Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wintermond

Wintermond

Titel: Wintermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
so schlimm«, sagte Toby, aber seine Unterlippe zitterte. »Was ist mit dem Verbrecher?«
    »Er ist tot.«
    »Daddy hat ihn erwischt?«
    »Ja, er hat ihn erwischt.«
    »Gut«, sagte Toby ernst.
    »Daddy hat das Richtige getan, und jetzt müssen auch wir das Richtige tun. Wir müssen stark sein. Okay?«
    »Ja.«
    Er war so klein. Es war nicht fair, solch eine Last auf einen so kleinen jungen zu legen.
    »Daddy muß wissen, daß wir in Ordnung sind, daß wir stark sind«, sagte sie, »damit er sich um uns keine Sorgen machen muß und sich darauf konzentrieren kann, wieder gesund zu werden.«
    »Klar.«
    »Braver Junge.« Sie drückte seine Hände. »Ich bin wirklich, stolz auf dich, weißt du das?«
    Plötzlich sah er ganz schüchtern zu Boden. »Na ja...ich bin...ich bin stolz auf Daddy.«
    »Das solltest du auch, Toby. Dein Vater ist ein Held.«
    Er nickte, konnte aber nichts sagen. Er verzerrte das Gesicht bei dem Versuch, die Tränen zurückzuhalten.
    »Sei lieb zu Mae.«
    »Ja.«
    »Ich komme so schnell wie möglich zurück.«
    »Wann?«
    »Sobald ich kann.«
    Er sprang vom Sessel auf und in ihre Arme, so schnell und mit solcher Kraft, daß er sie fast von der Fußbank gerissen hätte. Sie drückte ihn heftig an sich. Er zitterte, als hätte er einen Fieberschauer, obwohl dieses Stadium seiner Krankheit seit fast zwei Tagen vorbei war. Heather schloß ganz fest die Augen und biß sich so stark auf die Zunge, daß es fast geblutet hätte. Sei stark, verdammt, sei stark, auch wenn es ungerecht war, daß jemand so stark sein mußte.
    »Ich muß los«, sagte sie leise.
    Toby löste sich von ihr. Sie lächelte ihn an und strich sein zerzaustes Haar glatt. Er setzte sich in den Sessel und legte die Beine wieder auf die Fußbank. Sie zog die Decken bis über seine Schultern und schaltete den Ton des Fernsehgeräts wieder lauter. Elmer Fudd versuchte, Bugs Bunny umzubringen. Verrücktes Kaninchen. Bummbumm, päng-päng; ritsch-ratsch, wumm, klirr, haha, die unaufhörliche Verfolgung hielt ewig an.
    In der Küche umarmte Heather ihre Nachbarin. »Achten Sie darauf, daß er keine Nachrichtensendung sieht, vielleicht berichten sie ja kurz darüber.«
    Mae Hong nickte. »Wenn er die Zeichentrickfilme leid ist, spielen wir irgendwas.«
    »Diese Arschlöcher von den Nachrichtensendungen müssen immer zeigen, wie das Blut fließt, damit sie auf ihre Einschaltquoten kommen. Ich will nicht, daß er das Blut seines Vaters auf dem Boden sieht.«
    Der Sturm spülte alle Farbe aus dem Tag. Der Himmel war verkohlt wie ausgebrannte Ruinen, und schon in einem halben Häuserblock Entfernung sahen die Palmen schwarz aus. Windgepeitschter Regen hämmerte, grau wie Eisennägel, auf alle Oberflächen, und in den Rinnsteinen strömte schmutziges Wasser. Louie Silverman trug Uniform und fuhr einen Streifenwagen, und so schaltete er Blaulicht und Sirene ein, um freie Fahrt zu haben, und hielt sich von den Freeways fern. Heather saß neben Louie auf dem Beifahrersitz, die Hände zwischen den Schenkeln gefaltet, die Schultern gekrümmt. Sie zitterte am ganzen Leib. »Na schön«, sagte sie, »jetzt sind wir unter uns, Toby kann uns nicht hören, also sag mir die Wahrheit.«
    »Es ist schlimm. Das linke Bein, der rechte Unterleib und die rechte Brustseite. Das Arschloch war mit einer Micro Uzi bewaffnet, NeunMillimeter-Munition, also kein kleines Kaliber. Jack war bewußtlos, als wir am Tatort eintrafen, und die Sanitäter konnten ihn nicht wieder zu sich bringen.«
    »Und Luther ist tot.«
    »Ja.«
    »Luther kam mir immer...«
    »... wie ein Felsen vor.«
    »Ja. Als würde es ihn immer geben. Wie ein Berg.«
    Sie fuhren einen Häuserblock lang schweigend weiter.
    »Wie viele andere?« fragte sie dann.
    »Drei. Der Besitzer der Tankstelle, ein Mechaniker und ein Tankwart. Aber dank Jack hat die Miteigentümerin, Mrs. Arkadian, überlebt.«
    Sie waren noch gut einen Kilometer vom Krankenhaus entfernt, als ein Pontiac vor ihnen sich weigerte, an den Straßenrand zu fahren und den Streifenwagen vorbeizulassen. Er hatte übergroße Reifen, eine hochgelegte Karosserie und vorn und hinten Luftansaugstutzen. Louie wartete auf eine Lücke im entgegenkommenden Verkehr und fuhr dann über die durchgezogene Linie, um den Wagen zu überholen. Als sie an dem Pontiac vorbeifuhren, machte Heather vier wütend aussehende junge Männer darin aus, die Haare zurückgekämmt und hinten zusammengebunden, die moderne Version der alten Gangsterfrisur, die Gesichter hart

Weitere Kostenlose Bücher