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Winterfest

Winterfest

Titel: Winterfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jørn Lier Horst
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ist da.«
    Line schüttelte den Kopf. »Ich bleibe in der Hütte.«
    Wisting schloss die Augen und schüttelte den Kopf. Ihm gefiel der Gedanke nicht, dass Line nach dem, was passiert war, allein hier draußen bleiben wollte. Ihr drohte vielleicht keine unmittelbare Gefahr, aber er wusste, wie die Gedanken angeschlichen kamen, wenn es Nacht wurde. Er verstand, dass sie Zeit brauchte, um die Trennung von Tommy zu verarbeiten, aber mit all den Gedanken und Gefühlen allein hier draußen zu sitzen, war nicht gut.
    »Komm doch wenigstens für heute Nacht zu uns, du kannst in deinem Zimmer schlafen«, schlug er vor.
    »Mir gefällt es hier«, sagte sie, und an ihrem Blick konnte er ablesen, dass es zwecklos war, sie überreden zu wollen.
    Noch eine Eigenschaft, die sie von ihrer Mutter hat, dachte Wisting und schüttelte leicht den Kopf. Er blickte sie durchdringend an und überzeugte sich davon, dass sie wusste, dass sie sich jederzeit anders entscheiden konnte und dass er Tag und Nacht telefonisch erreichbar war. Line lächelte ihn an, umarmte ihn rasch und zog die Jacke enger um den Körper. Sie wirkte entschlossen und dankbar.
    Benjamin Fjeld ließ sie vorgehen. Wisting sah ihnen nach, bis sie hinter der Landzunge verschwunden waren. Dann drehte er sich zum Meer um. Der Wind fegte mit heftigen Böen landeinwärts und brachte das Boot zum Schaukeln. Der Mann am Achterende folgte starr den Bewegungen.
    »Was meinst du?«, fragte Torunn Borg.
    »Da besteht ein Zusammenhang«, sagte er. »Es kann gar nicht anders sein.«
    Espen Mortensen kam mit einem Rucksack bepackt den Pfad herunter. Er setzte ihn ab, ohne ein Wort zu sagen, und betrachtete den Toten.
    »Ich glaube, ich erkenne die Stiefel wieder«, sagte er. »Das ist das gleiche Profil wie bei den Abdrücken, die wir am Freitag in der Hütte gefunden haben.«
    Wisting trat näher heran und balancierte auf einem glitschigen Stein. Die Stiefel des Toten ragten aus dem trüben Wasser im Boot. Er hatte das Tatortfoto nicht genau studiert, aber das Profilmuster war grob und wirkte charakteristisch.
    »Die Abdrücke in der Blutlache?«, fragte er.
    »Nein, nur die in der Stube. Die Abdrücke im Blut stammen von Joggingschuhen oder Ähnlichem. Ich erhalte die Antwort, um welche Art Schuh es sich genau handelt, wahrscheinlich im Laufe des Tages.«
    Torunn Borg trat auf die glatten Steine und stellte sich neben Wisting. »Wo kommt das ganze Blut her?«, fragte sie und zeigte auf den durchtränkten Pullover.
    Espen Mortensen, der hohe Gummistiefel anhatte, watete ins Wasser und schritt die Längsseite des Bootes ab. »Die Verletzungen in seinem Gesicht stammen von den Möwen«, sagte er. »Er hat große Bauchwunden.«
    Torunn Borg trat noch einen Schritt näher an das Boot und hielt sich an Wisting fest. »Ist das eine Pistole?«, fragte sie und zeigte auf etwas, das auf dem Boden des Bootes unter Wasser lag.
    Mortensen lehnte sich an die Bordwand, beugte sich vor und starrte in das trübe Wasser. Er bestätigte, dass es sich um eine Schusswaffe handelte. »Die leeren Hülsen, die wir in der Nähe der Hütte gefunden haben, waren Kaliber .38. Das hier ist eine kleinere Waffe. Kaliber .22, vermutlich.«
    Er watete zurück an Land, öffnete den Rucksack und holte eine Kamera heraus. Wisting und Torunn Borg zogen sich zurück, um nicht im Weg zu stehen.
    »Das Boot ist nicht registriert«, kommentierte der Kriminaltechniker. »Kein Außenbordmotor und keine Ruder. Ich frage mich, was der Typ eigentlich auf dem Wasser gemacht hat.«
    Wisting blickte nach oben. Möwen kreisten niedrig über ihnen. Das Meer verschmolz mit dem grauen Himmel. Der Horizont war ausgelöscht.
    »Was machen wir mit dem Boot?«, fragte er.
    »Wir lassen es vom Bergungsschiff in den nächsten Hafen schleppen. Dann hieven wir es auf einen Kranwagen und bringen es zu uns.«
    »Mit dem Mann an Bord?«
    »Ich denke, das ist am einfachsten. Ich mache einige erste Untersuchungen. Er hat die ganze Nacht hier draußen gelegen, ich glaube nicht, dass eine solche Aktion noch Schaden anrichten kann.«
    Wisting teilte seine Einschätzung. Er schlug den Jackenkragen hoch, kehrte dem Meer den Rücken zu und ging zu seinem Auto.

23
    Line schloss die Eingangstür zur Hütte auf.
    »Ich ziehe mich nur schnell um«, sagte sie und ging Richtung Schlafzimmer.
    Benjamin Fjeld machte die Haustür hinter sich zu und sah sich um. »Kalt ist es hier«, sagte er. »Gemütlich, aber kalt.«
    Line betrat das geräumige Schlafzimmer

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