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Wintermord

Wintermord

Titel: Wintermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Ceder
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das wahrscheinlich gleich mehrmals. Sein Unterkörper war regelrecht ... zermatscht.
    Den hat es ja halbiert, dachte Åke Melkersson und unterdrückte ein hysterisches Kichern. Der ist ja total platt, den hat es ja richtig halbiert. Er musste an die Zeichentrickserien seiner Kindheit denken, in denen die Figuren oft von Dampfwalzen überrollt wurden und dann platt wie Pfannkuchen liegen blieben. In diesen Serien hatte man allerdings nie Blut gesehen, und hier sah man sehr wohl welches, es hatte sich in einer Vertiefung rund um den Kopf des Opfers gesammelt wie ein blutiger Heiligenschein.
    Åke musste sich übergeben und wischte sich den Mund am Jackenärmel ab. Dann übergab er sich gleich noch mal, diesmal auf seine Hose. So kann ich unmöglich zur Arbeit gehen, schoss es ihm durch den Kopf, bevor er zu seinem Auto rannte und mit einem Kavaliersstart rückwärts aus dem Hof schoss, so dass das Auspuffrohr wieder herunterfiel und bis zur Landstraße über den Kies schleifte.
    Erst als er erreichte, was man mit etwas gutem Willen Zivilisation nennen mochte – in diesem Fall eine Bushaltestelle –, wählte er mit zitternden Händen die 112.
    Die Polizistin in der Notrufzentrale hatte ihn mit sachlicher Stimme nach den wichtigsten Informationen gefragt, und das hatte ihm geholfen, sich etwas zu beruhigen und so weit zu sich zu kommen, dass er einwilligte, zum Tatort zurückzufahren, um auf die Polizei zu warten.

2
    Andreas Karlberg saß an seinem Schreibtisch im Präsidium und beobachtete eine Elster auf dem Fensterbrett. Mit ihren pechschwarzen Augen starrte sie durch die Lücke des angekippten Fensters. Als sie ihn entdeckte, erschrak sie und flog davon.
    Karlberg dachte nicht weiter über die Begegnung nach. Er überlegte vielmehr, ob er ein Mann von Integrität war, der seine Grenzen kannte, oder ob er sich wie ein egoistisches Schwein benahm.
    In der obersten Schreibtischschublade lag ein Sachbuch mit dem Titel »Energiediebe«. An seinem Geburtstag vor einer Woche hatte er das Buch in einem gepolsterten Umschlag vor seiner Tür gefunden. Ein Geschenk seiner Ex. Zum 34. Geburtstag. Für einen Menschen, der endlich lernen sollte, Nein zu sagen. Alles Liebe und viel Glück, Marie.
    Sein erster Impuls war gewesen, sie anzurufen und zu fragen, was sie damit meinte. Aber dann sagte er sich, dass sie ihm doch nur erklären würde, warum sie ihn vor einem halben Jahr verlassen hatte. Und er war nicht so sicher, ob er das wissen wollte.
    Wahrscheinlich hatte es mit seinem Job zu tun. Er arbeitete zu viel, machte zu oft Nachtdienst und wurde von seiner Arbeit auch geistig völlig vereinnahmt.
    Viel Glück , hatte Marie geschrieben. Sie meinte wohl, er solle sich in der Kunst des Neinsagens üben, und er hatte auch wirklich angefangen damit. Wie am vorigen Abend, als er in der Schlange der Supermarktkasse eine Frau beobachtete, die einen Berg Lebensmittel aus ihrem Einkaufswagen schaufelte. Plötzlich drehte sie sich zu ihm um und fragte, ob er wohl das Band weiter beladen könnte, dann würde sie schon mit dem Einpacken beginnen.
    »Nein, ich glaube nicht, dass ich das kann«, hörte er sich sagen.
    Jetzt, einen Tag später, sah er quälend realistisch das betretene Lächeln der Kassiererin und den Gesichtsausdruck der Kundin, die nach einer halben Ewigkeit mit ihren Weihnachtseinkäufen davonwankte. Zur Tram, denn ein Auto hatte sie bestimmt nicht.
    Er sollte Marie anrufen und seinen Triumph mit ihr teilen. Vielleicht hätte er das sogar getan, wäre ihm nicht zu Ohren gekommen, dass sie einen Neuen hatte.
    Christian Tell streckte den Kopf durch die Tür und riss ihn aus seinen Gedanken. »Prima, da bist du ja. Wir haben einen Toten in der Nähe von Gunnilse. Überfahren. Aber der alte Mann am Telefon meinte, dass das Opfer auch eine Schusswunde hat. Am Kopf.«
    Sie fuhren durch die Altstadt und ließen wenig später auch die Betonblöcke der nördlichen Vororte hinter sich. Schließlich erreichten sie die kleineren Gemeinden: Knipared, Bingared, Linnarhult. Dazwischen die sanften Hügel des Weidelands. Karlberg fand es immer wieder überraschend, wie klein die Stadt doch war. Man fuhr eine halbe Stunde, und schon war man auf dem Land.
    Nach einer halsbrecherischen Fahrt über einen Kiesweg voller Schlaglöcher bogen sie auf den Hof. Ein Wagen der örtlichen Polizei stand neben der Auffahrt.
    Tell murmelte etwas Unverständliches.
    Karlberg räusperte sich: »Wo ist denn der alte Mann, der angerufen hat?«
    »Der

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