Winter People - Wer die Toten weckt: Wer die Toten weckt (German Edition)
Jahren gestorben oder weggezogen.«
»Es gibt also wirklich keine weiteren Bücher über sie?«
Der Mann schüttelte bedauernd den Kopf. »Eigentlich erstaunlich, wenn man bedenkt, dass ihre Geschichte der ideale Stoff für einen Hollywood-Film ist – Herzschmerz, dunkle Geheimnisse, Untote, blutige Mordtaten. Aber die Einzigen, die jemals zu mir kommen und sich nach ihr erkundigen, sind Studenten, Leute mit einem Faible fürs Okkulte oder hin und wieder mal ein komischer Vogel, der sich für die blutigen Einzelheiten interessiert.« Er taxierte sie, als versuche er zu entscheiden, welcher Kategorie sie angehörte.
»Was können Sie mir denn über sie so erzählen?«, fragte Katherine.
»Was möchten Sie denn gerne wissen?« Ein merkwürdiges Glitzern trat in seine Augen, als hätte er eine Fangfrage gestellt.
Sie überlegte kurz. Was wollte sie wissen? Warum hatte sie sich die Mühe gemacht, durch die Kälte zu laufen, um etwas über eine Frau zu erfahren, von der sie bis gestern noch nie gehört hatte?
Da war dieses Gefühl, das sich immer dann einstellte, wenn sie arbeitete und ihr plötzlich das fehlende Element einfiel, durch das sich alles zusammenfügte: ein Kribbeln im Nacken, eine Art verrückter Rausch, der sich in ihrem ganzen Körper ausbreitete. Sie hatte keine Ahnung, welche Rolle Sara Harrison Shea, der Ring oder das von Gary versteckte Buch spielen würden, aber sie wusste, dass dies hier wichtig war, dass sie sich ihm überlassen und abwarten musste, wohin es sie führte.
»In dem Buch steht, dass einige Tagebuchseiten verschollen sind – die, die sie unmittelbar vor ihrem Tod geschrieben hat. Wurden sie je gefunden?«
Der Mann schüttelte den Kopf. »Leider nicht. Man weiß nicht mal, ob sie wirklich existiert haben. Saras Nichte Amelia Larkin hat zwar behauptet, dass einige Seiten aus dem Tagebuch fehlten, allerdings ist es ihr nie gelungen, sie ausfindig zu machen. Sie hat auf der Suche nach ihnen Saras gesamtes Haus auf den Kopf gestellt, aber wahrscheinlich wurden sie entweder vernichtet, oder es hat sie von vorneherein gar nicht gegeben.«
Er nahm seine Brille ab und polierte sie flüchtig. »Natürlich kursieren jede Menge Gerüchte über die verschollenen Seiten und ihren Inhalt. Manche behaupten, dass sie die Seiten gesehen hätten oder dass sie schon vor Jahren für über eine Million Dollar auf einer geheimen Auktion versteigert worden seien.«
Katherine lachte. »Warum um alles in der Welt sollte jemand für ein paar Tagebuchseiten eine Million Dollar bezahlen?«
Der Buchhändler lächelte schlitzohrig. »Sie haben das Buch doch gelesen, oder nicht? All die Einträge über Schlafende? Man munkelt, Sara Harrison Shea habe sehr detaillierte Anweisungen hinterlassen, wie man Tote wieder zum Leben erwecken kann.«
»Oh.«
»Ich weiß. Absurd, nicht wahr? Aber die Menschen glauben eben, was sie glauben wollen. Hab ich recht? Wie auch immer, selbst wenn sie tatsächlich im Besitz dieses Wissens war, genutzt hat es ihr nichts. An sich selbst kann man den Zauber nämlich offenbar nicht vollziehen.«
»Und ihr Ehemann hat sie ermordet?«
»Nun, darüber lässt sich streiten«, gab er zurück.
»Lässt sich das?«, hakte Katherine nach und beugte sich dichter zum Ladentisch.
»Es gab nie einen Prozess oder auch nur eine richtige Ermittlung, dementsprechend haben wir nur wenige handfeste Fakten. Es gibt keinerlei Unterlagen – alles basiert auf mündlicher Überlieferung. Was wir wissen, ist, dass Martins Bruder Lucius Shea, der Arzt des Ortes, am besagten Abend wie vereinbart zum Haus der beiden kam. Sara war in schlechter Verfassung, und er sah regelmäßig nach ihr. Bei seiner Ankunft fand er die Haustür sperrangelweit offen vor, Martin und Sara allerdings waren nicht da. Er ging ums Haus herum und fand die beiden schließlich auf dem Acker. Sara war …« Er hielt inne und senkte den Blick auf die lackierten Dielen.
Katherine sah ihn auffordernd an.
»Nur zu«, forderte sie ihn auf. »Ich bin nicht zimperlich.«
Er holte tief Luft. »Ihr war die Haut abgezogen worden. Martin kniete blutüberströmt neben ihr. Er hatte ein Gewehr in der Hand und stammelte zusammenhangloses Zeug. Wissen Sie, was seine letzten Worte waren? Er sagte seinem Bruder, dass nicht er es getan habe – sondern Gertie.«
Im ersten Moment bekam Katherine vor Erstaunen den Mund nicht mehr zu. »Die Tochter? Aber die war doch tot, oder?«
»Ja, natürlich. Es sei denn … « Der Buchhändler machte
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