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Winterkind

Winterkind

Titel: Winterkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Mer
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und Hitze; sie standen um ein Feuer herum, das in einem Metallfass loderte. Sophie schrak zurück und fiel beinahe hin. Ein fester Griff packte sie am Arm.
    „Na, langsam, gnädiges Frollein. Sonst passiert Ihnen noch was.“
    Es war Willem. Sophie wurden die Knie wacklig vor Erleichterung. Er schien es zu merken, denn er ließ ihren Arm nicht wieder los.
    „Ver- verzeihen Sie, dass ich – aber ich habe – ich muss“, stammelte sie und brach ab, schalt sich selbst eine unbeholfene Idiotin. Er lächelte sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. Sie holte Luft, versuchte es dann noch einmal: „Können – können wir vielleicht ein paar Schritte zur Seite gehen?“
    Jemand johlte im Kreis der dunklen Gestalten.
    „Na, Willem, jetzt aber ran! Die ist doch was viel Besseres als dein dickes Lieschen!“
    „Maul halten“, versetzte Willem grob und schob sich die Mütze in den Nacken. „Natürlich können wir das, Frollein“, er beugte sich galant zu ihr und nahm ihren Arm fester, wie um zu verhindern, dass sie ausglitt und stürzte. „Kommen Sie man, wir gehen hinter den Turm. Da isses auch nicht so windig. Was laufen Sie hier nur rum, bei dem Schneetreiben? Und ganz allein? Is was Schlimmes passiert?“
    „Ja – ja“, murmelte sie unsicher und mit brennenden Wangen, während er sie von den Männern wegführte. „Ja, das heißt: nein, nicht eigentlich, aber ich bin – ich“, sie brach wieder ab. Willem machte ein beruhigendes Geräusch, drückte ihren Arm und führte sie um den wuchtigen Ziegelkegel herum, bis der Hüttenvorplatz nicht mehr zu sehen war – und sie beide nicht von dort aus. Neben einem schneebedeckten Stapel ausrangierter Metallteile blieb er stehen.
    „Was is denn los, Frollein? Sie zittern ja richtig …“
    Jetzt umfasste sie auch sein anderer Arm. Sein Gesicht war plötzlich dicht über ihrem – so sehr dicht, wann, wie waren sie denn so nahe zusammengerückt? Instinktiv wollte sie zurückweichen, aber sie zwang sich dazu, stillzuhalten. Die Wärme nicht abzuwehren, die von seinem Körper zu ihrem zu wehen schien, sie berührte wie mit sanften, fragend tastenden Fingern. Es gehörte alles zum Plan, versuchte sie sich selbst zu beruhigen.
    „Ich – ich wollte“, murmelte sie und sah zu ihm auf. Selbst in diesem schwachen Licht strahlten seine Zähne, seine Augen. Das Blut fing an, in ihren Ohren zu rauschen.
    „Ja …?“
    Mit einem Mal lagen ihre Hände auf seiner Brust, ohne dass sie wusste, wie sie dorthin gekommen waren. Der Stoff seiner Jacke war kalt und rau, und die Muskeln darunter erschreckend breit.
    „Ich muss Sie – muss Sie um einen Gefallen bitten“, flüsterte sie eingeschüchtert. Er neigte sich noch tiefer zu ihr herunter.
    „Ja“, sagte er leise, „das hatte ich gehofft … Hätte nicht gedacht, dass du so ein mutiges und wildes Ding bist, Sophie. Einfach hier heraufzukommen ...“
    Die vertrauliche Anrede ließ sie unwillkürlich zusammenzucken. Er zog sie fester an sich.
    „Is dir so kalt, mien Deern?“, murmelte er in ihre Haare hinein. „Soll Willem dich vielleicht ein wenig … wärmen?“
    „Ach Gott“, wisperte sie, verwirrt wie ein ganz junges Dienstmädchen, und das war sie, sie war verwirrt bis in die Fingerspitzen, die auf seiner Jacke seltsam kribbelten. Was geschah nur? Ja, sie hatte nachgiebig sein wollen, nachgiebig und vielleicht sogar ein wenig – entgegenkommend. Aber warum um Gottes willen war es so – so leicht ? Warum passte sie in seine Arme, als hätte sie immer schon dort hineingehört? Warum fühlte er sich nicht fremd an, gefährlich, abstoßend? Warum erschreckte sie der Gedanke nicht, dass er den Kopf ein wenig weiter senken könnte – so, wie er es jetzt gerade tat …
    Bartstoppeln kratzten über ihre Haut, und dann berührte sein Mund ihren.
    „Nein, nicht“, flüsterte sie, wie alle Mädchen es zu allen Zeiten flüsterten. Und es nützte nichts, wie es niemals etwas nützte. Er lächelte wortlos, sie spürte es auf den Lippen. Und dann küsste er sie.
    Als sie wieder Luft bekam, hing sie mehr in seinen Armen, als dass sie noch selber stand. Er drückte sie an sich, seine Knie berührten ihre durch den Rock hindurch.
    „Mien sööte Deern“, brummte er, ganz tief und weich. Die Vibrationen seiner Stimme übertrugen sich durch seine Brust direkt in ihre. Es kitzelte und kribbelte, wie tausend Ameisen – und doch ganz anders. Sie hörte sich selbst aufseufzen. Wenn er doch noch einmal …
    Johanna, sagte eine leise,

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