit Sorgen, waren überhaupt nicht entspannt und bestanden darauf, dass ihre Kinder nachts nicht das Haus verließen. Seit Anfang Dezember wurde ein sechzehnjähriges Mädchen namens Willa Luce vermisst. Sie war auf dem Heimweg vom Haus einer Freundin gewesen, die nur eine halbe Meile entfernt wohnte. Erst wenige Tage davor hatte man zwei Schafe und eine Kuh mit aufgeschlitzten Kehlen gefunden. Und dann waren da natürlich noch die anderen, länger zurückliegenden Fälle: 1952 war ein Junge spurlos verschwunden, nachdem seine Freunde gesehen hatten, wie er in eine Höhle gekrochen war, die hinterher niemand mehr wiederfand. 1973 war es dann ein Jäger, der den Anschluss an seine Jagdgesellschaft verlor und nie wieder im Zeltlager auftauchte. Der berühmteste Fall war der einer Studentin aus dem Jahre 1982 , die mit ihrem Freund wandern gewesen war. Irgendwann kam der Freund allein aus dem Wald zurück, blutüberströmt und völlig verstört. Er war nicht in der Lage zu erklären, was passiert war. Er wurde wegen Mordes angeklagt, allerdings fand man nie eine Leiche. Am Ende wurde er für verrückt erklärt und in eine psychiatrische Klinik eingewiesen.
    Das West-Hall-Dreieck nannten die Leute die Gegend. Es gab Gerüchte über satanische Kulte, einen wahnsinnigen Killer, ein Tor zu einer anderen Dimension und natürlich über Außerirdische, an die auch Buzz und seine Freunde glaubten.
    Ruthie hielt das alles für kompletten Schwachsinn. Sie wusste nicht genau, was es mit den getöteten Tieren auf sich hatte, aber wahrscheinlich gingen die auf das Konto irgendwelcher Teenager, die aus Langeweile Mist gebaut hatten. Der kleine Junge und der Jäger hatten sich vermutlich in dem riesigen Waldgebiet verirrt. Man verliert die Orientierung, beginnt zu frieren, sucht einen Ort, an dem man es halbwegs warm hat, und bevor man es sich versieht, schleifen Kojoten die Knochen weg. Der Student war ganz offensichtlich durchgedreht und hatte seine Freundin ermordet – tragisch, aber so was kam vor.
    Und Willa Luce, na ja, die war an besagtem Abend wahrscheinlich einfach immer weiter gegangen, bis zum Highway, und da hatte sie sich von einem Trucker mitnehmen lassen, der nach Westen fuhr oder wohin auch immer, Hauptsache weg. Hatte Ruthie nicht selbst jahrelang davon geträumt, genau das zu tun? Welchem Teenager in West Hall ging es anders? Hier gab es einfach nichts, weswegen es sich zu bleiben gelohnt hätte – der kleinste Supermarkt der Welt, ein Postamt, ein Eisenwarenladen, ein Buchladen, ein überteuertes Café und ein heruntergekommener Tanzsaal, der meistens nur für die Bingo-Abende alter Damen oder hin und wieder mal für einen Hochzeitsempfang genutzt wurde. Das spektakulärste Ereignis der Woche war der Bauernmarkt am Samstag.
    Sie nahm Buzz’ Hand und verschränkte ihre Finger mit seinen. Sie waren rau und schwielig und immer schwarz von der Schmiere, ganz egal, wie oft er sie wusch. Sie musterte ihn im trüben Schein des Armaturenbretts – die tief in die Stirn gezogene Baseballkappe mit dem Aliengesicht vorne drauf, seine zusammengekniffenen Augen, die fest auf die verschneite Straße gerichtet waren, die zerschlissene Carhartt-Jacke mit den Taschen voller Buzz-Utensilien: Zigaretten, Feuerzeug, Leatherman, Stirnband, Mini-Feldstecher, Taschenlampe, Handy.
    Diese Momente liebte sie am meisten, wenn sie zu zweit in seinem Pick-up unterwegs waren. Manchmal fuhr er mit ihr in die Berge, um nach UFO s Ausschau zu halten. Sie saßen dann stundenlang im Wagen, teilten sich eine Thermoskanne Kaffee mit Schuss oder ein Sixpack Long Trail, und er erzählte ihr, was sein bester Freund Tracer

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