Winterkartoffelknoedel - Ein Provinzkrimi
Angelegenheit ermitteln Sie denn? Was soll denn das alles?«
»Beantworten Sie einfach nur meine Frage!«
Das hört sich sehr professionell an.
Der Anzug greift nach seiner Aktentasche am Boden und geht in die Richtung von seinem Wagen.
»Fünfhunderttausend, Herrgott! Und jetzt lassen Sie mich in Ruhe!«, zischt er, steigt ein und weg ist er.
Ich setz mich dann erst einmal in den Streifenwagen und ringe nach Luft. Dann schreib ich mir zur Sicherheit sein Kennzeichen auf, weil ich in der Hektik vergessen hab, seine Personalien aufzunehmen. Und dann fang ich an zurechnen. Wenn der Neuhofer fünfzigtausend bekommen hat und der OT M-Fuzzi fünfhunderttausend bezahlt hat, dann stimmt da was nicht. Da hat jemand einen groben Fehler gemacht. Entweder einer von den zweien lügt, oder ein dritter hat die beiden ganz schön verarscht. Hat jetzt sehr viel Geld und haut sich vor lauter Freude auf die Schenkel.
Leider kann ich mich diesem Gedanken nicht weiter widmen, weil ich im Kofferraum noch die Karabiner hab. Die muss ich jetzt zur Firma Krawall zurückbringen, bevor sie schließen.
Ich sag dem Herrn Wallner, dass alles in Ordnung ist mit den Haken, und wir schleppen sie zurück zur Baracke.
»Haben Sie schon rausbekommen, wo der getürkte Karabiner hergekommen ist?«, fragt das Pockengesicht mit der Kippe im Mundwinkel.
»Nein, ich steck noch in den Ermittlungen«, sag ich so.
»Ja, dann schicken Sie sich da jetzt ein bisschen. Weil das für den Ruf von meiner Firma auch nicht grad förderlich ist, wissens’!«
Ja, wie redet der denn mit mir!
»Ja, wie reden Sie denn mit mir? Den Tonfall kontrollieren, mein Freund! Sonst mach ich die Bude hier dicht, so schnell schaust du gar nicht!«, sag ich und fahr dann lieber.
Abends beim Wolfi treff ich dann seit längerer Zeit wieder mal auf den Flötzinger. Der darf jetzt endlich wieder das Haus verlassen, nachdem der Ferrari schon lang nicht mehr hier war. Wir trinken ein Bier und ratschen ein bisschen. Und irgendwann frag ich ihn dann, ob er denn jetzt eigentlich sein Geld schon gekriegt hat von ihr.
»Nein«, sagt er. »Ich hab ihr die Rechnung geschriebenund danach irgendwann auch die Mahnung. Hab alles in den Briefkasten am Haus geworfen, weil: eine andere Adresse hab ich ja nicht. Aber wenn sie nicht herkommt, kriegt sie halt auch ihre Post nicht.«
»Vielleicht ist ihr was passiert«, sag ich so in mein Bierglas hinein.
»Vielleicht«, sagt der Flötzinger und trinkt aus.
Dann ist die Eröffnung von der Tankstelle, und alle sind natürlich da. Der Simmerl ist da mit einem blitzsauberen Kittel und schleppt eifrig tonnenweise Wurstsemmeln in den Verkaufsraum. Der Flötzinger ist da und trägt heute Krawatte, schließlich hat er die Heizung eingebaut. Sogar der Landrat ist gekommen und sagt ein paar unvermeidbare Worte in ein Mikrofon, das ständig pfeift. Die zwei Anzüge sind auch da und haben’s mordswichtig. Und sie verteilen Tankgutscheine an Kinder potentieller Kunden. Die Oma kriegt auch zwei, weil sie eine Kappe trägt, tief im Gesicht, und halt dank ihrer Größe und Jacke gut als Kind durchgeht. Und sie freut sich.
Ganz am Rand steht der Neuhofer, und ich kann es mir nicht verkneifen, zu ihm hinzugehen und zu sagen: »Du, Neuhofer. Weißt du eigentlich, was die OTM bezahlt hat für euer Grundstück?«
Er schüttelt den Kopf und schaut mich erwartungsvoll an. Ich genieß meine Überlegenheit und lass mir ein bisschen Zeit. Dann sag ich ganz leise: »Fünf-hundert-tausend!«
Wie’s dem Hans jetzt schlecht wird, kann man direkt sehen. Er starrt mich an und ist quasi blutleer. So was Blasses hab ich vorher noch nie gesehen. Höchstens noch die Kartoffelknödel von der Oma. Wobei es da auf die Kartoffeln ankommt. Die Sommerkartoffeln sind viel mehr gelb alsdie Winterkartoffeln. Und drum sind auch die Knödel im Winter heller. So eben wie der Neuhofer. Ja, der hat jetzt genau die gleiche Farbe wie ein Winterkartoffelknödel.
Dann wendet er sich ab und verschwindet in der Menge.
Später stehen der Papa und der Simmerl beisammen und der Simmerl sagt, dass es ein wahrer Jammer ist, dass der Papa die Schweinezucht nicht mehr hat. Weil: unsere Säue haben das zarteste Fleisch im ganzen Landkreis gehabt. Der Papa sagt, das liegt an den Beatles.
»Weil: wenn die Sauen den ganzen Tag lang eine gute Musik hören, dann geben sie auch ein gutes Fleisch!«
»Ja, wirklich ein Jammer!«, sagt der Simmerl.
Der Papa sagt dann recht wehmütig, er
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