Winterkartoffelknoedel - Ein Provinzkrimi
wieder, aber keiner macht auf. Sein Nachbar öffnet dann genervt und in Unterhosen und sagt, der Hans ist in der Lackfabrik, hat Spätschicht und ich kann ihn erst morgen früh wieder erreichen. Oder heut ab Mitternacht.
Jetzt muss ich vielleicht kurz erklären, dass der Hans seit Jahren eben in der besagten Lackfabrik arbeitet. Seit ich denken kann. Manchmal frag ich mich schon, ob diese ganzen chemischen Dämpfe schuld sind an seiner geistigen Verwirrung. Weil: wennst’ dein halbes Leben lang eben diesen chemischen Scheißdreck einschnaufst, das kann schon aufs Gehirn gehen.
Ja, jedenfalls wird das heute wohl nix mehr, und so fahr ich dann heim.
Wie ich am Abend mit dem Ludwig meine Runde dreh und wir am Sonnleitnergut vorbeikommen, brennt da Licht. Ich freu mich und läute und der Ferrari macht mir die Tür auf. Sie schaut heute gar nicht aus wie ein Ferrari, eher wie ein alter V W-Bus . In ihrer abgewetzten Jeans und einem Schlabberpulli, wo der Simmerl und der Flötzinger zeitgleich reinpassen täten. Aber sie freut sich auch und zwar gleich so, dass sie mir um den Hals fällt. Der Ludwig und die Mütze freuen sich auch und verschwinden im Obergeschoss. Wir stehen immer noch so umarmt im Flur und dann fangen wir an zu schmusen, das kann man gar nicht erzählen.
Also, Susi hin oder her, aber nach zwei Stunden Ferrari hatte ich keinerlei Erinnerung mehr an die Susi. Danachtrinken wir ein Glaserl Rotwein und ich frag sie, warum sie jetzt so lange nicht mehr da war.
»Meine Mutter hat schon seit Jahren Krebs und da geht’s mal bergauf, mal bergab«, sagt sie. »Ich war jetzt ein paar Wochen in Quebec und muss da auch gleich wieder hin. Ich mache nur das Haus so weit klar, aber den Umbau müssen wir verschieben«, erzählt sie so und wischt sich eine Träne vom Gesicht. Es ist schade, dass sie jetzt gleich schon wieder weg muss, meine französische Praline. Gerade jetzt, wo wir uns so aneinander gewöhnt haben.
»Wann kommst du denn dann wieder, Mon Chéri?«, muss ich noch wissen.
»Sobald ich kann«, sagt sie und quetscht sich ein Lächeln ab. Dann fängt sie an, ihre Sachen einzupacken und auch die vom Ossi-Klaus. Weil nun halt lange Zeit niemand mehr da sein wird, sagt sie so traurig, dass es mir gleich ganz schlecht wird. Wir bleiben telefonisch in Verbindung, klare Sache, und dann mach ich mich auf den Heimweg.
Grad wie ich so mit dem Ludwig aus der Einfahrt trete, rast der Neuhofer mit seinem knattrigen Peugeot-Roller daher. Und wie er uns sieht, hält er an.
»Woher weißt du das eigentlich genau mit den Fünfhunderttausend?«, fragt er mich ziemlich laut, weil er vermutlich von dem Geknatter schon hörgeschädigt ist.
»Wieso bist jetzt du nicht in der Arbeit?«, frag ich zurück.
»Weil wir heut unser wichtigstes Heimspiel haben und drum hab ich schon um sechs Feierabend gemacht«, sagt er. »Also, was ist jetzt, woher weißt du es?«
Er ist hartnäckig.
»Ja, von der OTM halt. Einer von der Geschäftsleitung hat es mir erzählt.«
»Kann man dem das auch glauben?«
»Ja, warum soll er mir denn bitte einen Schmarrn erzählen?«
»Wenn das stimmt, dann muss ich dir auch was erzählen«, sagt der Hans und seine Augen funkeln. Er schaut auf die Uhr.
»Aber nicht jetzt, weil’s mir pressiert!«
Er tritt den Roller wieder an und ruft im Losfahren noch: »Ich komm gleich morgen früh in dein Büro!«
Und schon ist er weg.
Daheim hab ich Hunger, weil ich nach dem großartigen Genuss von einem Bier oder einer Frau immer Hunger hab. Leider gibt’s nur eine Gemüsesuppe, weil Fastenzeit ist. Wie ich hernach auf dem Kanapee lieg, kann ich aus diversen Gründen nicht einschlafen. Erstens muss ich an den Ferrari denken. Zweitens liegen mir dem Neuhofer seine Worte im Ohr. Und drittens hab ich Hunger. So geht das eine Weile und dann steh ich wieder auf. Schnapp mir den Ludwig und wir fahren ins Vereinsheim Rot-Weiß.
Das Spiel ist grad aus und wurde verloren. Obwohl der Neuhofer drei von vier Toren geschossen hat. Aber der Torwart von ihnen ist eine solche Niete, frag bloß nicht! Und ich kann mir da wirklich ein Urteil erlauben, weil ich selber lang genug zwischen den Pfosten gestanden bin. Aber gut. Jetzt feiern halt die Gegner und dem Neuhofer ist sein Gesicht eingefroren. Was mir aber jetzt persönlich lieber ist, weil: dann kann ich mit ihm reden. Sonst würd er ja feiern.
Und einiges, was ich dann erfahr, ist schon interessant, mein lieber Schwan! Wie wir wissen, ist das
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