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Wintermörder - Roman

Titel: Wintermörder - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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Vertrauen gab. Doch Vertrauen war mit Risiko behaftet, man lief Gefahr, sich selbst aufs Spiel zu setzen.
    Henri blieb plötzlich stehen und schaute sie an. »Warte.«
    »Was noch?«, fragte sie. »Das waren die guten Nachrichten, und wie schlecht sind die schlechten?«
    »Oliver Winkler war nicht in Hongkong, als sein Sohn entführt wurde.«
    Der Schock traf sie unvorbereitet.
    »Aber ich habe doch mit ihm telefoniert, und ihr habt sofort das Hotel gecheckt.«
    »Stimmt, wir haben angerufen, und uns wurde gesagt, er sei nicht auf seinem Zimmer. Aber als du mit ihm telefoniert hast, saß er in Frankfurt am Flughafen und hat auf seinen Abflug gewartet. Er hatte das Hotel entsprechend instruiert und das Zimmer zwei Tage bezahlt, obwohl er noch nicht dort war. Verstehst du, er ist erst zwei Tage später geflogen, als er ausgesagt hat. Deswegen hat er sich am Telefon wohl auch so seltsam benommen. Er musste seinen Besuch bei den Chinesen absagen und gleichzeitig uns gegenüber so tun, als ob er in Hongkong sei.«
    »Dieses Schwein. Wo war er?«
    »Hier in Frankfurt. Bei seiner jungen Assistentin. Sie hat es inzwischen bestätigt.«
    »Wenn seine Freundin dabei so wenig überzeugend war wie ihr vorgetäuschter Orgasmus, dann solltest du auch dieses Alibi noch einmal nachprüfen.«
    »Da kann ich nur hoffen, ich brauche an dir nicht zu zweifeln«, sagte Henri. Seine Hände fassten nach ihren Schultern, als wollte er sie schütteln. Stattdessen zog er sie an sich und küsste sie auf offener Straße.
    Als er sie endlich losließ, sagte sie: »Wir dürfen nicht länger blind in der Geschichte herumstochern. Wir brauchen einen Durchbruch in den Ermittlungen.«

23
    Die Krisensitzung, die gerade zu Ende gegangen war, brachte kein Signal der Hoffnung. Im Gegenteil. Noch immer hatten sie keine Spur von Frederik Winkler. Die unzähligen Spuren, die sie gesammelt und ausgewertet hatten, ergaben keinen Sinn, wenn sie nichts hatten, mit denen man sie vergleichen konnte. Und Denise Winkler hatte sich in Luft aufgelöst.
    Die Hoffnung, sie könnten ihren Weg nachvollziehen, löste sich schneller auf, als sie die Passagierlisten überprüfen konnten. Es gab mehr als zehn Fluglinien, die die polnische Stadt von Deutschland aus anflogen, von mehr als fünf Flughäfen. Die Frustration war in allen Gesichtern zu sehen. Sie vermischte sich mit der Erschöpfung. Die männlichen Kollegen müssten sich wieder einmal rasieren, und Myriam, die mit Henri am Aufzug stand, hatte das dringende Bedürfnis, sich ein paar Schuhe zu kaufen.
    »Fischer soll Jost im Auge behalten«, sagte sie. »Ich traue ihm nicht. Er verheimlicht etwas. Oder hat einen Plan.«
    »Für eine offizielle Überwachung liegt kein Grund vor.« Henri drückte mehrere Knöpfe gleichzeitig, um seiner Ungeduld Nachdruck zu verleihen.
    »Ich spreche nicht von einer Überwachung. Bleibt ihm einfach auf den Fersen.«
    »Wir sollten mit seiner Kollegin Ramona Neuberger sprechen. Es gibt Gerüchte, dass die beiden ein Verhältnis haben.«
    »Was ist mit deinem Kontakt zur polnischen Polizei?«
    »Ich habe bereits mit Matecki telefoniert. Er ist bereits auf der Suche nach Sophia Fuchs.«
    »Was ist mit den Bildern?«
    »Werden immer noch im Städel geprüft. Ich habe ihm gesagt, er soll Geduld haben.«
    »Es wäre an der Zeit, eine offizielle Zusammenarbeit zu beantragen«, überlegte Myriam.
    »Willst du wirklich den ganzen Apparat in Bewegung setzen? So läuft es schnell und unbürokratisch.«
    »Aber wir können nicht wirklich reagieren, wenn es darauf ankommt. Du weißt doch, wie schnell einem Verfahrensfehler vorgeworfen werden. Matecki soll dir den Namen seines Vorgesetzten nennen.«
    »Okay.«
    »Bleibt noch Oliver Winkler. Hat er etwas mit dem Mord an Henriette Winkler oder der Entführung seines Sohnes zu tun?«
    Myriam drückte entschieden die Taste für den Aufzug, der anscheinend an jedem Stockwerk hielt und lange auf sich warten ließ. »Ich bin übrigens den ganzen Nachmittag unterwegs. Du kannst mich auf meinem Handy erreichen.«
    »Was hast du vor?«
    Myriam antwortete nicht.
    Henris Hand legte sich auf ihre.
    »Du sollst Privatleben und Beruf nicht vermischen«, sagte Myriam und schüttelte seine Hand ab.
    »Warum?«
    »Weil es eine Regel ist.«
    »Wo steht die?«
    »Es ist ein ungeschriebenes Gesetz.«
    »Ungeschriebene Gesetze gelten nicht für mich. Warum soll ich Gesetze einhalten, die es nicht gibt? Genauso gut könnte ich hier stehen und glauben, ich sei in einem

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