Winterliebe
und kam mit Dr. Reberg wieder.
Der Assistenzarzt untersuchte Adalbert gewissenhaft. "Commotio cerebri”, murmelte Dr. Reberg.
Adalbert sah ihn fragend an.
"Gehirnerschütterung”, sagte Dr. Reberg. "Ist Ihnen schlecht?”
"Ja, aber nicht so sehr, dass ich mich übergeben muss.”
"Benommenheit?”
Adalbert nickte. "Ziemlich stark. Ich weiß nicht, wie es zu diesem Unfall gekommen ist, Doktor.”
"Wir Mediziner nennen das retrograde Amnesie - das ist das Unvermögen, sich an den Unfallvorgang oder an die Zeit unmittelbar vor dem Unfall zu erinnern”, erklärte Dr. Reberg. "Diese Erinnerungslücke braucht Sie nicht zu beunruhigen, Herr Siebenstern.”
"Wie lange war ich bewusstlos?”
"Etwa drei Stunden”, antwortete Dr. Reberg.
Adalbert erschrak. "So lange?”
"Solche Bewusstseinsstörungen können von Sekundendauer bis zur tagelangen tiefen Bewusstlosigkeit reichen.”
"Und - was - nun…?” fragte Adalbert abgehackt.
Dr. Reberg lächelte freundlich. "Ich würde sagen, Sie bleiben zunächst einmal ein paar Tage bei uns.”
"Und dann?”
"Sie brauchen fürs erste sehr viel Ruhe”, erklärte Dr. Reberg, "müssen liegen und sich erholen. Sobald es Ihnen bessergeht, dürfen Sie heimgehen.”
"Wie lange muss ich hierbleiben?”
"Schwer zu sagen.” Dr. Reberg zog die Mundwinkel nach unten und hob die Schultern. "Das h"ngt davon ab, wie rasch Sie sich erholen.”
"Zwei, drei Tage?”
"Drei, vier Tage - denke ich”, sagte Dr. Reberg.
Nachdem er gegangen war, setzte sich Waltraude wieder zu Adalbert. Sie nahm seine Hand, drückte sie innig gegen ihre Wange und flüsterte: "Ich bin bei dir. Es wird dir bald wieder gutgehen, Liebster.”
16
Als sie die Kronwasser-Klinik verließ, sprach Gregor Massinger sie an. "Wie geht es ihm?” wollte er wissen.
"Er ist wieder bei Bewusstsein”, antwortete Waltraude spröde.
"Er ist mit der Birne ganz schön hart auf den Boden geknallt.”
Waltraude musterte ihn ernst. "Wieso wartest du hier auf mich?”
Gregor zuckte grinsend die Achseln. "Ich hatte nichts Besseres zu tun”, erklärte er. "Du siehst aus, als könntest du einen Drink vertragen.”
"Ich möchte nichts trinken.”
"Klar möchtest du”, sagte Gregor.
"Nicht mit dir.”
Gregor zeigte seine blitzweißen, regelmäßigen Zähne. "Was hast du gegen mich?”
"Nichts.”
"Dann kannst du dich doch von mir zu einem Drink einladen lassen”, sagte Gregor. "Ist doch nichts dabei.” Er lächelte. "Du kannst mir von Adalbert erzählen. Ich bin ein guter Zuhörer. Ich will nichts von dir.” Er hob die rechte Hand zum Schwur. "Heiliges Ehrenwort. Nur ein bisschen quatschen. Na komm schon.”
Sie wusste nicht, warum sie mit ihm ging. Er schien die besondere Gabe zu besitzen, seinen Mitmenschen seinen Willen aufzuzwingen. Waltraude tat etwas, was sie eigentlich nicht wollte. Sie folgte Gregor Massinger zu seinem Wagen, und wenige Minuten später saß sie ihm in einer kleinen Vorstadtkneipe gegenüber und trank Kognak mit ihm. Wohl fühlte sie sich allerdings nicht dabei. Sie musste immerzu an Adalbert denken. Es hätte ihm bestimmt nicht gefallen, wenn er sie hier mit Gregor Massinger gesehen hätte. Es ist nicht richtig, was du tust, sagte sie sich schuldbewusst - und betäubte ihr schlechtes Gewissen mit Alkohol.
"Sport ist Mord, da sieht man’s wieder”, meinte Gregor grinsend.
"Man kann auch nachts aus dem Bett fallen und sich den Arm brechen.”
"Seit wann gehst du mit Adalbert?” fragte Gregor unvermittelt.
"Seit
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