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Wintermond (German Edition)

Wintermond (German Edition)

Titel: Wintermond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. Hart
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geschrieben hatte. Das dritte, was ihm dann plötzlich auffiel, war, dass der Brief sogar aus mehreren Zetteln bestand, die so eng aneinander gehaftet hatten, dass Ben diese Tatsache erst jetzt bemerkte.
    Sein Puls beschleunigte sich vor Aufregung und die Neugierde in ihm nahm noch einmal heftig zu.
    Er betrachtete den Brief ein letztes Mal als ein Ganzes und begann schließlich sorgfältig zu lesen:

    Hey Ben,
    wahrscheinlich bist du gerade erst aufgewacht und fragst dich, wo ich bin. Deshalb erst mal vorweg: Ich bin nicht wegen dir abgehauen oder wegen dem, was wir gestern erlebt haben. Ich steh noch immer zu dir und meinen Gefühlen. Daran wird sich so schnell nichts mehr ändern.
    Warum ich dir einen Brief schreibe? Ich hab keine Ahnung, aber irgendwie das Gefühl, dir alles so etwas leichter erklären zu können.
    Nach unserem gemeinsamen Nachmittag gestern und der Erkenntnis, dass sich mein Leben fortan in eine völlig neue Richtung bewegt, ist mir bewusst geworden, dass ich noch einige Dinge hinter mir lassen und klären muss. Dazu gehört zum Beispiel das Beseitigen meiner Schulden. Heute ist Stichtag. Die Typen wollen ihr Geld haben. Deshalb werd ich die unschöne Sache wohl oder übel erledigen müssen. Glaub mir ... es fällt mir nicht leicht, mich zurück in dieses schmierige Milieu zu begeben ...
    Aber das ist längst nicht alles. Weißt du, ich hab viel Scheiße durchgemacht und mich dadurch mit der Zeit im Selbstmitleid ertränkt. Meine Trauer wurde zu Wut und so kam es, dass ich von meinem eigentlichen Weg abgekommen bin und mich auf die falschen Typen eingelassen hab. Ich bereu den Tag, an dem das passiert ist. Das Pokern wurde zu einer echten Sucht. Insgesamt hab ich öfter verloren als gewonnen, aber mein Vater stand mir finanziell immer zur Seite. Deshalb musste ich mir keine Sorgen machen. Dann kam der Tag, an dem ich zu hoch gepokert und meinen Kumpel, Diego, dabei mit in die ganze Scheiße gezogen hab. Das war der Tag, an dem ich mich um 40.000 Euro verschuldet hab ... und das war der Tag, von dem an alles nur noch bergab ging. Übrigens war es auch der Tag, an dem wir uns das erste Mal begegnet sind, draußen vor der Villa. Als ich deinen Wagen gesehen hab, dachte ich, dass du einer von den Kerlen wärst, die dem Typen angehören, bei dem ich mich verschuldet hab. Ich dachte, dass die sofort Druck machen wollen, um ihr Geld so schnellstmöglich zu bekommen. Zuvor hab ich meine Schulden ja fast immer sofort und in bar getilgt. Außerdem ist es vorher noch bei keinem Spiel um so viel Geld gegangen. Du bist also zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort gewesen, was vermutlich der Beginn meines Hasses gegen dich gewesen ist. Ich konnte dich nicht leiden, hab dich richtig verachtet. Du bist einfach an einem unpassenden Tag in der Villa aufgetaucht. Außerdem konnte ich es nicht ertragen, wie mein Vater dich von Beginn an vergöttert hat. Hinzu kam, dass du schwul warst und ich bis dahin nicht sonderlich viel von dieser Neigung gehalten hab.
    Schon komisch ... alles hat verhasst begonnen und nun sitz ich hier ... neben dir im Bett ... und hab das Gefühl, überhaupt nicht mehr ohne dich klarkommen zu können. Ich hätte nie gedacht, dass ich selbst schwul sein könnte. Mein Leben lang hab ich nur was mit Frauen gehabt und bin mehr oder weniger zufrieden damit gewesen. Etwas anderes wäre mir auch nicht in den Sinn gekommen. Doch dann kamst du und mit jedem neuen Tag hab ich gemerkt, dass sich mein Hass gegen dich immer stärker in eine ganz andere Richtung bewegt hat. Das wollte ich mir jedoch nicht eingestehen. Unser seltsames Verhältnis zueinander kam mir vor wie ein Spiel, das nur funktionieren konnte, wenn wir beide mitspielten. Dass sich daraus tatsächlich etwas wie Zuneigung und Liebe entwickeln könnte, hätte ich niemals für möglich gehalten. Aber ich bin froh, meine Gefühle noch rechtzeitig erkannt zu haben und dankbar, dass du so um mich gekämpft und einfach nicht aufgegeben hast. Dabei weiß ich, wie viel Scheiße ich gebaut hab. An dieser Stelle will ich mich auch noch mal für die Sache mit dem Safe entschuldigen. Mann, es tut mir leid, dass ich versucht hab, dir etwas so Heftiges anzuhängen! Das ist einfach so passiert und ich weiß, dass ich dir dein Praktikum damit versaut hab. Aber ich werd noch mal mit meinem Vater reden und vielleicht lässt sich da ja noch irgendwas machen ...
    So, jetzt hab ich schon so viel geschwafelt, aber noch immer nichts von dem geschrieben, worum es

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