Winterkrieger
lehnte an der Wand, der andere saß in einem Stuhl. Der Kapuzenmann stand an der Tür, die jetzt geschlossen war.
»Die Königin wünscht, dass ihre Kleider gepackt und die Truhen zur Kutsche gebracht werden«, sagte Ulmenetha und führte Axiana zur Treppe. Ihre Worte blieben in der staubigen Luft hängen. Die Soldaten reagierten nicht.
»Die Königin muss hier bleiben«, sagte der Kapuzenmann. »Das ist der Wille meines Herrn.«
»Männer! Kommt her!« rief Ulmenetha. Sie rührten sich noch immer nicht. Sie erkannte mit Entsetzen, dass sie sie nicht einfach ignorierten. Sie hatten sie nicht gehört. Beide blieben still und starr. Axiana packte ihren Arm.
»Bring mich hier weg!« flüsterte sie.
Ulmenetha ging weiter die Treppe hinunter. Auf halbem Weg sah sie in der Kehle des stehenden Soldaten etwas metallisch glitzern. Es war der Griff eines Messers, das ihn an die Holzpaneele genagelt hatte. Als sie zu dem sitzenden Mann schaute, sah sie, dass auch er tot war. Die Königin sah es ebenfalls.
»Gütiger Himmel«, flüsterte Axiana. »Er hat sie beide getötet.«
Der Kapuzenmann kam zum Fuß der Treppe. »Bring die Königin zurück in ihr Zimmer«, befahl er. Ulmenethas rechte Hand, bislang verboten in den Falten ihres voluminösen weißen Kleides, kam zum Vorschein. Selbst im düsteren Halbdunkel glitzerte die Klinge des Jagdmessers hell.
»Geh mir aus dem Weg«, befahl sie dem Kapuzenmann. Er lachte und stieg weiter die Treppe hinauf. »Glaubst du, du machst mir Angst Weib? Ich kann deine Angst schmecken. Ich nähre mich von ihr.«
»Ernähr dich davon!« sagte Ulmenetha. Ihre Hand schoss hoch und ließ die Klinge in die Kehle des Kapuzenmanns fliegen. Er taumelte, dann richtete er sich wieder auf und zog das Messer heraus. Schwarzes Blut quoll auf seine dunkle Tunika und über seine Brust. Er versuchte zu sprechen, doch die Worte wurden in dunklem Schaum erstickt. Ulmenetha wartete darauf, dass er fiel.
Doch das tat er nicht. Er kam weiterhin näher. Axiana schrie. Ulmenetha schob sie wieder die Treppe hinauf, dann fuhr sie herum, um sich der Bedrohung von unten zu stellen. Der Blutstrom aus seiner Kehle hatte inzwischen seine Beinkleider durchtränkt aber er kam trotzdem näher.
In diesem Augenblick wusste die Priesterin, wem sie gegenüberstand. Einem Dämon in einem menschlichen Körper. Trotzdem verspürte sie keine Angst keine aufsteigende Panik. Denn dies war keine Krankheit die ihre Wachsamkeit umgehen und ihre Mutter töten konnte, kein eisiger Sims, der ihr ihren Mann raubte. Dies hier war Fleisch und Bein, und wollte einem Mädchen etwas zu Leide tun, das sie liebte wie eine Tochter.
Sie war noch niemals so ruhig gewesen, konzentriert, alle Sinne geschärft.
Näher und näher kam er. Ulmenetha wartete, bis er das Messer hob, dann sprang sie vor und stieß ihm ihren Fuß vor die Brust. Er wurde zurückgeworfen, sein Körper bog sich durch. Er schlug mit dem Kopf auf der Treppe auf, sein Genick brach. Der Körper krachte zu Boden.
Ulmenetha war nicht erstaunt als er wieder auf die Füße kam, den Kopf grotesk zur Schulter geneigt. Die Kapuze war heruntergerutscht und enthüllte ein bleiches, geisterhaftes Gesicht mit einem lippenlosen Mund und vorquellenden, blutroten Augen.
»Lauf, Axiana!« schrie die Priesterin und deutete nach links auf die Galerie und auf die letzte Tür. Axiana blieb wie angewurzelt stehen. Ulmenetha riss sich vom Anblick des vorrückenden Mannes los, lief rasch zur Königin, packte sie beim Arm und zerrte sie über die Galerie. Die letzte Tür war verschlossen, doch wie bei Axianas Zimmer steckte der Schlüssel. Sie öffnete die Tür, zog den Schlüssel ab, schob Axiana hinein und verschloss die Tür hinter ihnen. Eine Faust donnerte gegen die Türfüllung, dass sie vibrierte. Noch zweimal schlug sie zu, dann tat sich ein schmaler Spalt zwischen den Brettern auf.
»Wie kommen wir hier raus?« fragte Axiana. In ihrer Stimme schwang Panik mit.
Ulmenetha hatte keine Ahnung. Das Haus war wie ein Kaninchenbau, und der Flur, auf dem sie standen, hatte viele Türen, aber offenbar führte keine Treppe wieder nach unten. »Hier entlang«, sagte Ulmenetha, ging durch den dunklen Flur und durch zwei weitere Türen. Hier steckten keine Schlüssel, und hinter sich hörten die Frauen Holz zersplittern.
Ulmenetha sah sich um. Sie standen in einem Schlafsaal mit einem Dutzend Betten zu beiden Seiten. Alle Betten waren leer. Die Priesterin ging zu einem Fenster und zog die
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