Wintermaerchen
fast den ganzen Krug leer tranken. Nach einem Weilchen zog Liza Jane ihr Hemd aus, und Dolly tat es ihr nach. Auch ihrer Röcke entledigten sich die Mädchen. Peter, der von dem Muschelbier einen kleinen Rausch hatte, fand diesen Anblick sehr erregend. Dolly war noch in der Pubertät, aber was sie an Fülle vermissen ließ, wurde durch ihre Frische wettgemacht. Außerdem hatte Liza so viel zu bieten, dass es für zwei gereicht hätte. Peter weidete sich an ihren prallen, neckisch wippenden Brüsten. Er war darauf gefasst, dass ihm gleich dasselbe widerfahren würde wie mit Anarinda, nur dass er jetzt zwei Anarindas hatte. Mit einem lustvollen Stöhnen zog er sich aus. Die Mädchen lagen schon auf dem Bett.
Peter verschlang das Knäuel aus Armen, Beinen und Brüsten mit den Augen. Er hörte, wie Liza und Dolly heftig atmend und mit leise schmatzenden Geräuschen aneinander leckten und saugten. Was ging dort vor? Er trat näher an das Bett, um nachzusehen, ob die beiden tatsächlich Anarindas waren. Ja, sie waren Anarindas, daran gab es keinen Zweifel. Was hier geschah, war neu für ihn, aber alles, was er bisher in der Stadt gesehen hatte, war so neu, dass er aus dem Staunen nicht herauskam. Die beiden schienen nicht sonderlich an ihm interessiert zu sein, aber sie ließen ihn bereitwillig in ihren Schoß ein, sodass er sich mehrmals befriedigen konnte.
Stunden später hatte keiner mehr Interesse am anderen, sondern nur noch Hunger auf den heißen Eintopf. Schweigend aßen sie ihre Teller leer und krochen ins Bett, kurz bevor der Morgen graute.
»Morgen gehen wir zum Madison Square. Dort gibt es eine Menge Dummköpfe mit Geld«, konnte Liza Jane gerade noch sagen, dann senkte sich schwer der Schlaf über die drei jungen Menschen herab und drückte sie tief in ihr weiches Lager.
*
Als Peter erwachte, war es noch früh. Die beiden Mädchen neben ihm hatten sich in ihre Decken gerollt. Leise stand er auf und zog sich schnell an. Draußen im Hinterhof beschien die Sonne schon die Kamine auf den Dächern der Häuser. Knietief im Unkraut des verwilderten Gartens stehend fragte sich Peter verwundert, wie es wohl im Inneren jener großen viereckigen Kisten aussah. Er hatte noch nie ein solches Gebäude betreten. Innerlich war er darauf gefasst, eine neue Stadt vor sich zu sehen, sobald er eine der Türen öffnete. So ging er denn an jenem Morgen im späten Frühjahr auf den nächstgelegenen Hauseingang zu und stieß die breite Tür auf. Doch wenn er sich ausgemalt hatte, wie von einem kleinen Hügel herab eine große Stadt an einem kalten Wintermorgen vor sich zu sehen, so mochte ihm das eines Tages vielleicht widerfahren, aber heute schlugen ihm nur Finsternis und ein übler Dunst entgegen. Vorsichtig tastete er sich eine Treppe bis zum ersten Stockwerk hinauf. Da er in den Sümpfen großgeworden war, wusste er nicht, was Höhe bedeutete. Das Geländer war an manchen Stellen mit Draht und Bindfaden umwickelt. Spielende Kinder, dachte Peter. Er sah trotz der Dunkelheit, dass die Wände schmutzig und zerkratzt waren. Welch ein grässlicher Ort, fern von Himmel, Meer und Sand! Peter hätte gewiss sofort den Rückzug angetreten, wäre er nicht einem dunklen Drang gefolgt und noch eine Treppe höher gestiegen. Nun befand er sich im Bauch des Gebäudes, dem Licht des Tages entrückt wie in einem Grab. Schon wollte er umkehren, als er mit jener anmutigen Geste reglos stehen blieb, die dem pirschenden Jäger beim plötzlichen Anblick des Wildes zu eigen ist. Dort oben auf dem Treppenabsatz stand ein Kind! Aber es ist – hoffentlich – kein gewöhnliches Kind, sagte sich Peter. Es mochte kaum älter als drei oder vier Jahre sein, und es war in einen schmuddeligen schwarzen Kittel gekleidet. Der riesige, haarlose Schädel mit den stark hervortretenden Brauen und dem gewölbten Hinterkopf wirkte so, als könnte er jeden Augenblick platzen. Die Kreatur stand an eine Wand gelehnt, hatte einen Daumen im Mund und starrte blicklos vor sich hin. Die Kinnlade zitterte leicht, und der grässliche Ballonschädel schwankte auf dem dünnen Hals wie im Krampf vor und zurück. Der Instinkt sagte Peter Lake, dass dieses Wesen nicht mehr lange zu leben hatte. Gern hätte er geholfen, aber das war ihm in seiner Unerfahrenheit verwehrt. In den Sümpfen konnte es nicht vorkommen, dass ein Kind in einem Treppenhaus dem sicheren Tod überlassen wurde. Was er hier vor sich im Dämmerlicht sah, war die Sterblichkeit des Menschen schlechthin. Er
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