Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wintermond

Wintermond

Titel: Wintermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
vor Feindseligkeit und Trotz.
    »Jack wird es schaffen, Heather.«
    Die nassen, schwarzen Straßen schimmerten vor verschlungenen Mustern frostkalten Lichts, Reflektionen der Scheinwerfer des entgegenkommenden Verkehrs.
    »Er ist zäh«, sagte Louie.
    »Das sind wir alle«, sagte sie.
    Als Heather um Viertel nach zehn im Westside General Hospital eintraf, war Jack noch im OP! Die Frau am Informationsschalter nannte ihnen den Namen des Chirurgen - Dr. Emil Procnow - und schlug vor, sie sollten nicht in der Hauptlobby, sondern im Besucherraum neben der Intensivstation warten. In diesem Besucherraum hatte man sich die Theorien über die psychologische Wirkung von Farben zunutze gemacht. Die Wände waren limonengelb gestrichen, und die Vinylpolster und Rückenlehnen der grauen Röhrenstühle waren in einem hellen Orange gehalten - als könne man jeden beliebigen Grad von Besorgnis, Angst oder Trauer durch eine entsprechend fröhliche Einrichtung entscheidend lindern. Heather war nicht allein in dem grellbunten Raum. Neben Louie waren noch drei andere Cops anwesend - zwei in Uniform, einer in Zivil -, die sie alle kannte. Sie umarmten sie, sagten, Jack würde es schaffen, boten sich an, ihr Kaffee zu holen und versuchten ganz allgemein, ihr Mut zu machen. Sie waren die ersten von zahlreichen Freunden und Kollegen aus der Abteilung, die mit ihr Krankenwache halten würden, nicht nur, weil Jack gut gelitten war, sondern auch, weil in einer zunehmend gewalttätigen Gesellschaft, bei der in einigen Kreisen der Respekt für Polizisten nicht besonders groß war, Cops mehr denn je darauf bedacht waren, sich umeinander zu kümmern. Trotz der gut gemeinten und aufmunternden Gesellschaft war das Warten entsetzlich. Heather kam sich genauso allein vor, als wäre niemand bei ihr. In einen Überfluß von hartem, fluoreszierendem Licht gebadet, schienen die gelben Wände und die grellorangenen Stühle von Minute zu Minute heller zu werden. Statt ihre Besorgnis zu lindern, machte die Einrichtung sie nervös, und sie mußte immer wieder die Augen schließen. Um 11 Uhr 15 war sie seit einer Stunde im Krankenhaus und Jack seit anderthalb Stunden im OP Diejenigen, die mit ihr warteten - mittlerweile sechs an der Zahl - waren übereinstimmend der Meinung, daß eine so lange Zeit unter dem Messer ein gutes Zeichen war. Wäre Jack tödlich verwundet worden, sagten sie, wäre er nur kurz im Operationssaal geblieben, und die Ärzte hätten die schlechte Nachricht bald bekanntgegeben. Heather war sich dessen nicht so sicher. Sie wollte nicht, daß ihre Hoffnung zu groß wurde, weil sie dann um so tiefer stürzen würde, falls die Ärzte ihr eine schlechte Nachricht bringen würden. Ein heftiger Regenschwall nach dem anderen schlug gegen die Fenster und strömte das Glas hinab. Durch die verzerrende Linse des Wassers schien die Stadt draußen völlig ohne gerade Linien und scharfe Ränder zu sein, eine surreale Metropole aus geschmolzenen Formen. Fremde betraten den Raum, einige mit vom Weinen roten Augen, alle gespannt, Freunde und Verwandte anderer Patienten, die auf die Auskunft der Ärzte warteten. Einige von ihnen waren naß vom Sturm und trugen die Gerüche von nasser Wolle und Baumwolle mit sich hinein. Heather schritt auf und ab. Sie sah aus dem Fenster. Sie trank bitteren Kaffee aus einem Automaten. Sie nahm mit einer einen Monat alten Ausgabe von Newsweek Platz und versuchte, einen Bericht über die heisseste neue Schauspielerin in Hollywood zu lesen, doch jedesmal, wenn sie das Ende eines Absatzes erreichte, konnte sie sich an kein einziges Wort mehr erinnern. Als Jack um 12 Uhr 15 seit zweieinhalb Stunden unter dem Messer lag, taten Jacks Kollegen weiterhin so, als wären keine Nachrichten gute Nachrichten und als würde die Prognose für Jack mit jeder Sekunde besser, die die Ärzte ihn operierten. Einigen, darunter auch Louie, fiel es jedoch immer schwerer, Heathers Blick zu erwidern, und sie sprachen so leise wie bei einem Bestattungsunternehmer. Das Grau des Sturms draußen war in ihre Gesichter und Stimmen gesickert. Heather betrachtete die Newsweek, ohne sie wirklich zu Sehen, und fragte sich allmählich, was aus ihr selbst werden sollte, falls Jack es nicht schaffte. Diese Gedanken kamen ihr verräterisch vor, und sie unterdrückte sie zuerst, als würde schon der bloße Gedanke an ein Leben ohne Jack dazu beitragen, daß er starb. Er durfte nicht sterben. Sie brauchte ihn, und Toby auch. Der Gedanke, Toby die Nachricht vom Tod

Weitere Kostenlose Bücher