Winternacht
emporsteigen und ihn überragen. Er stieß einen Laut aus, der wie ein Schuss durch meine Schädeldecke war.
»Geist der Geister, ich rufe euch an. Elementare Kraft der Magie, des Willens, der reinsten Energie, komm zu uns. Wir streben in deine Gefilde, streben nach deiner Kraft, beugen uns deiner Macht. Komm, o Geist der Magie, sei bei uns, durchfahre uns, nutze uns, während wir dich nutzen. Wir sind deine Instrumente, dein Leib, wir sind deine Manifestationen in dieser Welt.«
Während er sprach, ging ein Knistern durch den Raum, und alles begann sich zu drehen. Die Kraft der Magie, die Kraft des fünften Elements – der Geist – packte uns, und meine Hände luden sich auf und schickten Energieströme in die Luft, um die Kraft zu verstärken. Ich sah mich nach den anderen um; um Rhiannon herum flogen Funken, und hinter Wrath erhob sich eine riesige Welle, während aus Chatters Handflächen geisterhafte Ranken wuchsen. Als ich auf meine eigenen Hände herabblickte, sah ich wabernde Winde daraus hervorströmen.
Ich streckte die Arme aus und schob meine Handflächen nach vorn. Die anderen taten dasselbe. Erde traf auf Luft, verband sich, wuchs an Stärke. Und Luft traf auf Feuer und wurde noch stärker. Das Feuer küsste das Wasser, und unser Kreis schien mit einem Mal zu einer Welt für sich zu werden. Und als sich das Wasser mit der Erde verband, war er feststofflich und undurchdringlich – die Elementarwächter hielten uns in ihren starken Armen.
Wir stabilisierten den Energiefluss, während Luna und Kaylin in die Mitte traten und sich an Grieves Kopf und Füßen aufstellten. Zoey schlug außerhalb des Zirkels mit der Trommel einen beständigen, hypnotischen Rhythmus. Kaylin legte seine Hände an Grieves Kopf und beugte sich so dicht über ihn, dass es fast aussah, als würde er ihn küssen.
Luna umfasste Grieves Füße und stimmte ein Lied in einer Sprache an, die ich noch nie zuvor gehört hatte und nicht verstand – ich wusste nicht einmal, ob es sich überhaupt um eine Sprache handelte. Die Töne prallten gegen den Rhythmus der Trommel und hallten vibrierend und anhaltend und sinnlich von den Wänden wider.
Im Kerzenlicht wirkte Luna größer, und es war deutlich, dass sie sich in einer Trance befand. Ihr Blick war glasig, und sie umklammerte Grieves Füße, während die Musik sich um uns herumschlängelte und wand und die Worte vor Kraft triefend von ihren Lippen flossen.
Kaylin schrie auf und versteifte sich. Ohne die Hände von Grieves Kopf zu nehmen, lehnte er sich zurück, bis sich sein Rücken durchbog. Mein geliebter Grieve schien gepeinigt, und doch – und doch schien mein Wolf sich weder zu fürchten, noch winselte er vor Schmerzen. Ich knüpfte die Verbindung mit ihm und spürte ein Staunen, und dann zerbarst eine Sternenexplosion vor meinem inneren Auge. Ich sah sie direkt vor mir, die Sterne, und sie füllten mein ganzes Gesichtsfeld aus, und ihre Schönheit war unfassbar und unfassbar kalt.
Das Wummern der Trommel blieb beständig und forderte Aufmerksamkeit. Lunas Stimme mischte sich in den Rhythmus, stieg an und fiel ab, schmeichelnd und geschmeidig, und kein einziges Mal hörte man, dass sie Luft holen musste. Ich konzentrierte mich auf ihren Gesang, folgte ihm und versuchte wieder, Kontakt mit meinem Wolf aufzunehmen, doch der Zugang war mir versperrt, und ein hastiges Wispern von Ulean erklärte mir, dass ich an dem, was Kaylin und Luna taten, nicht teilhaben durfte.
Wenn du bei ihm bist, stört es das Ritual. Er muss allein durch diese Finsternis. Kaylin und Luna sind die Einzigen, die ihm den Weg weisen können .
So sehr mir diese Warnung missfiel, ich nahm sie hin und kehrte stattdessen zu meiner Aufgabe zurück: das Element Luft stabil zu halten, so dass die Verbindung zu den anderen gleichmäßig bestehen blieb.
Plötzlich krachte ein Donnerschlag und ließ uns alle erstarren, doch keiner von uns wankte oder ließ nach. Wir sahen auf und entdeckten ein Feld aus Sternen über uns an der Decke, doch einige davon waren in einem eisblauen Strudel, einem Malstrom aus Nebel gefangen. Ich begriff, dass wir die Verbindung zwischen Myst und Grieve sahen, Mysts Energiefeld, das sie während der Verwandlung über ihn gezwungen hatte.
Kaylin atmete tief ein. Die Nebel begannen zurückzuweichen. Grieve fing an, um sich zu schlagen, aber er war noch immer an den Tisch gefesselt, und Luna und Kaylin hielten ihn fest.
Wieder blickte ich zur Decke. An einigen Stellen schien der Nebel
Weitere Kostenlose Bücher