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Wintermond

Wintermond

Titel: Wintermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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schnell an sie herankam. »Poetry in Motion.« Johnny Tillotson. Musik aus einer unschuldigen Epoche. Jack war noch nicht mal geboren, als diese Platte aufgenommen worden war. Er setzte sich auf die Bettkante, lauschte der Musik und verspürte ein leichtes Schuldgefühl, daß er seine Ängste nicht mit Heather teilte. Aber er wollte sie nicht grundlos aufregen. Sie hatte so viel durchgemacht. In gewisser Hinsicht war seine Verletzung und der lange Krankenhausaufenthalt für sie schlimmer gewesen als für ihn, denn sie hatte allein mit den Belastungen des Alltags klarkommen müssen, während er sich erholt hatte. Sie mußte sich von ihrer Anspannung erholen. Wahrscheinlich bestand sowieso nicht der geringste Grund, sich Sorgen zu machen. Ein paar kranke Waschbären. Eine freche Krähe. Ein seltsames Erlebnis auf einem Friedhof - ein unheimliches Erlebnis, der richtige Stoff für eine Fernsehsendung wie Ungelöste Geheimnisse, aber keineswegs die Gefahr für Leib und Leben, die ein ganz gewöhnlicher Polizeibeamter während seines Arbeitstages hundertfach überstehen mußte. Wahrscheinlich würde das Laden und Verstecken der Waffen sich als Überreaktion erweisen. Na ja, er hatte getan, was jeder Cop tun würde. Er hatte alle Vorbereitungen zu seinem Schutz getroffen. Im Radio im Badezimmer sang Bobby Vee >The Night Has a Thousand Eyes ,.
    Hinter den Schlafzimmerfenstern fiel der Schnee stärker als zuvor. Die vormals flauschigen und nassen Flocken waren nun klein, zahlreicher und trocken. Der Wind hatte noch einmal aufgefrischt. Schiere Schneevorhänge wogten und kräuselten sich durch die schwarze Nacht. Nachdem seine Mutter ihm verboten hatte, Falstaff auf dem Bett schlafen zu lassen, und nach den Gute-Nacht-Küssen, und nachdem sein Vater ihm eingeschärft hatte, der Hund solle auf dem Boden schlafen, und nachdem seine Eltern die Lampen ausgeschaltet hatten - bis auf das rote Nachtlicht - und seine Mutter ihm noch einmal Anweisungen bezüglich Falstaff gegeben hatte, und nachdem die Tür zugezogen worden und so viel Zeit verstrichen war, daß er sicher sein konnte, daß weder Mom noch Dad zurückkommen und nach dem Retriever sehen würden, setzte Toby sich im Bett in seiner Nische auf, schlug einladend auf die Matratze und flüsterte: »Komm her, Falstaff. Komm schon, Junge.«
    Der Hund schnüffelte an der Tür zur Hintertreppe. Er jaulte leise und unglücklich.
    »Falstaff«, sagte Toby lauter als zuvor. »Hierher, Junge. Komm her, schnell.«
    Falstaff sah ihn an, drückte die Schnauze dann wieder gegen die Tür und schnüffelte und jaulte gleichzeitig.
    »Komm her - wir spielen Planwagen oder Raumschiff«, lockte Toby ihn.
    Als hätte der Hund plötzlich einen unangenehmen Geruch aufgenommen, nieste er zweimal, schüttelte den Kopf so heftig, daß seine langen Ohren laut klatschten, und wich von der Tür zurück:
    »Falstaff!« zischte Toby.
    Schließlich trottete der Hund durch das Licht zu ihm - ein Licht, wie man es im Maschinenraum eines Raumschiffs fand, oder an einem einsamen Lagerfeuer mitten in der Prärie, wo der Wagentreck Halt gemacht hatte, oder in einem unheimlichen Tempel in Indien, wo man mit Indiana Jones herumschnüffelte und versuchte, ein paar seltsamen Burschen zu entkommen, die gar keine schlechte Idee war. Er fragte sich, wie Schnee wohl schmeckte. Drei Schritte, zwei knarrende Stufen, und er blieb stehen und sah zu dem Hund zurück.
    »Nun?«
    Zögernd lief Falstaff an seine Seite. Gemeinsam schlichen sie die enge Wendeltreppe hinab. Sie versuchten, so leise wie möglich zu sein. Na ja, zumindest einer von ihnen versuchte es, hielt sich dicht an der Wand, weil die Stufen dort nicht so laut knarren würden, aber der andere hatte Krallen, die auf dem Holz schepperten und scharrten.
    »Treppe«, flüsterte Toby. »Stufen. Siehst du? Man kann runtergehen. Man kann raufgehen. Tolle Sache. Hast du gedacht, es wäre was Hinter der Tür? Was denn? Vielleicht die Hundehölle?«
    Mit jeder Stufe, die sie hinabgingen, veränderte sich die Sicht. Da es sich um eine Wendeltreppe handelte, konnte man nicht weit voraussehen, und auch den Boden sah man nicht, nur ein paar Stufen, von denen teilweise die Farbe abblätterte. Überall lauerten tiefe Schatten, da die Glühbirnen an der Decke offenbar altersschwach waren. Das Ende der Treppe konnte zwei Stufen oder hundert entfernt sein, oder fünfhundert, oder man ging hunderttausend Stufen herum und hinab, herum und hinab, und wenn man unten ankam, war man im

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