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Wintermond

Wintermond

Titel: Wintermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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dieses Ding, nicht dieses unreine Ding, Margarite ist an einem besseren Ort, im Himmel, bei Gott, muß bei Gott sein. Margarite hat verdient, bei Gott zu sein, nicht nur das, nicht so ein Ende, sie ist bei Gott, sie ist bei Gott, hat diesen Körper schon lange verlassen und ist bei Gott...
    ...und nach dem ersten Augenblick der Konfrontation glaubte er, er würde wieder in Ordnung kommen, es würde ihm gelingen, bei Verstand zu bleiben und die Schrotflinte zu heben und auf dieses abscheuliche Ding zu schießen, bis es über die Veranda zurückflog, Salve um Salve in dieses Ding zu pumpen, bis es nicht mehr die geringste Ähnlichkeit mit seiner Margarite hatte, bis es nur noch ein Haufen aus Knochensplittern und organischem Abfall war, das nicht mehr die Macht hatte, ihn in die Verzweiflung zu stürzen. Dann sah er, daß er nicht nur von diesem abscheulichen Surrogat besucht worden war, sondern von dem Reisenden selbst, zwei Konfrontationen auf einmal.
    Der Außerirdische war mit dem Leichnam verschlungen, hing auf seinem Rücken, war aber auch in Körperöffnungen eingedrungen, ritt auf und in der Toten. Sein Körper schien weich und für die Schwerkraft, mit der er es hier zu tun hatte, ungeeignet zu sein, so daß er vielleicht Halt brauchte, um sich unter diesen Bedingungen fortbewegen zu können. Schwarz war es, schwarz und glitschig und unregelmäßig mit roten Tupfern gefleckt, und es schien nur aus einer Masse ineinander verschlungener und zuckender Anhängsel zu bestehen, die im einen Augenblick so fließend und glatt wie Schlangen wirkten, im nächsten jedoch so hart und gegliedert wie die Füße einer Krabbe. Nicht muskulös, wie das Zusammenrollen einer Schlange, oder gepanzert, wie Krabben, sondern feucht und geliert. Eduardo sah keinen Kopf, keine Kopföffnungen, keine vertrauten Merkmale, anhand derer er das obere Ende vom unteren unterscheiden konnte, doch er konnte auch nur einen ganz kurzen Blick auf den Reisenden werfen, und ihm blieben auch nur ein paar Sekunden, um zu verarbeiten, was er sah. Der Anblick dieser leuchtend schwarzen Tentakel, die sich aus dem Brustkorb der Leiche schlängelten, führte ihn zu der Erkenntnis, daß der seit drei Jahren Toten weniger Fleisch geblieben war, als er anfangs angenommen hatte, und es sich bei dem Großteil der Erscheinung vor ihm um den Mitfahrer auf den Knochen handelte. Die verschlungenen Anhängsel quollen dort hervor, wo sich früher Herz und Lungen befunden hatten, und schlangen sich wie kleine Ranken um Schlüsselbein und Schulterblatt, um Oberarmknochen und Elle und Speiche, um Oberschenkelknochen und Schienbein, füllten sogar den leeren Schädel aus und brodelten wie verrückt hinter den Rändern der leeren Augenhöhlen. Dies war mehr, als er ertragen konnte, und auch die Bücher hatten ihn darauf nicht vorbereitet, es war zu fremd, eine Obszönität, die er nicht ertragen konnte. Er hörte, daß er schrie, hörte es, konnte aber nicht aufhören, und er konnte das Gewehr nicht heben, weil all seine Kraft in dem Schrei lag. Obwohl es ihm wie eine Ewigkeit vorkam, verstrichen nur fünf Sekunden von dem Augenblick, da er die Tür aufriß, bis zu dem, da sein Herz sich in einem tödlichen Krampf zusammenzog. Trotz des Dings, das auf der Schwelle der Küchentür stand, trotz der Gedanken und des Entsetzens, die in diesem Zeitsplitter in seinem Gehirn explodierten, wußte Eduardo genau, daß es fünf Sekunden waren, weil ein Teil von ihm sich des Tickens der Uhr bewußt blieb, der düsteren Kadenz, fünf Schläge, fünf Sekunden. Dann flammte ein versengender Schmerz in ihm auf, der Ahnherr aller Schmerzen, nicht die Folge eines Angriffs des Reisenden, nein, er kam aus ihm selbst und wurde von einem weißen Licht begleitet, das so hell war wie vielleicht der Kern einer Atomexplosion, eine alles auslöschende Helligkeit, die den Reisenden aus seinem Blick radierte und alle Belange der Welt aus seiner Überlegung.
    Friede.

DREIZEHNTES KAPITEL
    Da Jack außer der Rückgratfraktur auch einige Nervenschäden erlitten hatte, mußte er sich in der Phoenix-Rehabilitationsklinik einer längeren Therapie unterziehen, als er eigentlich erwartet hatte. Wie versprochen, lehrte Moshe Bloom ihn, den Schmerz als Freund zu sehen, als Beweis für Fortschritte auf dem Weg zur Genesung. Anfang Juli, vier Monate nach dem Tag, an dem er angeschossen worden war, war der langsam abnehmende Schmerz schon solange sein Gefährte, daß es sich bei ihm nicht mehr nur um

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