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Wintermond

Wintermond

Titel: Wintermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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Wenn ich mich nicht irre, sehr viel gefährlicher, als du ahnst. Trotzdem weiß ich nicht, ob ich dir abraten soll, ihn wiederzusehen, oder nicht. Das ist wirklich sehr schwer.«
    Meta wollte schon zu einer Erwiderung ansetzten, aber der verlorene Ausdruck auf Rahels Gesicht ließ sie innehalten. Ihre Freundin meinte jedes Wort genau so, wie sie es gesagt hatte.
     

Kapitel 15
Das Ritual
    Malik wanderte durch die Vorhalle, deren Boden völlig verdreckt war. In der letzten halben Stunde waren unzählige Schuhsohlen durch sie zur Treppe hinübergehetzt. Unablässig rieb sich der Türsteher über die Oberarme, als könne er so die Anspannung, von der das ganze Palais erfasst war, abschütteln. Heute Abend würde kein gewöhnliches Treffen stattfinden, so viel stand fest. Was auch immer Hagen bei dieser kurzfristig einberufenen Zusammenkunft bekanntgeben wollte, es würde Auswirkungen auf das Rudel haben.
    Auch an Davids Armen richteten sich sämtliche Härchen in dem Moment auf, als er durch den verwahrlosten Eingang schritt. Ein sicheres Zeichen dafür, dass das Rudel sich versammelt hatte und vor Aufregung bebte. Draußen auf der Straße war er auf Burek getroffen, doch anstatt ihn freudig zu begrüßen, hatte der Hund sich bei seinem Anblick mit eingezogener Rute in den Schatten einer Häuserwand zurückgezogen. Kein gutes Zeichen, hatte David gedacht und war trotz seiner Verspätung vor dem Eingang stehen geblieben, bis er den dringlichen Wunsch umzukehren wieder unter Kontrolle hatte.
    Bevor er voller Hast die Treppen zu den oberen Räumen hinaufsprintete, traf sein Blick noch Maliks. Entgegen dessen sonstiger Gewohnheit sagte der stets schlecht gelaunte Wächter nichts. Er fixierte den jungen Mann lediglich, dann nuschelte er etwas Unverständliches.
    Aber David hatte nicht die Zeit, darüber nachzudenken, warum er dieses Mal vor höhnischen Kommentaren verschont blieb. Ihm setzte der drängende Ruf zu, der ihn völlig unvermittelt erreicht hatte. Er hatte gerade herausfinden wollen, ob Meta sich für diesen Montagabend schon etwas vorgenommen hatte. Bereits am Nachmittag hatte er versucht, sie telefonisch zu erreichen, doch es war nur ihre Mailbox angesprungen.
    Mittlerweile füllte Hagens Forderung, sich augenblicklich im Palais einzufinden, den gesamten Platz hinter seiner Stirn aus. Er verdrängte alles Persönliche bis zu dem Augenblick, als er durch die Tür zum Audienzsaal schritt, in dem ein vielstimmiges Gemurmel zu hören war. Schlagartig kroch ihm die Hitze den Hals hinauf, und er war froh, auf die Schnelle nur nach einer Kapuzenjacke gegriffen zu haben. Ein Raum voller Leiber, durch die das Adrenalin gemeinsam mit der Erregung des Wolfes tobte, würde sich innerhalb kürzester Zeit in eine Sauna verwandeln.
    Obwohl der Saal einen großen Durchmesser hatte, schien er überfüllt. Das lag daran, dass die ganze Meute sich vom riesigen Tisch fernhielt.Alle waren sie so peinlich darauf bedacht, einen Abstand zu diesem Zeugnis von Hagens Macht einzuhalten, dass sie einander lieber auf die Füße traten.
    Immer noch im Türrahmen stehend, ließ David den Blick über die Köpfe streifen, und wie immer verursachte die schiere Größe des Rudels ihm ein mulmiges Gefühl. Wir sind zu viele, dachte er und spürte, wie seine Finger sich vor Anspannung um den Türgriff schlossen, bis es schmerzte. Kein Rudel sollte so groß sein, da es eigentlich keinem Anführer gelingen konnte, es im Gleichgewicht zu halten.Allerdings glich Hagen auch keinem der anderen Rudelführer. Es war also sinnlos, sich darüber den Kopf zu zerbrechen.
    David bemerkte einige bekannte Gesichter, entzog sich jedoch schleunigst der Anziehungskraft, die sie auf ihn ausübten. Zwar gab es im Rudel die eine oder andere Person, in deren Nähe er sich wohlfühlte, doch es war ihm nie gelungen, sich ihnen zu öffnen. Es ist der Dämon, der diese Gesellschaft auswählte, dachte David jedes Mal widerwillig. Deshalb entzog er sich, wo er nur konnte, selbst wenn ihm seine distanzierte Haltung zu einem Fremden in der einzigen Gesellschaft machte, die ihm geblieben war.
    Um diese schmerzliche Erkenntnis abzuschütteln, versuchte David, Jannik ein Zeichen zu senden, damit sie zueinanderfanden. Jannik war das einzige Rudelmitglied, dem er sich nicht hatte entziehen können. Dieser Bursche war einfach noch schwerer loszuwerden als der eigene Schatten, wenn er einen erst einmal ins Herz geschlossen hatte.Aber David wurde sehr schnell klar, dass er in diesem

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