Wintermond (German Edition)
Knie, sogar bis in den unteren Rücken.
Gleichzeitig durchfuhr ihn eine enorme Panik, weil er wusste, den Kampf möglicherweise verloren zu haben. Deshalb nahm er sich noch einmal zusammen, blickte aus seiner nach vorn gebeugten Haltung auf und starrte Diego zornerfüllt an. Der Italiener drückte den Lauf der Pistole gegen seinen Brustkorb und starrte ebenso wütend zurück.
„Du verfickter Hurensohn!“, brachte Alex heiser hervor, während er die Luft stark einsog. „Drück doch endlich ab! Oder traust du dich nicht?“
Es war eine bewusste Provokation, die er noch damit unterstützte, seine rechte Hand um den Lauf der Pistole zu klammern und diese dadurch fester gegen sich selbst zu drücken.
„Komm schon!“, fügte er trocken hinzu.
Diego starrte ihn an. Seine Augen spiegelten Entsetzen und Panik wider. Er schien nicht abdrücken zu wollen. Das konnte Alex spüren.
Der Schmerz in seinem Unterleib klang nur allmählich ab. Noch immer fühlten sich seine Eier wie betäubt an. Doch das ignorierte er. Er musste die Situation für sich gewinnen. Das wusste er. Deshalb zögerte er schließlich nicht länger, riss den Lauf erneut von sich weg und stürzte sich ein weiteres Mal auf Diego. Bei diesem zweiten Angriff geschah jedoch etwas Fatales: Es löste sich ein Schuss.
Es war ein lauter Knall, der gleich darauf dumpf zwischen den Hausfassaden widerhallte. Alex hatte Diego derweilen zu Boden gerissen und pinnte dessen Hände auf den verschneiten Asphalt. Diego hatte seine Waffe verloren. Sie war aus seiner Hand gerutscht und etwa zwei Meter weit über den gefrorenen Schnee geschlittert.
Alex atmete schwer. Er wusste, was passiert war, wagte es jedoch nicht, aufzusehen. In seinem Körper dehnte sich eine ungeheure Panik aus. Er glaubte, jeden Moment das Bewusstsein zu verlieren. Ihm wurde übel und der Schwindel in ihm wuchs stetig weiter. Er folgte der Spur der geschlitterten Waffe und ignorierte Diego unter sich. Der Italiener schien ebenfalls erstarrt zu sein. Er machte keine Anstalten, sich aus Alex’ Griff befreien zu wollen.
Alex’ Blick klebte einen Moment lang an der schwarzen Pistole. Ein mulmiges Gefühl begann durch seinen Magen zu ziehen. Erst nach weiteren Sekunden hob er seinen Kopf etwas weiter und blickte schließlich zu Ben, der blutüberströmt am Boden lag.
Alex wurde ungewöhnlich ruhig, nahezu apathisch. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er in Bens Richtung. Er konnte nicht verarbeiten, was soeben passiert war. Alles kam ihm so irreal vor, dass er schon fast lachen musste und sich innerlich mehrmals befahl, endlich aus diesem beschissenen Traum aufzuwachen.
Doch das geschah nicht.
Er war völlig überfordert und hoffte, dass Ben nur leicht verletzt war. Nach einem weiteren Moment der Stille wandte er den Blick schließlich wieder ab und starrte mit leeren Augen auf den unter ihm kauernden Diego.
„Ist es das, was du wolltest?“, fragte er unpassend ruhig, wurde aber gleich darauf um einiges lauter. „JA? ... IST ES DAS, WAS DU WOLLTEST?“
Er packte Diego am Kragen, riss ihn brutal hoch und knallte dessen Kopf gleich mehrmals hintereinander auf den harten Boden.
„Wenn Ben stirbt ...“, sprach er drohend weiter, „dann mach ich dich fertig!“
Er packte Diego erneut, krallte sich dabei noch fester in dessen Kleidung und schlug seinen Kopf daraufhin so brutal zu Boden, dass Diego letztendlich das Bewusstsein verlor. Unter ihm begann sich der Schnee ein wenig rot zu färben. Doch das interessierte den Blonden nicht. Stattdessen ließ er grob von dem Italiener ab, kletterte von dessen schlaffen Körper und rannte zu Ben. Er stürzte sich neben dem Dunkelhaarigen in den Schnee und begann ihn hektisch abzutasten.
„Ben?“, seine Stimme zitterte, „Ben, ist alles in Ordnung?“
Doch der Dunkelhaarige antwortete nicht, presste seine Hände lediglich fest auf die Schusswunde.
Unmengen von tiefrotem Blut quollen über seine Finger und saugten sich in den Stoff seiner Jacke.
„Ben, halt durch! Ich werd’ ’nen Krankenwagen rufen!“, keuchte Alex.
Daraufhin begann er hektisch in seinen Jackentaschen zu wühlen und zog schließlich den gesuchten Gegenstand hervor. Nicht eine Sekunde wandte er seinen Blick von Ben ab. Die Augenlider des Dunkelhaarigen flackerten, sein Mund war leicht geöffnet. Sein Brustkorb hob und senkte sich unregelmäßig.
Alex’ Verstand war wie ausgeknipst. Er schaffte es kaum, die Tastensperre seines Handys mit seinen zittrigen Händen zu
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