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Winterkrieger

Winterkrieger

Titel: Winterkrieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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andere Frage ein, und er drehte sich wieder um. Aber Nogusta war nirgends zu sehen.
    Conalin nahm seine Decken und legte sich neben Pharis. Es gab so vieles hier, das er nicht verstand. Was könnte egoistischer sein, als sich für eine persönliche Belohnung abzumühen?
    Das Leben in der Stadt war brutal hart gewesen, und Conalin war den größten Teil seines jungen Lebens allein gewesen. Trotzdem hatte er das Gefühl das Wesen der menschlichen Existenz zu begreifen. Glück war ein voller Bauch, Freude war es, genug zu essen zu haben, damit der Bauch morgen voll war, und Liebe war eine Ware, die meist mit Geld zusammenhing. Selbst seine Liebe zu Pharis war letztendlich egoistisch, denn Conalin fand an ihrer Gesellschaft großes Vergnügen. Es war dieses Vergnügen, glaubte er, das ihn nach ihr verlangen ließ. Wie die Männer und Frauen, die sich im Chiatze-Haus versammelten und die lange Pfeife rauchten. Sie bezahlten für angenehme Träume und kamen wieder und wieder, mit gehetzten Augen und schmaler werdenden Börsen.
    Conalin hatte keine Erinnerung an seine Eltern. Seine ersten Erinnerungen waren die an ein kleines Zimmer voller Kinder. Manche von ihnen weinten. Alle waren schmutzig. Conalin war damals selbst noch sehr klein gewesen, vielleicht drei oder vier Jahre alt. Er dachte an das Baby, das auf einer durchnässten Decke lag. Er erinnerte sich, wie er es mit einem Finger gestupst hatte. Es hatte sich nicht geregt. Dieser Mangel an Bewegung hatte ihn überrascht. Eine Fliege war auf dem offenen Mund des Babys gelandet und war langsam über die bläulichen Lippen gekrochen. Etwas später hatte ein großer Mann das Baby fortgebracht.
    Conalin konnte sich nicht an das Gesicht des Mannes erinnern. Es war so hoch und weit weg gewesen. Doch an die Beine konnte er sich erinnern, lang und dünn in engsitzenden schwarzen Beinkleidern. Seine Zeit in diesem Haus der Düsternis war nicht glücklich gewesen, denn sein Bauch war nur selten voll und er wurde oft geschlagen.
    Danach hatte es mehrere andere Heime gegeben. Eines wenigstens war warm und bequem gewesen. Aber der Preis für diese Wärme war so hoch gewesen, dass er die Erinnerung daran verdrängte.
    Das Leben auf der Straße war besser gewesen.
    Conalin hatte sogar begonnen, sich selbst für klug zu halten. Er wusste, wo er sein Frühstück stehlen konnte und er fand immer einen warmen, sicheren Schlafplatz, selbst im tiefsten Winter. Die Soldaten der Wache konnten ihn nie fangen, und sein Ärger mit den Straßenbanden hatte weitgehend geendet, als er Schlangenzunge getötet hatte. Danach mieden die Banden ihn, denn sie hatten Schlangenzunge gefürchtet, und jeder, der ihn im Zweikampf töten konnte, war nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Conalin dachte ohne jedes Vergnügen an diesen Kampf. Er hatte niemanden töten wollen. Alles was er wollte, war, in Ruhe gelassen zu werden. Doch Schlangenzunge ließ das nicht zu. »Du stiehlst in meinem Revier, du Strichjunge«, hatte er gesagt Conalin hatte ihn nicht beachtet. Dann, eines Nachts, war der kräftige Jugendliche mit einem Messer auf ihn losgegangen. Conalin, unbewaffnet war davongerannt. Er dachte an das Gelächter, das ihm hinterher schallte. Wütend hatte er sich ein Schlachtermesser geklaut und war zurück an den Ort gegangen, an dem sich die Bande für die Nacht niedergelassen hatte, in einer einsamen Gasse. Er war zu Schlangenzunge gegangen, hatte ihn beim Namen gerufen, und als er sich umdrehte, hatte er ihm das Messer in die Schläfe gestoßen. Die Klinge war tief eingedrungen, viel tiefer, als Conalin gewollt hatte. Schlangenzunge war auf der Stelle tot gewesen.
    »Und jetzt lasst mich in Ruhe«, sagte Conalin zu den anderen.
    Und das hatten sie auch getan.
    Unfähig zu schlafen, schob Conalin seine Decke weg, stand auf und ging zu einem Baum, um zu urinieren. Dann ging er zu dem heruntergebrannten Feuer und legte ein paar der Zweige darauf, die er vorhin gesammelt hatte. Mit einem Stock stocherte er nach der verbliebenen Glut und versuchte, sie wieder durch Blasen anzufachen. Endlich musste er sich eingestehen, dass das Feuer ausgegangen war und setzte sich wieder.
    Da bemerkte er das Glühen auf der anderen Seite des Lagers, ein sanftes, weißes Licht, das den Körper der schlafenden Priesterin einhüllte. Conalin betrachtete es eine Weile, dann ging er zu Kebra und weckte den Bogenschützen.
    »Was ist los, Junge?« fragte Kebra verschlafen.
    »Irgend etwas stimmt mit der Priesterin nicht«,

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