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Wintermädchen

Wintermädchen

Titel: Wintermädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Halse Anderson
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plus der Tisch selbst, plus der Kronleuchter und die Vitrine für Emmas Glasfigürchen, eine Spezialanfertigung.
    Ich stelle die Kasserolle neben meinen Teller. Schließe das Dad-Emma-Jennifer-Trio in meiner Hand ein, als ich nach der Gabel greife. Ich ziehe eine superfettige Scheibe Bratenfleisch mit blutigem Sud (250) heraus und lasse sie auf meinen Teller fallen. Flatsch!
    Ich halte Jennifer die Kasserolle hin. »Willst du noch ein Stück?«
    Sie stellt sie in die Mitte des Tisches zurück und lenkt das Gespräch wieder auf Emmas Schwierigkeiten beim schriftlichen Teilen.
    Dad versucht gar nicht erst zu verbergen, dass er auf meinen Teller starrt.
    Ich nehme mir ein ganzes Weizenbrötchen (96) aus dem Korb und zwei Stück in Butter geschwenkten Rosenkohl (35), obwohl ich Rosenkohl hasse. Im Jenniferland bin ich ein gutes Vorbild und muss mindestens zwei Bissen von allem nehmen.
    Ich platziere das Brötchen auf den Tellerrand, die Rosenkohlröschen rechts oben und rechts unten, schön symmetrisch. Danach stehe ich auf, um an die Käsekartoffeln heranzukommen, und klatsche mir einen ekelhaften Löffel voll orangefarbener Pampe (70) neben den Truthahn.
    Nur weil ich mir etwas auf den Teller tue, muss ich es noch lange nicht herunterschlucken. Ich bin stark genug, um durchzuhalten die Kartoffeln duften köstlich , bleib stark, leer, leer die Kartoffeln duften stark/leer/stark/atme/tu so, als ob/mach weiter.
    Den Rest des Tellers fülle ich mit Salat auf, nehme mir extraviele Pilze und lasse die Oliven in der Schüssel. Fünf Pilze = 20. Iss fünf Zauberpilze und trink dazu ein großes Glas Wasser, dann quellen sie in deinem Bauch auf wie nebelgraue Schwämme.
    Stark/leer/stark.
    Jennifer fragt Emma, was achtundvierzig durch acht ist. Emma beißt in ihr Brötchen. Dad nickt mit einem anerkennenden Blick auf meinen Teller und sagt, dass er Emma nach dem Nachtisch abfragen wird. »Sogar Geschichtsprofessoren müssen wissen, wie man multipliziert und dividiert, Emmalein.«
    Ich lege mir die Serviette auf den Schoß, dann schneide ich den Truthahn in zwei Teile, dann in vier, dann in acht, dann in sechzehn weiße Häppchen. Die Rosenkohlröschen werden geviertelt. Ich kratze den Käse von einer dünnen Kartoffelscheibe – die mich nicht umbringen wird, Kartoffeln sind selten eine Todesursach e –, schiebe sie mir in den Mund und kaue, kaue, kaue, während ich über die ellenlange Tischdecke lächele. Dad und Jennifer betrachten das Arrangement auf meinem Teller, sagen aber nichts dazu. Kurz nach meinem Einzug hätte das hier als »gestörtes Verhalten« gegolten, Jennifers Stimme wäre schrill geworden und Dad hätte begonnen, an seinem Ehering zu drehen. Inzwischen fällt so etwas unter die Kategorie »Keinen Streit wert, immerhin sitzt sie am Tisch und isst mit uns, und ihr Gewicht ist noch nicht im kritischen Bereich«.
    Ich lasse die linke Hand auf meinen Schoß sinken, schiebe sie unter die Serviette und in den Hosenbund, wo ich die drei schorfigen Zeilen fühle, gerade Linien, wirklich vorhanden.
    Bei jedem Bissen drücke ich meine Finger in die Schnittwunden.
    »Das hast du toll gemacht, Emma!«, lobe ich sie. »Die Kartoffeln sind unglaublich.«
    Während sich Dad über einen Professor aus Chicago beschwert, der soeben haargenau dasselbe Buch veröffentlicht hat wie das, an dem er gerade schreibt, schiebe ich das Essen auf dem Teller immer ein Stückchen weiter im Kreis herum und quetsche es mit der Gabel, bis der Bratensaft zwischen den Zinken hervorquillt.
    Jennifer stellt Emma die Aufgabe, hunderteinundzwanzig durch elf zu teilen. Emma kann es nicht.
    Ich kaue jeden Bissen zehn Mal, ehe ich ihn hinunterschlucke. Fleisch in den Mund, zehn Mal kauen, Salat in den Mund, kauen, kauen, kauen, kauen, kauen, kauen, kauen, kauen, kauen, kauen, matschiger Rosenkohl, Pilzhut, kauen, kauen, kauen. Ich trinke die Milch in kleinen Schlucken, bekomme eine weiße Oberlippe und bin der Beweis dafür, dass es uns allen richtig gut geht.
    »Kriegst du heraus, was hundert durch zehn ist?«, fragt Jennifer.
    Eine Träne rollt Emmas Wange hinunter und landet mit einem Platsch! auf ihren Käsekartoffeln.
    Dad unterbricht sein Geschimpfe und wiegelt ab. »Kein Grund zu weinen, Emma. Lia hat auch ackern müssen, bis sie sich alles merken konnte, aber irgendwann hat es dann geklappt.«
    Mein Stichwort. »Weißt du, was meine Rettung war?«, frage ich. »Der Taschenrechner. Solange man einen Taschenrechner hat, ist alles okay. Glaub

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