Winterkrieger
ventrischen Truppen wird?«
»O ja«, antwortete Kebra. »Ihm macht das Töten keinen Spaß. Er zeigt keinen Schlachtenwahnsinn.«
Antikas sah zu Boden. Nogusta schlief wieder. Er kniete sich neben den schwarzen Mann und betrachtete sein Gesicht genau. Ein dünner Schweißfilm lag auf der Haut, und auf dem geschorenen Kopf zeigten sich weiße Stoppeln. »Man vergisst so leicht, wie alt er ist«, sagte Antikas mit einem Seufzer. Er sah auf und lächelte Kebra an. »Ich sah ihn gegen Cerez kämpfen und bewunderte seine Fertigkeiten. Ich hielt ihn für etwa vierzig Jahre. Hätte ich gewusst, wie alt er wirklich ist, hätte ich das Knie vor ihm gebeugt.«
Er sah noch einmal zu Nogusta hinunter und merkte, dass der Talisman auf Nogustas Brust zu glühen begann, der silberne Mond in der goldenen Hand schimmerte wie eine winzige Laterne.
»Was bedeutet das?« fragte Antikas.
»Das Böse ist nah«, sagte Kebra, hob die Hand und schlug das Zeichen des Schützenden Horns.
Der Weiße Wolf stand außerhalb der Ruinen und ließ seinen Blick erneut über die Landschaft schweifen. Links und rechts zog sich jeweils eine Hügelkette hin, nur spärlich bewachsen mit Bäumen und Gebüsch, doch zwischen den Hügeln war das Gelände eben und frei. Die ventrische Armee bestand hauptsächlich aus Kavallerie, und er überdachte alle möglichen Angriffslinien.
Er warf einen Blick auf die Ruinen. Sie konnten sich natürlich hier einer regelrechten Schlacht entziehen, sich um die Ruinen verteilen, so dass sie von allen Seiten kämen, doch das hielt er für unwahrscheinlich. Innerhalb der Ruinen konnte die Reiterei nicht wirksam kämpfen, und wenn sie sich zu sehr auseinander zogen, würden sie den Fußsoldaten der Drenai den Vorteil überlassen. Nein, die beste Siegeschance für den Feind bestand in einem direkten Frontalangriff, in dem Versuch, die Schlachtreihe zu zersprengen und die Verteidiger zu zerstreuen.
Banelion rief seine Offiziere zu sich und begann Befehle zu erteilen. Sie hörten kommentarlos zu, um dann zurück zu ihren Männern zu gehen.
Die Sonne sank allmählich zu den Berggipfeln herab, bis zum Anbruch der Dunkelheit blieb ihnen vielleicht noch eine Stunde.
Ulmenetha wanderte zu dem alten Mann hinaus. »Wie geht es Nogusta?« fragte er.
»Etwas besser, denke ich.«
»Gut. Es ist schon schlimm genug, dass Dagorian sterben musste. Ich wünsche von ganzem Herzen, dass Nogusta am Leben bleibt.«
»Hast du gemeint was du der Königin gesagt hast?« fragte sie. Ihre offenen blauen Augen begegneten seinem eisernen Blick.
»Ich meine immer, was ich sage«, antwortete er. »Ich glaube, sie wäre in Drenan sicherer, aber ich bin ihr Diener, und es ist nicht meine Sache, mich ihren Wünschen zu widersetzen.«
»Aber du siehst Probleme, wenn sie sich entscheidet in Ventria zu bleiben?«
»Natürlich. Die Adligen der Drenai werden entweder einen neuen König wählen oder sich zu einer neuen Republik erklären. Was die Ventrier angeht – werden sie Skandas Erben akzeptieren, ohne eine Armee, die seine Ansprüche stützt? Ich bezweifle es.« Er hob den Arm und deutete auf die Landschaft. »Aber die Berge werden noch immer da sein, und die Flüsse werden weiterhin zum Meer strömen. Für die Natur spielt es keine Rolle, wer herrscht oder wer stirbt. Aber das sind alles Probleme für einen anderen Tag.«
»Allerdings«, stimmte sie zu. »Ich habe dir noch nicht dafür gedankt, dass du uns zu Hilfe kamst. Das möchte ich jetzt tun. Meine Dankbarkeit ist größer, als ich mit Worten ausdrücken kann.«
»Du brauchst mir nicht zu danken, meine Dame. Mein ganzes Leben war beherrscht von Pflicht und Verantwortung. Ich bin zu alt um mich noch zu ändern.«
»Trotzdem hast du den größten Teil deines Vermögens den Männern versprochen, die dir jetzt folgen. Das hätten nicht viele getan.«
»Ich glaube, du wärst erstaunt wie viele genau dasselbe getan hätten. Es ist Mode geworden, dass alle Taten eine zynische Grundlage haben. Das kommt davon, wenn man den Lügen der Politiker glaubt. Ich habe schon lange gelebt Ulmenetha, und vieles gesehen. Viele Menschen haben den Wunsch, anderen zu helfen. Vielleicht ist es das, was uns alle zusammenhält Dagorian und Bison gaben ihr Leben, um die Mutter und ihr Kind zu retten. Sie taten es bereitwillig, ohne an Profit zu denken.«
»Das sagst du, und doch sind deine Männer dir hierher gefolgt auf das Versprechen von Gold hin. Widerspricht das nicht deiner
Weitere Kostenlose Bücher