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Wintermond

Wintermond

Titel: Wintermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Jahre als Software-Designerin bei IBM verliehen ihren Glaubwürdigkeit. Als Jack nach Hause kam, hatte Heather einen Vertrag mit dem Besitzer einer Kette von acht Bars unterschrieben, für ihn maßgeschneiderte Inventar- und Buchhaltungsprogramme zu schreiben. Eine der wenigen Branchen, die während der derzeitigen Wirtschaftslage gediehen, waren Etablissements, die Schnaps und eine angenehme Atmosphäre verkauften, in der man ihn trinken konnte, und Heathers erster Kunde war nicht imstande, seine ständig beliebter werdenden Kneipen zu überwachen. Der Gewinn aus ihrem ersten Vertrag würde nicht einmal annähernd den Verlust ausgleichen, den sie erlitten hatte, seit man ihr im Oktober gekündigt hatte. Doch sie war überzeugt, daß die Mundpropaganda ihr weitere Kunden bescheren würde, wenn sie für den Kneipenbesitzer eine erstklassige Arbeit zustande brachte. Jack freute sich, sie wieder zufrieden an der Arbeit zu sehen. Ihren Computer hatte sie auf zwei großen Klapptischen im Gästeschlafzimmer aufgebaut; die Matratze und das Bettgestell standen nun hochkant an einer Wand. Sie war immer am glücklichsten gewesen, wenn sie viel zu tun gehabt hatte, und sein Respekt vor ihrer Intelligenz und ihrem Fleiß war so groß, daß es ihn nicht überrascht hätte, wenn das bescheidene Büro der Firma McGarvey Associates schon bald auf die Größe der Zentrale des Konzerns Microsoft angewachsen wäre. Als er ihr das am vierten Tag nach der Entlassung aus dem Krankenhaus auch sagte, lehnte sie sich auf ihrem Bürostuhl zurück und blies sich auf, als schwelle ihr vor Stolz die Brust.
    »Jawoll, genau das bin ich. Bill Gates ohne den Ruf als Mistkerl.«
    Jack lehnte sich gegen den Türrahmen; er kam bereits mit einer Krücke aus. »Ich sehe dich lieber als Bill Gates mit tollen Beinen.«
    »Sexist.«
    »Schuldig.«
    »Woher willst du außerdem wissen, daß Bill Gates nicht bessere Beine hat, als ich sie habe? Hast du seine Beine schon mal gesehen?«
    »Na schön, ich nehme alles zurück. Ich hätte sagen sollen. Was mich betrifft, bist du ein genauso großes Miststück, wie man es Bill Gates nachsagt.«
    »Vielen Dank.«
    »Gern geschehen.«
    »Sind sie wirklich so toll?«
    »Was?«
    »Meine Beine.«
    »Hast du überhaupt welche?«
    Obwohl er bezweifelte, daß die Mundpropaganda ihrem >Unternehmen< so schnell Auftrieb geben würde, daß sie die Rechnungen und die Raten fürs Haus bezahlen konnten, machte Jack sich nicht allzu große Sorgen - bis zum vierundzwanzigsten Juli als er die erste Woche zu Hause hinter sich gebracht hatte. Seine Stimmung begann sich zu verschlechtern. Sein charakteristischer Optimismus zerbrökkelte nicht einfach Stück für Stück, sondern brach mitten durch und war auf einen Schlag ganz verschwunden. Er konnte nicht schlafen, ohne zu träumen, und die Träume wurden von Nacht zu Nacht blutiger. Er erwachte normalerweise drei oder vier Stunden nachdem er zu Bett gegangen war, mitten in einem Panikanfall, und konnte danach nicht mehr einschlafen, ganz gleich, wie müde er war. Bald setzte ein allgemeines Unwohlsein ein. Das Essen schien einen Großteil seines Geschmacks zu verlieren. Er blieb im Haus, weil die Sommersonne unangenehm hell wurde, und die trockene Wärme Kaliforniens, die er immer gemocht hatte, trocknete ihn nun aus und machte ihn gereizt. Obwohl er immer gern gelesen hatte und eine große Sammlung Bücher besaß, fand er keinen Schriftsteller mehr - auch nicht unter denen, die er zuvor geschätzt hatte -, der ihm noch zusagte. Keine Geschichte konnte ihn mehr fesseln, ganz gleich, mit wieviel Kritikerlob sie vorher bedacht worden war, und er mußte oft einen Absatz dreioder viermal lesen, bis die Bedeutung den Dunst in seinem Geist durchdrang. Arn achtundzwanzigsten Juni, ganze elf Tage nachdem er aus der Rehabilitation entlassen worden war, steigerte sich das allgemeine Unwohlsein zu einer glatten Depression. Er ertappte sich, daß er öfter denn je über die Zukunft nachdachte - und was er voraussah gefiel ihm nicht. Aus dem ausgelassenen Schwimmer im Meer des Optimismus war ein geducktes, verängstigtes Geschöpf in einem toten Gewässer der Verzweiflung geworden. Er las die Tageszeitung viel zu genau, brütete zu lange über die aktuellen Ereignisse nach und verbrachte viel zu viel Zeit vor den Fernsehnachrichten. Kriege, Völkermorde, Aufstände, Überfälle von Terroristen, politisch begründete Bombenattentate, Bandenkriege, ziellose Schüsse aus vorbeifahrenden Autos,

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