Winterland
Arbeitsplatz hatte offen gestanden. Es war die einzige offene Tür, die sie sehen konnten.
»Arbeitet da immer noch jemand?«, hatte sie gefragt und zu der Baracke genickt.
»Hier läuft nichts mehr«, hatte er gesagt.
»Sollen wir mal hingehen und reinschauen?«
»Da gibt es nichts zu sehen.«
»Bist du nicht neugierig?«
»Worauf denn? Auf vier Rigipswände und ein Fenster?«
»Vielleicht findest du etwas dort, was du vergessen hast.«
»Ich habe nichts vergessen.«
Sie war losgegangen, um den Platz zu überqueren. Er war ihr gefolgt.
Auf halbem Weg zur Baracke meinte er plötzlich, dass sich da drin etwas bewegte, ein Schatten bei der Tür. Sie hatte nichts gesehen.
»Was war das hier?«, hatte sie gefragt und zu der langen Baracke rechts gewinkt.
»Die Messe. Die Offiziersmesse.«
»Ich wette, dass du da ziemlich viel Zeit verbracht hast«, hatte sie mit einem Lächeln gesagt.
»Mein zweites Zuhause«, hatte er geantwortet und den Blick auf das dunkle Viereck geheftet, das die Türöffnung war. Er hatte wieder eine Bewegung gesehen.
Die Sirenen scheinen von allen Seiten zu kommen, auch aus der Luft, als hätte die Polizeimacht Helikopter angefordert, um ihn als den Staatsfeind Nummer eins zu verfolgen. Enemy Number One. Er steht am Tor. Er sieht das erste schwarze Polizeiauto von der anderen Seite der Straße auf den Hof fahren. Das Tor muss von drinnen geöffnet worden sein. Hatte sie ihn nicht dort stehen sehen?
Das schwarze Polizeiauto bremst abrupt neben dem weißen Zivilfahrzeug. Schwarz und weiß, denkt er. Alles scheint schwarz oder weiß zu sein. Hier gibt es nichts dazwischen. Hier ist man schuldig, bis man das Gegenteil bewiesen hat. Und das ist sehr schwierig.
Er sieht noch ein Auto der örtlichen Polizei ankommen und draußen auf der Straße parken. Vier Uniformierte steigen aus und bauen sich mit Maschinenpistolen in den Händen an der Straße auf. Mein Gott, denkt er. Vielleicht bin ich ja wirklich der Staatsfeind Nummer eins. Es schaudert ihn in seinem Bademantel, genau, wie es seine Frau gestern oben im Camp geschaudert hatte. Jesus, das war erst gestern. Der Tag vor Weihnachten.
Sie hatten auf dem zentralen Platz des Camps gestanden. Sie war zehn Meter von der Baracke entfernt stehen geblieben und hatte sich umgedreht. Von dort aus konnte man fünfhundert Meter unterhalb des Abhangs einen Streifen Meer sehen. Sie hatte die Augen wegen des Glitzerns auf dem Wasser zusammengekniffen. Die Sonne brannte wieder am Himmel.
»Habt ihr das ganze Jahr über gebadet?«, hatte sie gefragt.
»Ich nicht«, hatte er geantwortet.
»Feigling.«
»Aber ich habe am Weihnachtsabend ein Bad genommen.«
»Zu Weihnachten einmal kurz eintauchen«, hatte sie gelacht.
»Genau. Es war Tradition, dass am Weihnachtsabend alle mal ins Wasser sprangen.« Er hatte in Richtung auf das Meer gezeigt. »Hunderte warfen sich dort unten in die Wellen.«
»Können wir das morgen nicht auch machen?«, hatte sie gefragt. »Einmal ganz kurz eintauchen!«
»Nie im Leben.« Er hatte sich wieder zu den Baracken umgewandt. »Also, ich jedenfalls nicht.«
Sie hatte sich auch umgedreht.
»Wer ist denn das?«, hatte sie gefragt, als der Mann aus der Baracke trat. »Ist das nicht der, den wir in der Markthalle getroffen haben?«
Der blonde Mann hatte an der Tür gewartet. Sie waren die letzten Schritte dorthin gegangen.
»Ich schaue manchmal etwas nach dem Laden hier«, hatte der Blonde gesagt. »Das macht sonst niemand.« Er hatte ihr die Hand entgegengestreckt. »Mein Name ist Dan Morris.«
»Gabriella Berger«, hatte sie geantwortet. »Und das ist mein Mann Richard.«
»Sie kamen mir bekannt vor«, hatte Richard gesagt.
»In der Markthalle? Ja, da kamen Sie mir auch bekannt vor.«
»Das müsst ihr aber mal erklären«, hatte sie eingeworfen.
»Wir haben zusammen hier Dienst getan«, hatte Richard gesagt.
»Offenbar haben wir uns nicht völlig verändert«, hatte Dan Morris geantwortet.
»Und was machen Sie hier?«
»Hier? Hier im Camp? Hier in der Stadt? Oder hier auf der Insel?«
»Wählen Sie selbst.«
»Ich bin einfach hier geblieben.«
»Warum denn?«, hatte Gabriella gefragt.
»Ich bin einfach nicht mit der Einheit nach Hause gefahren. Ich konnte hier unten abmustern, und dann, tja, dann bin ich hier geblieben.«
»Warum denn?«
»Wegen der Sonne«, hatte Dan Morris mit einem Lächeln geantwortet.
Er macht einen Schritt zurück in die Gasse. Er sieht, wie einer der Polizisten am
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