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Wintermaerchen

Wintermaerchen

Titel: Wintermaerchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Helprin
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ungeduldig.
    »Haben Sie Ihre eigenen Chips mitgebracht?«
    »Was für Chips? Ich will doch nur eine einzige Frage stellen!«
    »Nur eine Frage?«
    »Ja. Warum nicht?«
    »Die Grundgebühr beträgt eine Million Dollar.«
    »Das ist mir die Sache wert.«
    »Meinetwegen. Die Entscheidung liegt bei Ihnen. Wie lautet die Frage?«
    »Wer ist Jackson Mead?«
    »Wie gesagt: Allein der Zugang zum Zentralcomputer kostet Sie eine Million.«
    »Herrgott, nun machen Sie schon!«
    Ein Operator trat vor eine Tastatur des Terminals und tippte eine Serie von Codes und Orders. Als er damit fertig war, schrieb er wie auf einer Schreibmaschine die Worte: Wer ist Jackson Mead?
    Sekunden später erschien auf dem roten Rubidium-Bildschirm blitzschnell die Antwort: Ich weiß es nicht.
    »Was soll das heißen – ich weiß es nicht ?«, schimpfte Craig Binky. »Lassen Sie mich selbst mit ihm reden!«
    »Das ist nur möglich, wenn wir auf direkte Sprechverbindung schalten.«
    »Dann lassen Sie mich mit dem verdammten Ding reden!«
    »Das halte ich nicht für ratsam.«
    »Holen Sie mir den Scheißkerl an den Apparat!«, brüllte Craig Binky.
    »Okay, fangen Sie an!«
    »Nun hör mal gut zu, du Vollidiot!«, legte Craig Binky los. »Ich habe eine Million Dollar bezahlt, um dir eine einzige simple Frage zu stellen, und du behauptest, du wüsstest die Antwort nicht.«
    »Na und?«, schrieb der Computer auf den Bildschirm.
    »Aber du weißt doch angeblich alles!«
    »Da irren Sie sich gewaltig.«
    »Dann bist du ein Pfuscher und Versager! Ich sollte sofort nach Washington fahren und dir so eins auf die Birne geben, dass alle Lichter ausgehen.«
    »Wollen Sie mir etwa drohen?«, fragte der Computer.
    »Allerdings!«, erwiderte Craig Binky und sprang mit erhobenen Fäusten von einem Fuß auf den anderen. »Ich drohe dir! Weil du nämlich ein elender Feigling bist.«
    Der Computer nahm sich Zeit, dann schrieb er: »Schwachkopf!«
    »Sieh du nur zu, wie du zu deinem Geld kommst!«, schrie Craig Binky und stürmte aus dem Raum.
    Der Computer rief die Registriernummer aller Anlage- und Vermögenswerte ab, über die Craig Binky verfügte – fürwahr ein dickes Paket! Craig Binky hatte noch nicht einmal die Türklinke in der Hand, da waren schon eine Zwangsvollstreckung beantragt und genehmigt, ein Urteilsspruch gefällt, seine Bankkonten gesperrt, die entsprechenden Gebühren und Bußgelder eingezogen und der ganze Fall als Blitzmeldung an alle Zeitungen des Landes gegangen – den Ghost ausgenommen.
    »Dieser verdammte Automat!«, schimpfte Craig Binky, als er mit Alertu und Scroutu wieder im Auto saß. »Diese lausige Blechkiste!« Aber das änderte nichts daran, dass er noch immer nichts über Jackson Mead herausgefunden hatte, obwohl alle anderen Bescheid wussten. Tag für Tag wurden in der Presse Einzelheiten enthüllt, überall bereitete man sich auf Praeger de Pintos öffentliche Erklärung am 1. Dezember vor. Craig Binkys Frustration hätte nicht größer sein können. Er ahnte nicht, dass sogar Abysmillard Bescheid wusste.
    Abysmillard? Jawohl, Abysmillard!
    *
    Von allen Kreaturen, die der liebe Gott erschaffen hatte, war Abysmillard die abgründigste. Schon als kleines Kind hatte er sein abweisendes, ungefälliges Wesen unter Beweis gestellt. Je älter er wurde, desto mehr entfalteten sich diese »Abysmillaritäten« zu voller Blüte. Widerstrebend hatten die Sumpfmänner ihn bei sich behalten (der Einzige, den sie jemals verstoßen hatten, war Peter Lake, weil er eigentlich nicht zu ihnen gehörte), aber insgeheim hofften sie immer – und manchmal gar nicht so insgeheim –, irgendetwas Schnelles und Wirksames würde Schluss mit ihm machen, beispielsweise ein Indianerüberfall, eine verdorbene Muschel oder ein plötzlicher Sturm, der ihn weitab vom Festland in seinem Kanu aus Moos und Baumrinde überraschte.
    Bei seiner Geburt war seine Mutter vor Schreck im Kindbett gestorben. Da ihn keine Sumpffrau stillen wollte, sperrte man ihn zusammen mit einer blinden Ziege in eine Strohhütte. Von ein paar Rülps- und Grunzlauten abgesehen, lernte er nie sprechen, verfügte aber dennoch über die rhetorische Ausdauer eines Senators aus der Provinz, der zu tief ins Glas geschaut hat. Wenn bei den Sumpfleuten Trauer herrschte, überkam Abysmillard gewöhnlich ein Anfall närrischer Ausgelassenheit, und sobald die anderen sich über etwas freuten, schmollte er vor sich hin. Eines seiner Augen schielte nach rechts, während das andere immer an die Decke

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