Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wintermond (German Edition)

Wintermond (German Edition)

Titel: Wintermond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. Hart
Vom Netzwerk:
schritt auf die Dusche zu, ignorierte dabei sein Spiegelbild über dem Waschbecken, und drehte den Duschhahn auf. Er befreite sich aus der nassen Badehose und ließ sie unachtsam zu Boden fallen. Dann betrat er die Dusche, schloss die Glastür hinter sich und begann das wärmende Gefühl des Wasserstrahls auf seiner nackten Haut zu genießen. Seine Muskeln entspannten sich und er kam sich fast vor wie als Kind, wenn er im Winter im Schnee gespielt und danach ein heißes Bad von seiner Mutter eingelassen bekommen hatte. Doch außer diesem gewissen Wohlfühleffekt ähnelte nichts dem Dasein eines unschuldigen Kindes. Es kam ihm vor, als hätte er etwas Verbotenes getan. Etwas so Verbotenes, dass er sich schlechter fühlte als nach dem Einbruch am Pinnasberg. Sein schlechtes Gewissen dehnte sich in ihm aus und löste ein Gefühl von Hilflosigkeit und Angst in ihm aus. Ihm wurde schwindelig und auch etwas übel. Am liebsten würde er das, was passiert war, rückgängig machen und es kein weiteres Mal so weit kommen lassen. Das war einfach nicht sein Charakter. Er, Alexander Tannenberger, war anders und vor allem nicht schwul. Es kam ihm vor, als ob man seine Seele in einen fremden Körper gesteckt hätte, der simpler strukturiert war und einfach das tat, wonach ihm gerade war. Alex’ Verstand wurde dabei völlig außen vor gelassen. Von Minute zu Minute begann er sich dreckiger und schäbiger zu fühlen. Er griff nach dem Duschgel, drückte sich eine Handvoll davon auf den sowieso schon völlig zerzausten Verband und begann sich zu waschen. Ganz hektisch verteilte er das Waschgel auf seinem Körper und rieb es dabei so kräftig auf seine Haut, dass diese bereits rot wurde. Er wollte den ganzen Dreck loswerden, den Sex einfach abwaschen - jede kleinste Spur, sei es Schweiß oder Sperma. Dann wusch er seinen Schwanz und seine Eier. Dabei begann er sich noch mehr vor sich selbst zu ekeln. Es war absurd, doch sein eigener Schwanz begann ihn anzuwidern. Ihm wurde noch schlechter und obwohl da eine gewisse Länge in seinem Schritt baumelte, kam er sich keineswegs mehr wie ein Mann vor, sondern wie ein Weichei, ein Loser und eine erbärmliche Schwuchtel.
    Obwohl er sich bereits zweimal vollständig eingeseift und abgeschäumt hatte, wiederholte er die ganze Prozedur noch ein drittes Mal. Das fühlte sich besser an und gab ihm mehr Sicherheit, dass nun kein Beweis des Vorfalls mehr an ihm haftete. Dann blieb er noch etwas unter dem warmen Wasser stehen, fuhr sich über die Haare und schloss die Augen. Zwar fühlte er sich nun schon etwas besser und wacher, doch dabei auch zunehmend weiter zurück in der Realität, was ihm wiederum neue Angst machte. Wie sollte er Ben künftig aus dem Weg gehen? Wollte er das überhaupt?
    Ja, er schob das ganze Geschehen auf seinen Hormonstau, doch in Wahrheit wusste er mehr. Er wusste, dass er sich selbst belog und seinem Verstand dabei gewisse Fakten vorenthielt. Aber genau das ähnelte viel mehr einem zwanghaften Verhalten. Denn sobald er auch nur einen Teil der Wahrheit durch seinen Kopf ziehen lassen wollte, wurde dieser Gedanke sofort von einer abtuenden und besserwisserischen Stimme zunichte gemacht. Er hatte gar keine Chance, genauer nachzudenken oder mit irgendwelchen absurden Interpretationen zu beginnen. Dennoch wusste er eines und gegen diese Tatsache konnte auch seine innerliche Stimme nicht an: Ben hatte ihn geil gemacht und er war in Ben gekommen. Auch ohne weiter darüber nachzudenken, sprachen diese beiden Fakten für sich. Weiter kam sein Gedankenzug nicht, denn schon wieder übertönte die andere Stimme seine Gedanken und redete ihm ein, dass selbst das rein gar nichts bedeuten würde.
    Alex drehte den Duschhahn aus und blieb noch ein paar weitere Sekunden in der Duschkabine stehen. Er beobachtete den vielen Schaum, den er verursacht hatte, wie er sich wolkenförmig am Abfluss staute. Das warme Wasser perlte von seiner Haut und zog dabei nasse Spuren über seine Haut, die durchsichtigen Adern glichen. Er fuhr sich noch einmal über die Haare und drückte dabei weiteres überschüssiges Wasser aus ihnen. Dann öffnete er die Duschkabine und trat nach draußen. Er streckte seinen Arm aus und griff nach einem weißen Handtuch, mit dem er sich einmal über den Kopf rubbelte und es gleich darauf um seine Hüften schlang. Er trat weitere Schritte vorwärts und blieb vor dem völlig beschlagenen Spiegel stehen. Eigentlich war er froh, dass er sich nicht sehen musste. Dennoch fragte

Weitere Kostenlose Bücher