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Winterland

Winterland

Titel: Winterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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schien dich aber nicht wiederzuerkennen«, hatte sie gesagt.
    Sie waren auf der anderen Seite wieder aus der Halle herausgegangen. Die Sonne hatte sie – nach dem Dunkel drinnen – geblendet. Er hatte sich seine schwarze Sonnenbrille aufgesetzt. Da hatte die Welt eine andere Farbe bekommen, dunkler. Von irgendwoher war Musik über die Straße geströmt, die Musik dieses Landes. Es war eine Leidensmusik, eine starke Passion. Eine Frau sang, als würde es um Leben und Tod gehen.
    »Was ist das für ein Lied?«, hatte sie gefragt, als ob er das wissen müsste.
    »Ich glaube, es geht um Weihnachten«, hatte er geantwortet.
    »Stimmt, morgen ist ja Weihnachten«, hatte sie gesagt.
    »Das kommt einem richtig unwirklich vor.«
    »Bis morgen wirst du dich daran gewöhnt haben«, hatte er gesagt.
    »Ich weiß aber nicht, ob ich mich daran gewöhnen will.«
    Sie hatte mit einem Lächeln zu ihm aufgeschaut. »Dann ist es ja wie zu Hause, oder?«
    Sie waren weiter die Strandpromenade hinuntergeschlendert, in Richtung auf das Fort zu. Es sah immer noch so aus wie damals, und so sah es jetzt schon siebenhundert Jahre aus.
    »Wie lange braucht man bis zum Camp der Vereinten Nationen?«, hatte sie gefragt.
    »Willst du dorthin laufen?«
    »Ja.«
    »So etwa eine Stunde.«
    »Können wir das nicht machen?«
    »Das wird warm werden«, hatte er gesagt. »Die Sonne kann heimtückisch sein.«
    »So warm ist es doch gar nicht.« Sie hatte zum offenen Himmel gezeigt. »Es ist doch mitten im Winter, oder?« Und dann hatte sie wieder gelacht. »Es gibt doch auch hier einen Winter.« Und sie hatte die feuchte Winterluft mit einem tiefen Atemzug eingesogen. »Und es gibt Weihnachten.« Sie hatte ihn wieder angeschaut. »Morgen habe ich eine Überraschung für dich.«
     
    Er geht in Bademantel und Strohhut durch die alte Stadt. Er spürt, dass sich ein paar Leute, die ihm entgegenkommen, nach ihm umdrehen. Hier gibt es keine Hotels, zu denen die Badegäste in Badebekleidung zurückkehren. Hier gehen die Leute normal angezogen herum.
    Er spürt seine Füße kaum mehr, und das ist ein Vorteil. Dann braucht er auch keine Schuhe mehr.
    Auf der anderen Seite der Kreuzung kann er das Haus sehen. Es ist von einer Mauer umgeben, die von derselben Sandfarbe ist wie das Haus, als hätte der Wind den Sand von den Stränden mitgebracht und dort angeklebt.
    Der Verkehr ist ruhig, das hier ist eine ruhige Umgebung. Er überquert die Straße und geht zu der Mauer.
    Dann steht er am Tor, probiert, es ist verschlossen. Er sieht das weiße Auto, das vor der Tür der Villa geparkt ist. Es scheint immer noch dieselbe Marke zu sein. Ein Zivilfahrzeug der Polizei. Was für ein beschwerliches Wort. Aber die Polizisten da drin sind Polizisten aus seinem eigenen Land, und im Moment sind sie seine einzige Rettung, denkt er. Er kann mit jemandem sprechen, der vielleicht alles versteht.
    Erklären. Erklären, dass er nichts weiß, dass er ebenso unschuldig ist, wie sie es sind. Sie werden ihm helfen.
    Plötzlich hört er Sirenen aus der Stadt. Der Laut kommt näher.
     
    Sie waren den Hügel hinauf zum Camp gewandert. Der Weg war besser in Schuss als damals, aber immer noch so schmal. Die Wächterhäuschen waren auch noch dieselben, aber nicht mehr in Gebrauch.
    Die Gebäude waren um den offenen Platz gruppiert, wo der Doktor jeden Morgen um sechs Uhr fünfundvierzig zum Aufstehen geblasen hatte.
    Es war eine Geisterstadt gewesen, ein Geisterquartier. Alles war noch da, außer den Menschen. Er hatte die Augen geschlossen und meinte plötzlich die Geräusche von Menschen und Fahrzeugen zu hören. Dann hatte er die Augen wieder geöffnet. Sie waren durch das Tor geschritten, das jetzt nur mehr eine Öffnung ins Nichts war. Der Wind hatte ein paar trockene Zweige über den Platz geblasen, und plötzlich war die Sonne hinter einer Wolke verschwunden, und sie hatte gezittert.
    »Es ist hier fast ein wenig unheimlich«, hatte sie gesagt.
    »Es ist eben alles verlassen«, hatte er geantwortet.
    »Aber die Häuser haben sie stehen lassen.«
    »Sie scheinen alles stehen gelassen zu haben.«
    »Warum wohl?«
    »Der Staat hat das Camp übernommen, und wahrscheinlich war es billiger, es stehen zu lassen, als den ganzen Mist abzureißen«, hatte er geantwortet.
    »Wo hast du gelebt?«
    Er hatte auf eine Baracke auf der anderen Seite des offenen Platzes gezeigt. Sie lag neben einer anderen lang gestreckten Baracke, die die Offiziersmesse gewesen war.
    Die Tür zu seinem alten

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