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Wintermond

Wintermond

Titel: Wintermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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einen Freund, sondern um einen Bruder handelte. Als er am siebzehnten Juli aus der Rehaklinik entlassen wurde, konnte er wieder laufen, wenngleich er dazu der Hilfe nicht nur einer, sondern zweier Krücken bedurfte. Allerdings benutzte er nur selten beide Krücken, manchmal gar keine; allerdings hatte er ohne Krücken ständig Angst, zu fallen, besonders auf Treppen. Obwohl er nur langsam vorankam, ging er den größten Teil der Zeit über sicher; doch ein unsteter Nervenimpuls konnte jederzeit dazu führen, daß er die Kontrolle über ein Bein verlor und am Knie einknickte. Diese unangenehmen Überraschungen erfolgten jedoch von einer Woche zur anderen seltener. Er hoffte, die eine Krücke im August und die andere im September endgültig loswerden zu können. Moshe Bloom war zwar so massiv wie ein Fels, schien aber noch immer auf einem dünnen Luftkissen über dem Erdboden zu schweben, auch, als er Jack zum Haupteingang begleitete, während Heather den Wagen vom Parkplatz dorthin fuhr. Der Physiotherapeut war wie üblich ganz in Weiß gekleidet, doch am heutigen Tag war sein Käppchen gehäkelt und bunt. »Hören Sie, machen Sie ja Ihre täglichen Übungen.«
    »Klar doch.«
    »Auch, wenn Sie schon ohne die Krücken auskommen.«
    »Werde ich.«
    »Man neigt dazu, zu früh damit aufzuhören. Wenn der Patient die meisten Funktionen zurückerlangt und wieder an Selbstvertrauen gewinnt, kommt er zum Schluß, auf die Übungen verzichten zu können. Aber der Heilungsprozeß geht dank der Übungen weiter, auch wenn er es nicht merkt.«
    »Ich bin doch nicht taub.«
    Moshe hielt Jack die Tür auf. »Und eh man sich versieht, bekommt er wieder Probleme und muß zur ambulanten Behandlung zurückkehren, um den verlorenen Boden wiedergutzumachen.«
    »Ich doch nicht«, versicherte Jack ihm und humpelte an Krücken in den herrlich warmen Sommertag hinaus.
    »Nehmen Sie Ihre Medikamente, wenn Sie sie brauchen.«
    »Werde ich.«
    »Versuchen Sie nicht, den harten Burschen zu spielen.«
    »Auf keinen Fall.«
    »Und wenn Sie eine Entzündung bekommen, nehmen Sie ein heißes Bad mit Epsomer Bittersalz.«
    Jack nickte ernst. »Und ich schwöre bei Gott, ich werde jeden Tag brav meine Hühnersuppe essen.«
    »Ich will Sie nicht bemuttern«, sagte Moshe und lachte.
    »Doch, das wollen Sie.«
    »Nein, eigentlich nicht.«
    »Sie bemuttern mich schon seit Wochen.«
    »Wirklich? Ja, allerdings, ich will Sie bemuttern.«
    Jack hängte eine Krücke an seinen Unterarm, damit er dem Therapeuten die Hand geben konnte. »Vielen Dank, Moshe.«
    Der Therapeut gab ihm die Hand und umarmte ihn dann.
    »Sie haben ein tolles Comeback geschafft. Ich bin stolz auf Sie.«
    »Und Sie sind verdammt gut in diesem Job, mein Freund.«
    Als Heather und Toby in dem Wagen heranfuhren, grinste Moshe. »Natürlich bin ich das. Wir Juden kennen uns mit dem Leiden aus.«
    Ein paar Tage lang war es eine solche Freude, einfach in seinem eigenen Haus zu sein und seinem eigenen Bett zu schlafen, daß Jack von ganz allein in optimistische Stimmung kam. Er saß in seinem Lieblingssessel, aß, wann immer er wollte (und nicht dann, wann ein starrer Krankenhausplan es von ihm verlangte), half Heather beim Kochen, las Toby Gutenachtgeschichten vor, sah nach zehn Uhr abends fern, ohne Kopfhörer tragen zu müssen - diese Dinge erfreuten ihn mehr als jeder Luxus und alle Vergnügungen, die ein saudiarabischer Prinz kennen mochte. Was die Finanzlage der Familie betraf, so blieb er besorgt, faßte aber auch in dieser Hinsicht neue Hoffnung. Er rechnete damit, im August wieder arbeitsfähig zu sein, zumindest wieder sein normales Gehalt zu bekommen. Bevor er jedoch den Streifendienst wieder aufnehmen konnte, mußte er sich harter körperlicher und psychologischer Untersuchungen und Tests unterziehen, mit denen man feststellen wollte, ob er irgendein Trauma erlitten hatte, das seine Leistung beeinträchtigen würde; demzufolge würde er ein paar Wochen lang Schreibtischdienst verrichten müssen.
    Während die Rezession sich mit wenig Zeichen der Erholung dahinschleppte und jede Initiative der Regierung einzig und allein darin zu bestehen schien, weitere Arbeitsplätze zu vernichten, hatte Heather es aufgegeben, darauf zu warten, daß ihre zahlreichen Bewerbungsschreiben Früchte trugen. Als Jack in der Rehaklinik war, war Heather Unternehmerin geworden - »Howard Hughes ohne den Wahnsinn«, scherzte sie - und sich unter der Bezeichnung McGarvey Associates selbständig gemacht. Zehn

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