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Wintermörder - Roman

Titel: Wintermörder - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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näherte.
    Jost stieg aus. Er war der letzte Mensch, dem sie jetzt begegnen wollte.
    Welche Spur verfolgte er? Dieselbe wie sie?
    Warum war er nicht in der Redaktion geblieben? Vielleicht rief der Entführer wieder an, um seine Forderungen zu nennen, wollte das Versteckspiel beenden und ihnen endlich eine Chance geben, Frederik zu finden.
    Es war kein Wunder, dass ihre Gedanken sich verdrehten. Dieser Fall verlief nicht nach Regeln. Oder nach keinen, die sie verstand.
    Der Journalist ging mit langsamen Schritten auf das Tor zu. Dann blieb er stehen und schaute in ihre Richtung. Mit entschlossenem Schritt ging sie ihm entgegen, reichte ihm sogar die Hand, die trotz der Kälte nass vom Schweiß war, und ärgerte sich sofort wieder darüber.
    Sie stellte die Frage, bevor sie überhaupt nachgedacht hatte: »Wollen Sie so weitermachen?«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Dass Sie gegen uns arbeiten. Warum kooperieren Sie nicht?«
    Der Feigling antwortete nicht. Stattdessen wandte er sich ab und vermied, ihr in die Augen zu sehen. Dennoch gelang es ihr, sich zu beherrschen und ihn ganz ruhig zu fragen: »Hat der Entführer es Ihnen untersagt?«
    Jost schüttelte den Kopf.
    Myriam schien, als ob er etwas sagen wollte, doch sie kam ihm zuvor: »Helfen Sie uns!«
    Warum biederte sie sich an? Wo blieb Henri? Er könnte sie wieder auf Kurs bringen und dieses Gefühl von Bodenlosig
    keit ausschalten.
    »Wer sagt Ihnen, dass ich nicht versuche zu helfen?«
    Alkoholdunst umgab Udo Jost. Und dieser Blick mit den starren Pupillen. Fischaugen waren lebhaft dagegen. Seine Finger rieben ständig aneinander, eine Geste, die ihr unangenehm war und irgendwie peinlich. Die Farbe seines Gesichts erinnerte sie an das blasse, runde Sushibällchen von gestern.
    Ihr Ton wurde scharf: »Er macht Sie zu seinem Komplizen.«
    Er sah auf seine Uhr.
    »Ich werde Sie wegen unterlassener Hilfeleistung verklagen.«
    »Ist es das Einzige, was Sie können?«, fragte Jost langsam. Seine Hand strich über das unrasierte Gesicht. »Anklagen? Drohen?«
    »Ja«, erwiderte Myriam. »Aber das kann ich gut.«
    Das Martinshorn war so laut, dass Myriam zusammenzuckte. Sie drehte sich um. Ron Fischers BMW hielt. Henri und Carl Winkler stiegen gleichzeitig aus.
    Sie spürte für einen kurzen Moment Erleichterung. Genauso lange, bis Jost sagte: »Da kommt er, Ihr Liebhaber!«
    Jost war ihr unheimlich. Er lebte in einer völlig anderen Gedankenwelt als sie. Ihm ging es nicht um das Leben eines Kindes. Nicht einmal darum, die Familie Winkler zu vernichten. Sie wurde das Gefühl nicht los, sein Verhalten habe etwas mit ihr zu tun.
    Carl Winkler ging, ohne sie zu beachten, auf das Friedhofstor zu. Sein Blick war starr nach vorne gerichtet. Sie sah ihm an, dass er nur noch funktionierte. Er ging leicht gebeugt, sah übernächtigt aus. Er war reduziert darauf, den All-
    tag zu überleben.
    Henri nahm ihren Arm, zog sie zur Seite.
    »Es ist etwas passiert«, sagte er.
    »Was? Was ist passiert?« Myriams Körper wurde augenblicklich starr.
    »Denise ist verschwunden.«
    Als sie bemerkte, dass Jost zuhörte, ging sie einige Schritte zur Seite. Schon spürte sie, wie die Zähne aufeinanderschlugen. Auf keinen Fall sollte Jost ihr ansehen, dass sie schlappmachte.
    Zum Teufel, reiß dich zusammen, dachte sie.
    »Verschwunden? Seit wann?«
    »Seit heute Morgen.«
    »Das ist doch nicht möglich. Sie kann doch nicht einfach verschwinden.«
    »Sie hat das Haus durch den Keller verlassen und den Beamten gesagt, dass sie etwas aus der Garage holen müsse. Als wir kamen, um sie zur Beerdigung abzuholen, war sie weg.«
    »Habt ihr versucht, sie auf dem Handy zu erreichen?«
    »Sie geht nicht ran.«
    »Ist sie wahnsinnig? Warum tut sie das? Was ist mit der Beerdigung? Sie war ihre Großmutter!«
    Vom Friedhof erklang plötzlich die Trompete. Der Pilgerchor von Wagner. Das Letzte, was Henriette Winkler gehört hatte, kurz vor ihrem Tod.
    »Sie hat ihren und Frederiks Pass mitgenommen«, erklärte Henri.
    »Dann ist sie zum Flughafen.« Myriam drehte sich um. Ohne nachzudenken ging sie an ihrem Auto vorbei, die Straße entlang.
    »Wo gehst du hin?«, rief Henri ihr nach.
    Fischer fragte irritiert: »Hab ich etwas verpasst? Hast du mit der Staatsanwaltschaft Brüderschaft getrunken?«
    »Sie heißt Myriam«, antwortete Henri. »Alles andere geht dich einen Scheiß an.«
    Myriam stapfte die Straße entlang und ertappte sich beim Wunsch, Moonboots zu tragen, mit breiten Sohlen, die Sicherheit

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