Winterkartoffelknoedel - Ein Provinzkrimi
ist zu alt für die Schweinezucht, und seine zwei Buben hätten jetzt bessere Jobs. Dann dreht er sich einen Joint und mich trifft fast der Schlag. Das hat er jetzt schon lang nicht mehr gemacht, aber immer wenn er seinen Sentimentalen kriegt, passiert es halt. Ich renn zu ihm hin und frag, ob er spinnt. Er winkt ab, dreht sich um und geht. Ein paar Schritte weiter bleibt er stehen und ich hör kurz das Feuerzeug klicken. Dann geht er weiter.
Am Schluss bring ich die Oma heim, und die hat jetzt fünf Tankgutscheine, weil ein paar depperte Kinder eben welche verloren haben.
Ein paar Tage später ruft mich der Birkenberger Rudi an und ich erfahr, dass er sich jetzt selbstständig gemacht hat. Er ist jetzt ein Unternehmer und betreibt die Privatdetektei Birkenberger. Das Geschäft ist gut angelaufen und die Nachfrage groß, und er bekommt trotzdem noch Prozente beim Hertie und beim Media-Markt. Ich gratulier ihmrecht herzlich und wünsch ihm alles Gute und wir vereinbaren ein Treffen in zwei oder drei Wochen.
Nachdem der Ferrari immer noch verschwunden ist, der Flötzinger nun langsam sein Geld haben will und wir jetzt mittlerweile auch wirklich beunruhigt sind, geh ich zur Susi. Geb ihr die Personalien durch, die ich damals notiert hab, und bitte sie, mir die Münchner Adresse herauszufinden. Kein Problem, sagt die Susi, und ich soll am Nachmittag wiederkommen.
Am Nachmittag ist es dann aber eher schlecht. Weil da muss die Oma zum Zahnarzt. Ich eigentlich auch, aber ich täusche einen Schnupfen vor. Hab mir daheim eine Viertelstunde lang die Nasenflügel mit Schleifpapier (Mittlere Körnung) behandelt und jetzt sind die rot, das kannst du dir gar nicht vorstellen. Wie wahnsinnig verschnupft halt. Und mit verstopften Nasenlöchern kann man unmöglich zahnmedizinisch behandelt werden. Also bleib ich im Wartezimmer sitzen und les derweil das ›Journal für die Frau‹, weil nix anderes da ist.
Jetzt könnte man ja meinen, dass Menschen im Alter von der Oma ihr Gebiss abgeben und fertig. Nicht so die Oma. Die pflegt ihre Kauerchen und hat kaum Ersatzteile. Das hat sie von ihrer Mutter, sagt sie. Die hat auch noch im Alter von zweiundneunzig Jahren einen Granny Smith essen können, ohne dass der zuerst püriert hat werden müssen.
Mit mir sitzt eine junge Frau im Wartezimmer, mit einem kleinen Buben auf dem Schoß. Der weint und schreit und will nicht zum Zahnarzt. Die Mutter versucht mit Engelszungen und verlockenden Versprechungen, seine Angst zu vertreiben. Vergeblich. Der Bub wird nur noch unruhiger,führt sich auf wie ein Gartenschlauch und haut am Schluss mit den Fäusten auf sie ein.
Jetzt muss ich mich natürlich einmischen. Ich zeig ihm meine Dienstmarke und die Waffe im Halfter und sag ihm, dass ich Polizist bin und Franz heiße.
Er ist beeindruckt.
Ich erzähle ihm dann, dass ich als Kind immer ganz tapfer gewesen bin und darum bin ich dann halt Polizist geworden. Da er jetzt auch unbedingt Polizist werden will, fängt er an, tapfer zu sein. Seine Mutter ist mir dankbar und streift mir übern Arm. Ich les weiter das ›Journal für die Frau‹ und warte auf die Oma. Natürlich ist bei der dann wieder einmal alles in Ordnung, als sie aus dem Behandlungszimmer kommt, und sie verabschiedet sich im Türrahmen vom Zahnarzt. »Ja, wunderbar, Herr Doktor!«, schreit sie ihn an.
»Dann sehen wir uns erst nächstes Jahr wieder, gell. Der Franz kommt aber vorher noch mal, wenn er sich traut. Aber Sie wissen’s ja selber, Herr Doktor, er scheißt sich halt immer noch in die Hosen vorm Zahnarzt. Da fragt man sich schon, wie so was bei der Polizei gebraucht wird!«
Der Bub fängt wieder an zu schreien und die blöde Zahnarzthelferin gibt mir gleich einen neuen Termin für die nächste Woche: »Bis dahin dürfte der Katarrh ja dann wohl vorbei sein!«, sagt sie schnippisch.
Wie ich am nächsten Tag zu der Susi geh, weiß sie noch gar nix. In München lebt keine Mercedes Dechampes-Sonnleitner, womöglich im Umland. Dazu braucht sie aber mehr Zeit und die hat sie jetzt nicht. Weil nämlich der Bürgermeister sein zwanzigjähriges Dienstjubiläum feiert und sie hat alle Hände voll – wegen Vorbereitung und so.
Durch das ganze Trara in der letzten Zeit bin ich gar nicht mehr dazu gekommen, über den Verkauf vom Neuhoferhaus zu grübeln. Jetzt muss ich langsam schon mal wissen, was da falsch gelaufen ist. Also fahr ich nach Landshut zum Neuhofer und läute an der Tür. Ein paarmal und immer
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