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Winternacht

Winternacht

Titel: Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
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undurchdringlich und wollte sich nicht auflösen, obwohl ich die pulsierende Energie sehen konnte, die immer wieder dagegen anzustürmen versuchte. Stück für Stück wichen die Ränder zurück und verblassten. Kaylin kämpfte und gab alles, um die dichtesten Energiebündel zu durchdringen, doch plötzlich stieß Grieve einen Schrei aus. Luna verhaspelte sich, und mit unglaublicher Anstrengung zerriss Grieve die Stricke, die ihn an den Tisch gefesselt hatten, und war frei.
    Kaylin sprang auf ihn zu. Grieve hielt sich stöhnend den Kopf und taumelte auf den Salzkreis zu. Wrath, der am nächsten stand, senkte die Arme, machte einen Satz auf Grieve zu und konnte ihn gerade noch fangen, als er auch schon zu Boden sank und in einem entsetzlichen Krampf zu zucken und zu zittern begann. Ohne zu zögern, ließ ich die Luft gehen und rannte zu ihm. Zirkel hin oder her – mein Geliebter brauchte mich.
    Ich sank neben ihm auf die Knie. Mein Wolf heulte vor Schmerzen auf, und ich begann unkontrolliert zu zittern. Grieve und ich besaßen eine Verbindung, die sich so ausgeweitet hatte, dass seine Schmerzen zu meinen werden konnten – aber ich hatte geglaubt, dass zumindest dieses Band durchtrennt worden war.
    Anadey, Peytons Mutter, hatte sich gegen uns gewandt und einen Zauber über uns gelegt, der die Verbindung zwischen Grieve und mir kappen sollte, wohl wissend, dass es uns sogar würde töten können. Zu einem gewissen Grad hatte der Zauber gewirkt: Das Gift der Vampirfeen, das durch den Biss verabreicht wurde, konnte mich nicht mehr versklaven, aber wir hatten keine Ahnung gehabt, inwieweit unsere Verbindung tatsächlich gestört worden war.
    Wrath streckte die Hand nach Grieve aus und tat etwas – was, konnte ich nicht sehen –, und Grieve sackte zusammen. Das Beben und Zucken in mir ließ sofort nach, und auch ich sank zu Boden; alles tat mir weh, und ich fühlte mich ausgelaugt, aber der Anfall war vorbei.
    Auf Händen und Knien krabbelte ich zu Grieve. »Geliebter, Grieve, Liebling … Ist er … Er ist doch nicht …?« Ich konnte noch nicht einmal denken, dass er tot sein mochte.
    Doch Wrath beruhigte mich sofort. »Er schläft. Ich habe ihn in Tiefschlaf versetzt, bis wir wissen, was geschehen ist.«
    »Ich weiß, was geschehen ist.« Kaylin war blass. Er blickte nervös auf Grieves leblose Gestalt herab. »Ich bin zu weit gegangen in meinen Bemühungen, Mysts Aura von seiner zu trennen. Mir war bis eben nicht klar, dass sie in seinem Innersten steckt – dort, wo ich sie nicht herauslösen kann. Trotzdem habe ich versucht, über diese Grenze hinwegzukommmen …«
    »Das konnte ich sehen. Ich konnte sehen, was du tust.« Ich nahm Grieves Hand und legte sie mir an die Brust. Unwillkürlich begann ich mich zu wiegen. »Ich dachte, wir alle konnten das sehen.«
    »Nein.« Chatter schüttelte den Kopf. »Ich habe zwar auch etwas gesehen, aber es war verschwommen, und wirklich erkennen konnte ich nichts.« Rhia und Wrath nickten zustimmend.
    »Aber du konntest es, weil du mit ihm in Verbindung stehst. Wenn ich mich zu weit vorgewagt hätte …« Kaylin schnitt eine Grimasse. »Ihr hättet beide sterben können.«
    »Wenn Grieve stirbt, sterbe auch ich. Das haben wir ja schon vorher vermutet – als Myst ihn zur Strafe geschlagen hat und ich es am eigenen Leib gespürt habe. Nun haben wir wohl die Bestätigung, dass es stimmt.« Seltsamerweise hatte ich keine Angst – keine übermäßige jedenfalls.
    Ich war nicht der Typ, der sein Leben in den Dienst anderer stellte – obwohl ich das für meine Mutter im Grunde getan hatte –, aber Grieve und ich, wir waren zwei Teile eines Ganzen. Wir hatten einst ein Bündnis geschlossen, das den Tod überdauern würde, und ich wusste, dass wir in weiteren Leben immer wieder aufeinandertreffen würden, bis es uns irgendwann gelang, alles richtig zu machen. Nichtsdestoweniger war ich nicht bereit, schon jetzt aus diesem Leben zu gehen. Ich wollte Myst den Sieg nicht gönnen, und ich wollte mit Grieve alt werden.
    Wrath ging in die Hocke und hob Grieve auf. »Ich denke, wir sollten ihn ins Sommerreich bringen. Dort ist er gut aufgehoben, und vielleicht können unsere Heiler nun mehr für ihn tun als wir hier. Wir haben zumindest einige von Mysts Ketten lösen können; ein Teil des Fluchs ist gebrochen.«
    »Aber wird Lainule das wollen?« Ich hätte gedacht, dass sie ihm den Zutritt zu ihrem Königreich verwehren würde, aber sie hatte uns ja auch geraten, Grieve mit auf die Suche

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