Winterfest
Gummistiefel.«
»Trug er eine Kopfbedeckung?«
»Einen altmodischen Südwester.« Ihr fiel noch etwas ein. »Er hatte sein Auto bestimmt oben auf dem Platz geparkt«, sagte sie und zeigte in die Richtung, in der sie ihr eigenes Auto abgestellt hatte. »Jedenfalls stand da mal ein großer, schmutziger Lieferwagen. Ein Transporter oder so was.«
Benjamin Fjeld stellte weitere Fragen und ließ sie das Auto beschreiben. Dann legte er den Schreibblock weg. »Wie lange bleiben Sie hier?«, fragte er.
»Eine Woche.«
Er stand auf. »Okay, dann gehe ich jetzt mal wieder zurück. Rufen Sie mich an oder Ihren Vater, falls Ihnen noch etwas einfällt.« Er legte eine Karte mit seinem Namen und der Telefonnummer auf den Tisch. »Oder falls der Mann mit dem Fernglas noch mal auftaucht.«
Line ließ die Visitenkarte liegen, sie nahm die benutzten Tassen und stellte sie auf die Spüle. »Ich bringe Sie zurück«, sagte sie.
»Das brauchen Sie nicht«, meinte er und zog seine Jacke an.
Line griff nach der Kameratasche, die an einem Haken neben der Tür hing. »Ich glaube, das sieht mein Nachrichtenchef anders«, lächelte sie.
24
Die Teambesprechung war verschoben worden, bis alle zurück waren. Der Einzige, der immer noch fehlte, war Espen Mortensen.
Wisting hatte Christine Thiis über die Mitteilung der Osloer Polizei informiert. Jetzt eröffnete er die Besprechung mit der gleichen Information.
»Leif Malm von der Sektion Nachrichtengewinnung kommt im Laufe des Tages zusammen mit dem V-Mann-Führer zu uns«, schloss Wisting. »Ich möchte Christine Thiis und Nils Hammer bei der Besprechung dabeihaben.«
Die Stimmung am großen Konferenztisch wurde plötzlich optimistisch. Die Ermittler brachten Ideen und Kommentare vor, wie ein fehlgeschlagener Drogendeal zu den bisherigen Ermittlungsergebnissen passen könnte.
»Kommen wir zum Ereignis des Tages«, fuhr Wisting fort und blätterte in seinem Notizblock. »Ein neuer Leichenfund.«
Benjamin Fjeld half ihm, den Projektor einzuschalten. Wisting zeigte die Fundstelle auf der Karte, die auf der Leinwand erschien.
»Per Luftlinie sind es weniger als drei Kilometer bis zu der Hütte, wo am Freitag die erste Leiche gefunden wurde. Zeit und Ort geben allen Anlass zu der Vermutung, dass hier ein Zusammenhang besteht. Außerdem passt das Schuhsohlenprofil des Toten zu den Fußabdrücken in der Hütte.«
»Wissen wir, um wen es sich handeln könnte?«, fragte einer der Ermittler.
Im selben Moment betrat Espen Mortensen den Besprechungsraum und Wisting gab die Frage an ihn weiter.
»Nein«, erwiderte Mortensen und stellte sich an das Ende des Tisches. »Ich habe die Taschen seiner Kleidung durchsucht, ohne etwas zu finden, was uns weiterhilft. Er hatte nur einen einzigen Gegenstand bei sich.« Der Kriminaltechniker legte einen durchsichtigen Asservatenbeutel auf den Tisch. »Ein Foto«, sagte er.
Wisting beugte sich vor und zog den Beutel zu sich heran. Das Foto zeigte eine Frau. Es war etwas größer als ein gewöhnliches Passbild und fleckig vor Nässe. Sie lächelte, ihre Zähne waren ein klein wenig unregelmäßig. Sie war etwa Mitte zwanzig, mit runden Wangen und etwas zu dick aufgetragenem Lippenstift. Ihr Haar war blond und lag in großzügigen Locken auf den Schultern.
»Seine Freundin?«, schlug er vor und gab das Bild weiter.
»Möglich.« Espen Mortensen ging zu Hammer und übernahm den Laptop, der an den Projektor angeschlossen war. »Ich habe gerade eben ein Foto hochgeladen, das sehr interessant ist.«
Die Anwesenden richteten den Blick auf die Leinwand. Wisting erkannte den Kassenzettel vom Vortag, der neben dem Pfad zu der Hüttenanlage gefunden worden war. Gestern war die Tinte verlaufen und die Schrift unleserlich gewesen. Jetzt war der Zettel gefriergetrocknet und bestrahlt von grellem blauem Licht. Die Schrift war immer noch schwer zu lesen, ließ sich aber entziffern.
Es war ein Kassenzettel von der Esso- Tankstelle an der Abfahrt von der E 18 Richtung Larvik. Irgendwer hatte ein Würstchenmenü und eine Schachtel Dent- Pastillen gekauft.
»Von unseren Leuten hat den keiner verloren«, fuhr Mortensen fort. Er ging zu der Leinwand und zeigte auf eine Zeile. »Er ist datiert auf Freitagabend 20.49 Uhr, also eine knappe Stunde bevor uns der Leichenfund gemeldet wurde.«
»Dann muss ihn ja entweder der Täter oder das Opfer ver loren haben!«, stellte Hammer fest. Er erhob sich und steuerte auf die Tür zu. »Ich habe die DVD aus der
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